Thursday Next 04 - Es ist was Faul
für Shakespeare-Klone ?«, fragte Bowden, als wir über den Kanal kamen.
»In der BuchWelt gibt's eine Krise.«
Wir hatten keine Schwierigkeiten, Mr Stiggins zu finden. Wir hörten einen markerschütternden Schrei, dann kamen uns Dutzende von Männern und Frauen kreischend entgegen. Wir bahnten uns einen Weg durch die Menge, mussten gelegentlich über verlorene Schuhe und Einkaufstüten hinwegsteigen und kamen schließlich zur Ecke Canal Walk und Bridge Street. Der Grund für die Panik wurde rasch sichtbar. Vor einer Abfalltonne stand eine groteske Tiergestalt, im Fachjargon von SO-13 eine Schimäre, und wühlte nach einem leckeren Happen. Die genetische Revolution, die uns grenzenlosen Zugang zu Ersatzorganen und die Möglichkeit zur Rekonstruktion von Dodos verschafft hatte, hatte auch negative Folgen gehabt: Nicht wenige Freizeit-Genetiker machten sich einen Spaß daraus, zu Hause in ihren Hobbykellern lieber Gott zu spielen und verrückte Kreaturen zu schaffen, die mit dem strengen Gesetz der Evolution nichts zu tun hatten.
Während sich die Menschenmenge auflöste, starrten Bowden und ich das merkwürdige Wesen fasziniert an. Es war ungefähr so groß wie eine Ziege und hatte auch deren Hinterbeine, aber der Schwanz und die Vorderbeine stammten von einer Echse, der Kopf hingegen war katzenartig. Es hatte mehrere Fangarme mit Saugnäpfen und lutschte gierig an einem fettgetränkten Stück Zeitung, in dem noch ein paar Fischgräten festhingen. Dabei tropfte der Speichel aus seinem zahnlosen Maul auf den Boden. Die Mehrzahl aller illegalen Hybridzüchtungen waren Vögel, weil die meisten Arten dieser Klasse eng genug miteinander verwandt waren, um auch noch den ungeschicktesten Gen-Bastlern Ergebnisse zu verschaffen, die halbwegs ansehnlich waren. Auch einen passablen Fuchswolfshund oder einen Schmusejaguar konnte man sich zurechtklonen, wenn man Mittelstufenkenntnisse in Biologie hatte. Aber weil die Leute immer wieder versucht hatten, über die Klassengrenzen hinwegzuzüchten, musste das Laien-Klonen schließlich ganz verboten werden. Die Eier legende Wollmilchechse und die zahllosen anderen völlig verunglückten und sozial inakzeptablen Missgeburten waren es, was zum Verbot führte. Dem Ehrgeiz setzte das freilich kein Ende, die Hobby-Genetiker wurden jetzt Schwarz-Kloner.
Die katzenartige Ziegenechse wühlte mit ihrer Hand in der Tonne, fand die Überreste eines SmileyBurgers, starrte ihn mit ihren fünf Augen an und stopfte ihn sich in den Mund. Dann ließ sie sich auf den Boden fallen und rutschte fauchend und mit den Fangarmen rudernd zur nächsten Mülltonne.
»O Gott«, sagte Bowden. »Das arme Ding hat einen menschlichen Arm.«
So war es tatsächlich. Solche menschlichen Körperteile machten eine Schimäre immer besonders abstoßend. Man hatte den Eindruck, dass irgendjemand versucht hatte, einen lieben Verstorbenen nachzuschaffen oder auf illegitime Weise einen Sohn zu erzeugen.
»Abstoßend?«, sagte eine Stimme dicht hinter mir. »Meinen Sie das Geschöpf? Oder meinen Sie seinen Schöpfer?« Ich wandte mich um und sah einen stämmigen Neandertaler im hellen Anzug mit wulstigen Brauen und einem Homburg auf dem gerundeten Schädel. Das war Bartholomew Stiggins, der Leiter von SO-13 in Wessex.
»Beide«, sagte ich.
Stiggins nickte unmerklich, während ein blauer Landrover von SO-13 mit kreischenden Bremsen neben uns hielt. Ein uniformierter Beamter sprang heraus und versuchte, Bowden und mich abzudrängen.
»Die gehören zu uns«, sagte Stiggins.
Zusammen gingen wir ein paar Schritte vorwärts und traten bis auf Armeslänge an die Schimäre heran.
»Echse, Ziege, Katze, Mensch«, murmelte der Neandertaler, hockte sich vor die Schimäre und sah zu, wie sie mit ihrer dünnen, gespaltenen Zunge eine Tüte Kartoffelchips ausleckte.
»Die Augen sehen insektoid aus«, sagte der SO-13-Agent, der sein Gewehr mit den Betäubungspfeilen lässig im Arm hielt.
»Zu groß. Mehr wie die Augen bei der Schimäre, die wir neulich im Konzertpavillon hatten. Die wie ein riesiger Hamster aussah, erinnern Sie sich?«
»Derselbe Schlitzer?«
Stiggins zuckte die Achseln. »Nicht unbedingt. Sie wissen ja, die Typen tauschen ihr Genmaterial.«
»Wir werden Proben nehmen und vergleichen. Vielleicht kommen wir den Kerlen so auf die Spur. Das sieht nach einem menschlichen Arm aus, nicht wahr?«
Der Arm war rot und fleckig und nicht größer als der eines Kindes. Um irgendetwas zu fassen zu kriegen, bewegten die
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