Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin
Vaters.
»Sohn eines Ersten Sekretärs, Enkel eines Premierministers .. die Rolle steht dir gut.« Sein Vater nickte. »Möchtest du gerne etwas mitnehmen?«
Funke erinnerte sich an seine Flöte, die auf der Couch lag, und hob sie auf. »Das ist alles.« Er betrachtete flüchtig die technischen Geräte, wandte sich aber wieder ab.
»Herne ...«, sagte Sirus etwas unbeholfen in Sandhi, dann übersetzte er es für Funke: »Vielen Dank, daß Sie mir meinen Sohn wiedergegeben haben.«
Funke atmete tief ein. »Danke.«
Herne verschränkte die Arme und freute sich über etwas, das Funke nicht völlig verstand. »Gern geschehen,
sadhu,
aber vergeßt niemals, daß Ihr das alles nur mir zu verdanken habt. Und nun verschwindet aus meinen Gemächern, ihr Bastarde. Ich möchte mich noch etwas an ihnen erfreuen, aber ich habe nicht mehr viel Zeit.«
Sims pochte gegen die Tür, sie öffnete sich. Funke warf Herne, der in seinem Element schien, noch einen letzten, flüchtigen Blick zu.
Leb wohl, Arienrhod ...
Sims ging mit seinem hinkenden Diener hinaus und ließ den Starbuck allein.
51
Mond wurde von den Wogen der Menge vom einen Straßenende zum anderen gespült, bis hinab zu den ächzenden Docks von Karbunkels Unterwelt, wo die Stadt im Meer wartete. Dort brachte die Prozession der Meeresmutter Gaben dar und ließ sie endlich frei, während ihr schien, als wäre eine Ewigkeit zu Stunden komprimiert worden, damit sie die Nacht der Masken bis zur Morgendämmerung nach eigenem Geschmack verbringen konnte.
Bis zur Morgendämmerung.
Sie bahnte sich ihren Weg zu Jerusha PalaThions Landhaus zurück, wobei sie dauernd glühende Verehrer und Möchtegernliebhaber aus der Menge abschütteln mußte und rings um sich her die ständig steigende Leidenschaft der bevorstehenden Nacht spürte. Doch die elektrische Energie rings um sie her machte ihr ihre eigene Einsamkeit nur noch deutlicher, und wenn sie den Rest der Nacht allein zubrachte, dann konnte es gut sein, daß sie auch den Rest ihres Lebens allein verbringen mußte.
Die Nacht sank bereits herab, als sie vor PalaThions Stadthaus ankam und gegen die Tür klopfte. PalaThion öffnete, sie trug anstelle ihrer Uniform eine formlose Robe. Sie erstarrte vor dem Antlitz der Sommerkönigin, die vor ihr stand.
Mond nahm die Maske von ihren Schultern, hielt sie im Arm, sagte aber nichts.
»Götter ...« PalaThion schüttelte den Kopf, als wäre das ein weiterer Schlag nach denen, die sie bereits hatte hinnehmen müssen. Sie trat beiseite und ließ Mond ein, um ihr Zuflucht vor dem tobenden Mob draußen zu gewähren.
Mond ging durch das Atrium ins Wohnzimmer, ihr Herz schlug bis zum Hals, sie sah sich suchend um .. .
»Nein. Noch nichts.« PalaThion folgte ihr ins Innere. »Er ist noch nicht wieder zurück.«
»Oh.« Mond zwang das Wort über ihre Lippen.
»Wir haben noch Zeit.«
Mond nickte stumm und legte die Maske der Sommerkönigin auf das andere Ende der Couch.
»Ist sie dir bereits zu schwer?« PalaThions Stimme verlor ihre Freundlichkeit.
Mond blickte auf und sah die Desillusionierung, die die Augen der Frau zu Staub verwandelte. »Nein ... aber morgen zur Dämmerstunde, wenn Funke bis dahin nicht zurück ist ... « Sie senkte den Kopf.
»Hast du diese Maske ehrlich gewonnen?« fragte PalaThion unverblümt, als würde sie wirklich eine ehrliche Antwort erwarten.
Mond errötete und glättete die Bänder der Maske.
Habe ich das?
»Ich mußte gewinnen.«
PalaThion runzelte die Stirn. »Willst du mir wirklich erzählen, daß du es für vorherbestimmt hältst, Sibylle?«
»Ja, das war es. Ich sollte das vollbringen, wenn es mir gelingen konnte, und ich habe es getan. Der Grund dafür ist bedeutender als jeder von uns, Kommandant. Ich glaube, Sie kennen ihn ebenfalls ... wollen Sie mich immer noch aufhalten?« Sie forderte sie mit offenen Händen heraus und betrachtete die unerklärliche Unsicherheit in PalaThions Gesicht.
PalaThion rieb sich die Arme unter den Ärmeln ihres Kaftans. »Das hängt von der Antwort ab, die du mir als nächstes gibst. Ich habe eine Frage an dich, Sibylle.«
Mond verbarg ihre Überraschung und nickte. »Frag mich, ich werde antworten ...
Eingabe.«
»Sibylle, erzähl mir die Wahrheit, die ganze Wahrheit über die Mers ... «
Monds Überraschung folgte ihr in die namenlose, schwarze Leere des Nichts, während das Computergehirn ihr eigenes ersetzte, um einer weiteren Außenweltlerin die Wahrheit zu sagen.
Doch hinter der Wahrheit verbarg
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