Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin
eine Lüge. Du bist der feinste und freundlichste Mann, der mir jemals begegnet ist. Ich werde dich nicht ... in dem Glauben ... lassen ...« Als er sich umdrehte, sogen seine dunklen Augen sie ein, seine Hände preßten ihren Rücken, sein Verlangen ...
Er beugte den Kopf langsam und fast ungläubig, als ihre Lippen sich zum Kuß öffneten. Mond schloß die Augen und küßte ihn mit großem Hunger, spürte, wie seine verwirrten Hände begannen, sie zu liebkosen, als sie eine unausgesprochene Frage endlich beantwortete.
»Wie komme ich hierher?« murmelte er. »Ist es Wirklichkeit? Wie kannst du ...«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht, also frag nicht!«
Weil es keine Antwort gibt. Weil ich kein Recht habe, dich zu lieben, es sollte nicht sein ... aber ich tue es.
»BZ ... das könnte alles sein, was uns bleibt ... morgen schon kann alles enden.«
Weil du selbst mir die Kraft gibst, mit meiner Suche fortzufahren.
»Ich weiß.« Seine Küsse wurden verlangender. »Das macht nichts. Ich bitte dich nicht, ewig mein zu sein ... laß mich dich nur einmal lieben.«
37
»Starbuck!« Arienrhod rief seinen Namen erneut, da er nicht von seinem Arbeitstisch aufsah.
Er hob langsam den Kopf, sein Gesicht lag im Schatten, als er endlich von ihrer Anwesenheit Kenntnis nahm. Er schob seine Werkzeuge von sich. Er hatte gerade Schicht um Schicht ein Gerät zerlegt. Sein ganzes Arbeitszimmer war mit technischen Wracks übersät, von denen er einige sogar, wie er behauptete, verstand. Seine angeborene technische Kunstfertigkeit hatte sie immer gefreut, bis jetzt wenigstens. Seit er von dieser letzten, folgenschweren Jagd zurückgekehrt war, hatte er sich ganz in seine sterilen Maschinenphantasien zurückgezogen, um sich vor sich selbst und ihr zu verbergen. »Was willst du?« Seine Stimme war weder neugierig noch feindselig, sie war überhaupt nichts. Und auch sein Gesicht, mit dem er sie ansah, war vollkommen ausdruckslos.
Sie bemühte sich, ihren Zorn zu verbergen, da sie wußte, nur Zeit und Geduld konnten ihn wieder aus diesem finsteren Brüten herausholen. Aber es war schon Wochen her, seit er sich zum letztenmal wie ein Mann benommen hatte, seit er versucht hatte, sie zu lieben, seit er sie berührt oder ihr zugelächelt hatte. Ihre Mißbilligung nahm zu, und plötzlich hatte sie keine Nerven mehr, sich mit seiner Übellaunigkeit herumzuschlagen. »Ich möchte wissen, wann du deine Pflicht als Jäger beenden wirst.«
»Meine Pflicht?« Er wand sich in seinem Stuhl, seine Augen brannten wie Kohlen und suchten nach Schutz in der Wildnis elektronischer Teile. »Ich habe alles erledigt«, antwortete er bitter.
»Du hast die Bezahlung noch nicht erledigt. Die Quelle wartet auf das Wasser des Lebens. Ich muß dich doch hoffentlich nicht daran erinnern, daß Winter enden wird, wenn er es nicht bekommt – und unser Leben auch.«
»Und halb Sommer wird sterben ... Sommer wird für immer enden.« Seine grünen Augen sahen zu ihr auf, sie waren von Zorn verschleiert.
»Das hoffe ich.« Sie zwang ihren Blick über alle Barrieren hinweg direkt in seinen ungehorsamen Verstand. »Du willst mir doch nicht erzählen, daß dir das jetzt zum erstenmal bewußt wird, oder?«
»Nein.« Er schüttelte den Kopf, sein rotes Haar rieb sich an der Silberkette, die sein loses Hemd zusammenhielt. »Ich habe jeden Tag daran gedacht und davon geträumt ...«
»Erfreuliche Träume«, sagte sie zynisch.
»Nein!« Sie erinnerte sich an die Alpträume, über die er niemals mit ihr gesprochen hatte. »Schick jemand anders zur Übergabe, ich habe mein Teil erfüllt, ich habe die ganze schmutzige Arbeit von Winter erledigt. Ich würde den Bogen überspannen, wenn ich diesem elenden Außenweltlerschleimbeutel das ewige Leben dafür bringe, daß er mein Volk ausrottet.«
»Du bist kein Sommer! Und außerdem bezahlst du für mein und dein Leben.« Arienrhod beugte sich über den Arbeitstisch. »Du kannst nicht in deine Sommerschale zurückkriechen, über die bist du schon vor langer Zeit hinausgewachsen. Du hast deine heiligen Mers getötet und deine Liebste tot bei ihren Kadavern zurückgelassen. Du hast dein Volk und deine Göttin schon vor Jahren zurückgelassen – wegen etwas Besserem! Vergiß das nicht! Du bist jetzt ein Außenweltler und mein Geliebter. Und das wirst du auch bleiben, ob es dir gefällt oder nicht, bis zu deinem Tod.«
Starbuck schnellte in die Höhe und fegte die Einzelteile seiner Maschine mit der Faust vom Tisch.
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