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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Freund«, hauchte sie. Sie sah ihn an und wartete darauf, daß er verstehen würde.
    »Mehr als ...?« Plötzlich runzelte er die Stirn. Sein Gesicht wurde rot. »Wie konntest du ...?« Seine Stimme brach wie ein überdehnter Stab. »Wie konntest du ... wie konnte ich. Wir .. . wir .. .
    Sie senkte den Blick. »Ich war im Sturm verloren, und er war mein Anker. Und ich seiner. Wenn jemand dich mehr liebt als sich selbst, dann kannst du nichts ändern ...«
    »Ich weiß.« Er entließ seinen Zorn in einem Seufzen. »Aber was wird jetzt ... aus dir und ihm? Und mir?«
    Sie strich mit einem Finger über das gefärbte Vorderteil ihrer Nomadentunika. »Er bat mich nicht, ewig sein zu bleiben.«
Denn er wußte, das konnte er nicht.
»Er wußte immer, daß keiner je vor dir kommen konnte, daß sich keiner zwischen uns drängen konnte. Keiner kann deinen Platz einnehmen.«
Obwohl er es versucht hätte, es wollte, es getan hat.
Sie sah sein Gesicht, das sich zwischen ihres und Funkes drängen wollte. »Niemand!« Sie blinzelte. »Er ... half mir, dich zu finden.«
Ergab alles auf, gab mir soviel; und was habe ich ihm dafür gegeben? Nichts.
»Dann verließ er mich ohne weitere Bitten. Ich muß sichergehen, daß mit ihm alles in Ordnung ist, wenn er, unsere Welt verläßt.«
    Funke lachte, das Geräusch klang rauh in seiner Kehle. »Und was ist mit uns? Wird mit uns alles in Ordnung sein, wenn sie uns verlassen? Wenn wir diejenigen sind, die festsitzen, wenn wir mit ihren Erinnerungen weiterleben müssen, die uns immer über die Schultern sehen und uns daran erinnern, daß wir unsere Versprechungen gebrochen haben – wieder und immer wieder?«
    »Wir werden ein neues Versprechen geben – morgen. Unseren neugeborenen Seelen.«
Nach der heutigen Nacht.
Sie hob die Maske der Sommerkönigin auf.
Nach der Morgendämmerung.
»Aber ich glaube, in unseren Herzen haben wir das alte nie wirklich gebrochen.«
    Er küßte sie, bevor sie die Maske aufsetzte.
    »Möchtest du auch eine Maske?«
    »Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich brauche keine. Ich habe meine bereits abgelegt.«
     

52
    »Nun, so hatte ich mir ganz bestimmt nicht vorgestellt, die Nacht der Masken zu verbringen.« Tor verstummte, um ein weiteres gezuckertes, alkoholgetränktes Plätzchen aus der Tüte in ihrer Hand in den Mund zu schieben, womit sie das Beste tat, um das bevorstehende Ende der Welt zu vergessen. Sie richtete ihre Maske wieder zurecht und lehnte sich gegen Pollux' Stahlkörper, eine Insel der Ruhe in der dünner werdenden Menge der Feiernden. »Nur ein kalter Stahlschrank, an den ich mich kuscheln kann, dazu eine Zukunft, die darin bestehen wird, Fische zu schuppen. Hölle, ich werde doch schon in der Badewanne seekrank. Und ich hasse Fisch, gottverdammt!« Letzteres rief sie lauthals.
    »Da bist du nicht die einzige, Schwester!« Eine maskierte Gestalt winkte ihr angewidert zu und verschwand mit ihrer Auserwählten in der Tür eines offenen Warenlagers, um ein wenig Intimsphäre zu ergattern. Tor sah ihnen neidisch nach, während Pollux kommentarlos die Straße überblickte. Inzwischen hatte sich fast jeder Glückliche für die Nacht zurückgezogen.
    »Tut mir leid, daß die Dinge sich so schlecht für dich entwickelt haben, Tor«, sagte Pollux unerwartet. »Wenn du deine Zeit gerne mit einer Person verbringen möchtest, mir ist das egal.«
    Tor sah ihn mit der unerwarteten und leicht irrationalen Ansicht an, daß es ihm ganz und gar nicht egal war. »Nöö. Das kann ich jede Nacht tun ... aber dies ist die letzte Nacht für uns beide.« Er antwortete nicht.
    Sie hatten einen sentimentalen Ausflug zu den Docks und Warenlagern in der Unterstadt unternommen, denn sie hatte beschlossen, daß sie die letzte Nacht ihrer Welt gerne an den Orten ihrer Kindheit, ihrer Herkunft verbringen wollte, um sich an ihre Jugend zu erinnern, als sie noch nicht das gewesen war, was die Jahre aus ihr gemacht hatten. Sie hoffte, daß es, wenn sie sich an sie erinnern konnte, auch wenn sie nicht mehr existierten, nicht mehr so schlimm sein würde, wenn sie verschwunden waren.
    Sie fragte sich, wer diese Nacht das Kasino leiten würde
- Wer ist noch übrig? -,
oder ob überhaupt jemand sich darum kümmerte. Sogar Herne war durch Monds seltsame Magie verschwunden.
Zum Teufel damit!
Sie war gerade lange genug zurückgekehrt, um die wenigen Sachen zusammenzusuchen, die sie von ihrem Leben als Persiponë behalten wollte. Die hatte sie bei ihrem Halbbruder verstaut. Sie hatte

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