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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Arbeit eines ganzen Lebens, werden in dieser Nacht erblühen und vergehen ... Und schon bald wird mir meine Sehgabe genommen werden und dem Meer anheimfallen, wie alle anderen Wohltaten des Winters, gut und böse gemeinsam.«
    »Nein!« Mond schüttelte den Kopf. »Ich schwöre es dir, Fate, diesmal wird es eine echte Veränderung geben!« Die Menge drängte sich zwischen sie.
    »Mond – was ist mit Funke?« rief Fate über die ständig breiter werdende Kluft hinweg.
    Mond streckte ihre Hand vergeblich aus, sie verlor die Kontrolle in dem Mob. »Ich weiß nicht! Ich weiß nicht ...« Starke Arme hoben sie auf eine verzierte Sänfte, sie wurde unter dem Baldachin die Straße hinuntergetragen wie ein Blatt, das hilflos auf einem Strom treibt.
    Überall, wohin sie getragen wurde, sah sie nun Masken auftauchen, denn die Feiernden verbargen ihre Identität und wurden zu ihren eigenen Phantasiegebilden – wie es die Sommerkönigin getan hatte, wie sie. Heute nacht gab es weder Winter noch Sommer, weder Eingeborene noch Außenweltler, weder Recht noch Unrecht. Überall konnte man Kostüme sehen, spielte Musik, lachten maskierte Gesichter und jubelten der Sommerkönigin zu. Überall folgten Leute ihrer Sänfte und boten ihr Essen und Trinken an, oder gaben sich auch einfach damit zufrieden, sie zu berühren. Es war heute nacht ihre Pflicht, fröhlich zu sein, Symbol einer flüchtigen Freude. Denn erst am Tag darauf würde ihre Regentschaft beginnen und ihre Welt wieder in geordneten Bahnen verlaufen .. .
    Sie war dankbar für die Maske, die sie trug und die ihnen so viel bedeutete, die sie die Wahrheit verbergen ließ, daß sie immer, wenn sie sich dem Augenblick hingab, in der Zeit nach vorne gezogen wurde, und das Morgen erstickte ihr Lachen. Denn wenn ihr Plan versagte, wenn Sirus sie im Stich ließ, dann würde sie morgen als Sommerkönigin die rituellen Worte sprechen und das Zeichen geben, und Funke würde ertränkt werden ...
     

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    Sie glaubt also tatsächlich, daß sie zur Sommerkönigin gewählt werden wird. Sie hört Stimmen, die ihr sagen, daß sie gewinnen wird.
Jerusha schritt ungeduldig im Vorzimmer des Obersten Richters auf und ab, denn sie war zu nervös, um ruhig in der wahllosen Ansammlung verlassener Möbelstücke Platz zu nehmen.
Gegen Chancen von hunderten zu eins? Nein, Jerusha, das Universum kümmert sich einen Dreck darum, was sie glaubt ... oder du, oder sonst jemand. Es spielt keine Rolle.
    Es gab nichts, um sie abzulenken, abgesehen von den hellen Flecken an den Wänden, wo Dinge gestanden hatten, die jetzt nicht mehr hier waren. Der Raum war kahl, doch mit der Veränderung würden andere Menschen ihn neu bevölkern, um Karbunkel zu beleben.
Die Dinge unterliegen ständigen Veränderungen, aber wie viele davon sind wirklich? Kann wirklich eine Entscheidung, die einer von uns trifft, Wellen auf dem großen Muster der Dinge in Bewegung setzen?
Als sie am Fenster vorbeiging, sah sie ihr Spiegelbild vor dem Panorama der sich verändernden Stadt und studierte schweigend die Reflexion.
    »Kommandant PalaThion, schön, daß Sie kommen konnten. Ich weiß, wie beschäftigt Sie sind.« Der Oberste Richter Hovanesse stand unter der Tür und hob willkommenheißend die Hand. Sie vergaß, daß die anberaumte Zeit für die Zusammenkunft bereits überschritten war.
    Sie salutierte. »Ich war nie zu beschäftigt, das Wohlergehen der Hegemonie zu vergessen, Euer Ehren.«
Oder meines. Oder einen Mann zu beobachten, der seine Worte verschluckt ...
Sie berührte freundlich seine Hand, er führte sie ins Konferenzzimmer. In der Mitte stand ein langer Tisch, der aus mehreren kleineren zusammengesetzt war. Er war mit Terminals übersät. Um ihn herum saß das übliche Kontingent von Hegemoniebürokraten, das sie während ihrer Amtszeit so verabscheuen gelernt hatte, darunter auch einige Abgeordnete der Delegation, die ihr allesamt unbekannt waren. Sie hatten, vermutete sie, gerade die letzten ihrer obligatorischen Berichte über jeden erdenklichen Aspekt ihrer Beschäftigung auf Tiamat abgeliefert. Sogar auf einer so dünn bevölkerten Welt wie dieser war der endgültige Rückzug ein monströses bürokratisches Ereignis. Die wenigen Kharemoughigesichter, die sie deuten konnte, machten einen außerordentlich gelangweilten Eindruck.
Den Göttern sei Dank, daß ich keine Bürokratin bin, sondern nur eine Blaue.
Sie erinnerte sich daran, daß sie, seit sie Kommandantin geworden war, kaum etwas anderes gewesen war.
Aber

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