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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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wie Hundet ausholte und Saroon brutal in den Hintern trat.
    Der Quoll flog in hohem Bogen aus Saroons Armen, und der Junge landete bäuchlings in der Kochstelle. Behende sprang Ananke in die Luft und fing den Quoll auf. Vor Schreck und Schmerz wie betäubt, rappelte Saroon sich hoch und schlug sich auf die qualmenden Hemdärmel, während Hundet ihm einen Befehl zubrüllte.
    Wider Willen fasziniert, hatte Reede zugesehen, wie der Gesichtsausdruck des Jungen sich verwandelte; die glückliche Miene war erloschen, und mit leeren, toten Augen trat er aus dem Kreis der stumm gaffenden Fremden heraus und folgte Hundet.
    Niburu fluchte leise. Gundhalinu wollte aufstehen und öffnete den Mund, um ärgerlich zu protestieren.
    Reede packte seinen Arm und drückte ihn auf den Stuhl zurück. »Sagen Sie lieber nichts.«
    Gundhalinu runzelte die Stirn. »Wenn er nicht aufhört, den Jungen zu mißhandeln ...«
    »Er wird nicht damit aufhören«, sagte Reede mit flacher Stimme. »Wenn Sie ihm Vorwürfe machen, wartet er nur ab, bis Sie ihm den Rücken zukehren, und dann läßt er seine ganze Wut an dem Jungen aus. Mischen Sie sich nicht ein!«
    Gundhalinu lehnte sich zurück, sein Groll war verflogen. Er kniff die Lippen zusammen und nickte resigniert. Reede merkte, wie bei den anderen der Wunsch nach Aufbegehren abflaute und ohnmächtigem Zorn Platz machte.
    Hundet kletterte in den Rover, um drinnen seinen Ouvung-Rausch auszuschlafen; Saroon mußte draußen Wache schieben, so, daß er das Lager überblicken, aber sich nicht zu den anderen gesellen konnte.
    Nach einem endlos seheinenden Schweigen stemmte sich Gundhalinu wieder aus seinem Sitz hoch. »Es war ein langer Tag.« Er verzog sich in seine Schlafkuppel.
    »Saroon dient bei der Armee«, erzählte Niburu, »weil eines Tages ein Preßkommando in sein Heimatdorf ein fiel und alle jungen Männer reit vorgehaltener Waffe zum Mitgehen zwang. Seit drei Jahren ist er Soldat, und dabei ist er erst achtzehn.«
    Reede glotzte ihn an. »Woher weißt du das alles?« »Ich frage.« Niburu starrte zurück.
    »Es gibt Dinge, die kann man nicht ändern, Niburu.« Reede wandte den Blick ab. »Es sei denn, du bringst es fertig, jemanden zu töten.« Er stand auf und stapfte zu seinem Quartier, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen.
     

NUMMER VIER
Der Feuersee
    G undhalinu stand im Zentrum von Sanctuary, am Rand der Schlucht, und schaute hinab auf den glänzenden Fluß. Selbst aus dieser Höhe war zu erkennen, daß sich das Wasser auf eine höchst fremdartige Weise bewegte. In der Tiefe lag das Wrack, wie ein herabgefallener Stern.
Ein abgestürztes Sternenschiff.
    Mit sinnlicher Gier leckte die Hitze an seinem schwitzenden Körper; die Stimme des Sees gellte wie ein wahnsinniger Chor in seinem Kopf. Er blieb noch eine Weile stehen und lauschte, ehe er sich umdrehte und Kullervo ansah. Der stand neben ihm, nur mit einer kurzen Hose bekleidet; die Arme waren von den Handgelenken bis zu den Schultern mit tollkühnen, farbenprächtigen Mustern tätowiert. Auf dem Kinn sprossen Bartstoppeln, und der blasse, ungeschützte Rücken bekam bereits einen Sonnenbrand.
    Ein rötlich schimmernder Geist driftete ungehindert durch Kullervos schlanke, durchtrainierte Gestalt und schwebte auf die Stadt zu – das Energieecho eines ehemaligen Einwohners von Sanctuary, das unentrinnbar als zufälliger Eindruck im Gedächtnis des Feuersees gespeichert war. Ihm fiel auf, daß Kullervo für einen Forscher einen bemerkenswert athletischen Körper hatte.
    Er wandte den Blick wieder ab. Seine verhexten Augen sahen eine Stadt, in der es von körperlosen Wesen wimmelte; die Geister der Vergangenheit waren in einen roten Dunstschleier gehüllt, die aus der Zukunft leuchteten in einem blauen Licht; der See existierte nicht nur im Hier und Jetzt, sondern seines Wissens nach in jeder Zeit. Ihm selbst hatte er beklemmende Bilder aus seiner eigenen Vergangenheit und Zukunft gezeigt.
    Gundhalinu wußte, daß er hier der einzige war, der diese Phantome sehen konnte, kein Wunder, daß er anfangs an seinem Verstand gezweifelt hatte.
    Er beneidete Kullervo um dessen relative Ahnungslosigkeit, obwohl Reede nicht gänzlich gegen das Phänomen gefeit war. Er reagierte auf den See in einer einzigartigen Weise, und Gundhalinu konnte nicht einmal raten, warum.
    Aber solange der See sich in seinem eigenen Hirn einnistete wie ein Parasit, war er nicht in der Lage, die Ursache für Reedes Rapport zu ergründen. Der See nährte sich von

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