Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin
eine Woche.« Er fuhr mit einer Hand über den Mund. »Aber ich glaube, der Himmel hat dich geschickt.« Er zog sie an sich und umarmte sie mit abgewandtem Gesicht.
Sie hob die Hände, als er sich wieder abwandte, und klammerte sich an ihn. »Nein, nicht. Ein wenig länger. Bitte, BZ, ich brauche das so sehr ... Halte mich einfach nur in deinen Armen.«
Bis nicht mehr alles so häßlich ist. Bis ich wieder an die Hoffnung glaube und seine Arme wiederum mich spüren . .
Gundhalinu erstarrte überrascht und seltsam widerwillig. Doch seine Arme umfingen sie fast mechanisch wieder und zogen sie zu sich herunter, beschirmten sie, antworteten ihr.
So lange ...
Sie erinnerte sich an Funkes zärtlichen Hände, als wäre es erst gestern gewesen ...
es ist schon so lange her.
Sie legte den Kopf an seine Schulter und ließ sich einfach gehen, gedankenlos, zeitlos, gegen sein festes Fleisch gelehnt, ließ es Substanz gewinnen, bis es zum Phantom eines anderen Körpers wurde und die bitteren Ketten der Zukunft sprengte. Nach einer Weile merkte sie, wie Gundhalinus Griff fester wurde, sein Atemrhythmus veränderte sich, doch auch ihr Herzschlag wurde unerwartet unter dem Ansturm der Gefühle schneller.
»Wollt Ihr ... zu mir manchmal in Sandhi sprechen?« fragte er zögernd.
»Ja.« Sie lächelte in seinem Arm. »Wenn auch ... wenn ich es auch nicht gut spreche ... «
»Ich weiß. Euer Akzent ist fürchterlich.« Er lachte leise.
»Aber der Eure auch!« Sie spürte seinen Kopf an ihrer Schulter, streichelte mit langen, zärtlichen Bewegungen seinen Rücken, hörte ihn seufzen. Schließlich fielen seine Arme von ihr ab, und sein Atemrhythmus veränderte sich erneut. Sie hob den Kopf und sah sein lächelndes, schlafendes Gesicht. Sie ließ ihn sorgsam auf sein Lager gleiten und bedeckte ihn mit Decken. Danach küßte sie ihn sanft auf den Mund und zog sich auf ihre eigene Schlafstatt am Boden zurück.
»Hast es repariert, hä? Dein Glück, Blauer. « Blodwed blickte auf sie herab, als sie die Kammer betrat, und hob den kaputten Entfernungsmesser auf, den Gundhalinu und Mond in gemeinsamer Arbeit bis in die frühen Morgenstunden repariert hatten. Ihre Worte konnten ihre Erleichterung kaum verbergen, aber Gundhalinu hörte nur die Drohung und runzelte die Stirn. »He, warum hast du das getan?«
Weiße Vögel flatterten von Monds Schultern empor. Beim Klang ihrer Stimme flüchteten die beiden Starls unter Gundhalinus Koje. »Um ihnen ein klein wenig Freiheit zurückzugeben«, antwortete Mond selbstsicherer, als ihr zumute war.
»Sie werden abhauen! Darum halte ich sie doch in Käfigen – wenn nicht, würden sie weglaufen, die dummen Dinger.«
»Nein, das werden sie nicht.« Mond streckte eine Hand voller Brotkrümel aus. Die beiden Vögel kamen wieder herbeigeflattert und kämpften um den besten Platz. Sie streichelte ihr Gefieder. »Schau! Mehr wollen sie nicht. Nur weil du sie in einem Käfig hältst, gehören sie noch lange nicht dir. Nicht, wenn du die Tür niemals öffnen kannst.«
Blodwed kam durch die Kammer auf sie zu. Die Vögel flogen wieder auf. Mond gab die Krümel in Blodweds Hand, doch sie ballte sie zur Faust und schleuderte sie zu Boden. »Laß das! Das will ich nicht. Ich will eine Geschichte hören, Blauer.« Sie ging durch die Kammer weiter zu Gundhalinu, neben dessen Lager sie sich niedersetzte. »Über das Alte Imperium. Noch mehr.«
Er wich vor ihr zurück. »Ich kenne keine Geschichten mehr. Du hast schon alle gehört.«
»Mir egal. Erzähl!« Sie schüttelte seinen Arm. »Lies das Buch noch einmal vor! Auch ihr, sie ist eine Sibylle.«
Mond, die zusah, wie die Vögel die Krümel vom Boden aufpickten, blickte auf.
»Setz dich, Sibylle!« gebot ihr Blodwed mit einer ungeduldigen Handbewegung. »Das wird dir gefallen. Es handelt von der ersten Sibylle überhaupt und dem Ende des Alten Imperiums. Es gibt Raumpiraten und ganze künstliche Planeten und Außerirdische und Superwaffen,
zisch!«
Sie desintegrierte Mond lachend mit ihrem Finger.
»Wirklich?« fragte Mond und sah Gundhalinu an. »Wissen sie wirklich etwas über die erste Sibylle?« Er zuckte die Achseln.
»Er sagte, daß alles stimmt.« Blodweds Enthusiasmus stieg mit ihrer Stimme. »Komm schon, Blauer, lies den Teil vor, wo sie ihren Geliebten vor den Piraten rettet!«
»Er hat
sie
gerettet.« Gundhalinu hüstelte indigniert.
»Jetzt lies doch endlich!« Sie beugte sich hinab. Die Starls stoben mit klickenden Klauen davon, als sie
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