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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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willkommenen Schutz; außerdem hielt er die Einheimischen fern, die nicht für die Drogenbosse arbeiteten.
    Reede wandte sich von der zwanzig Zentimeter dicken, praktisch unzerstörbaren Keramikscheibe ab und wanderte rastlos im Zimmer hin und her. Mit den Fingern kämmte er sich nervös das Haar, dann schob er die Hände in die tiefen Taschen seines Laborkittels. Weil Humbaba ihm ausrichten ließ, er solle sofort zu ihm kommen, hatte er sich nicht umgezogen – und jetzt mußte er warten wie ein Lakai. Er haßte Warterei, wenn er nichts zu tun hatte, mußte er ständig in Bewegung sein. Er setzte sich hin, sprang gleich darauf wieder hoch und ballte die Fäuste; dann nahm er seine Wanderung durch den Raum wieder auf, während er unruhig an einem Ohrläppchen zupfte. »Mist!« fluchte er und ließ sich abermals auf ein Sitzpolster fallen.
    Hinter ihm wurde sein Name geflüstert, und Hunderte von zarten Silberglöckchen klingelten leise. Wie ein erschrockenes Tier schnellte er herum, als sich eine Hand auf seinen Arm legte.
    »Mundilfoere ...« Ihm wurde leicht ums Herz, als er in ihr Gesicht schaute. Sie reichte ihm kaum bis zum Kinn, und sie trug einen Schleier, doch das Tuch war so dünn, daß ihre sinnlichen, geheimnisvollen Züge deutlich zu sehen waren. Das Gewand, das sie vom Hals bis zu den Füßen einhüllte, war aus einem nicht viel dichteren Stoff. Mundilfoere war Humbabas Erste Frau. Sie sagte, sie sei die Tochter eines Juwelenhändlers aus dem Süden, die Humbaba aus einer Laune heraus gekauft hatte, damit sie eine seiner zahlreichen Konkubinen würde. Aber in ihr steckte mehr, als es den Anschein hatte – deshalb war sie nun seine Erste Frau und hatte mehr Einfluß auf ihn, als irgendeiner seiner Berater. Aber Humbaba war nicht der einzige, der ihre besonderen Qualitäten zu schätzen wußte.
    Reede hob eine Hand, die leicht zitterte; ihn überwältigte ein Verlangen nach Mundilfoere, das nicht nur der Hunger nach ihrem Körper war, der soviel Lust zu geben verstand, sondern ein viel tieferes Gefühl, für das er keinen Namen hatte, und das er noch weniger verstand. Nach der ersten Nacht mit ihr, als er morgens in ihren Armen aufwachte, schien sein Leben erst richtig begonnen zu haben. »Wo bist du heute nacht gewesen? Ich habe auf dich gewartet, bis der zweite Mond aufging.«
    »Ich war bei meinem Herrn und Gebieter, Humbaba«, antwortete sie leise. »Er verlangte nach mir.«
    »Schon wieder?«
    Sie hob die Schultern. Sie war schon Humbabas Favoritin gewesen, als Reede sie beide noch gar nicht gekannt hatte; und normalerweise langweilte Humbaba sich schnell.
    »Ich nehme an, daß ihr nicht nur über Geschäfte geredet habt«, meinte Reede säuerlich.
    »Jedenfalls nicht die ganze Nacht lang.« Hinter dem silbern glänzenden Schleier blickten ihre indigoblauen Augen ihn mit leisem Tadel an.
    Er verzog das Gesicht. »Wie kannst du ihn küssen, ohne daß dir schlecht wird?«
    Sie lächelte nicht. »Im Dunkeln sind alle Männer schön, Liebster. Die Frauen auch.«
    »Das glaubst du doch selber nicht.«
    »Ich muß es glauben.«
    Er drehte sich um und atmete tief durch. Schweigend wartete sie, bis er sich ihr wieder zuwandte. Da sah er, daß sie ihren Schleier zurückgeschlagen hatte. Ihr unverhülltes Gesicht übte auf ihn denselben erotischen Reiz aus, als würde er ihren nackten Körper betrachten. Er sog tief die Luft ein, während hundert verschiedene Bilder von ihr und ihm zusammen auf ihn eindrängten ... tausend Erinnerungen an heimliche Augenblicke, an gestohlene Stunden, an gemeinsame Nächte in verschwiegenen Winkeln ihrer hermetisch abgeschlossenen Welt. Er wußte nicht mehr genau, wie lange es schon her war, seit sie ihn zu ihrem Geliebten auserwählte. Sein Leben verlief ziellos und chaotisch, außer wenn er in seinem Laboratorium arbeitete. Die Zeit hatte für ihn nur eine Bedeutung, wenn er in ihren Armen lag. Er zwang sich dazu, sie jetzt nicht zu berühren, denn er hatte Angst, seine Begierde könnte sie beide verraten.
    Sie rückte von ihm ab, als sie merkte, daß er langsam die Beherrschung verlor. »Er ist ein alter Mann,
Tisshah'el«,
flüsterte sie so leise, daß er sie kaum verstehen konnte. »Er sagt es ja selbst, also muß es stimmen. Bei ihm habe ich noch nie vor Glück geweint ... das bringst nur du fertig.«
    »Tisshah'el«,
wiederholte er.
Geliebter Fremder.
Ein Wort das klang wie ein Seufzer, voller Sehnsucht und Kummer; mit diesem Wort bezeichnete ihr Volk jemanden, der beim

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