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Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde

Titel: Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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zu ihm in die Wanne. Zusätzlich klatschte seine flache Hand mit Wucht gegen den Hinterkopf des Jungen. Seine Zähne schlugen hart aufeinander, er biss sich auf die Zunge. Sofort spürte er den metallischen Geschmack von Blut in seinem Mund.
    »Schwuchtel.«
    Es gab nur ein winziges Bad mit WC in ihrer kleinen Eigentumswohnung
in der vierten Etage einer Mietskaserne, und der Vater war hereingekommen, um das Klo zu benutzen. Das befand sich eingezwängt zwischen dem Fußende der Badewanne und der Wand.
    Er ließ die Hose herunter, holte seinen extrem langen Schwanz heraus und strullte ins Becken. Der Junge sah ihm dabei zu und ahnte schon, was kommen würde. Mitten im Strahl schwenkte der Vater zur Wanne rüber und pisste ins Badewasser. Der Junge wollte aufspringen, doch Worte waren mitunter wie Hände, die einen festhielten.
    »Du bleibst da drin sitzen, sonst tauche ich deinen verdammten Kopf unter, bis du das gesamte Wasser ausgesoffen hast.«
    Also blieb er sitzen, während der Vater in aller Ruhe zu Ende pisste, schließlich seinen Schwanz abschüttelte, um auch noch den letzten Tropfen ins Badewasser zu bekommen, ihn wegsteckte und wortlos das Bad verließ.
    Er blieb sitzen und spürte, wie ihn die Pisse seines eigenen Vaters langsam umhüllte und durch die vom warmen Wasser erweiterten Poren in die Haut und den Körper drang. Der Ekel war überwältigend, bereitete ihm fast schon körperlichen Schmerz, doch er konnte nicht aufstehen, weil er wusste, was noch kam.
    Unvermittelt und mit Wucht riss der Vater die Badezimmertür auf.
    »Wollte ich dir auch geraten haben.«
    Rums, die Tür flog wieder zu.
    Nochmals wartete der Junge einige Minuten ab. Erst dann war er in der Lage, sich aus dem ekelhaften Badewasser zu erheben. Er stand in der Wanne, ließ das Wasser abtropfen und sah im Spiegel über dem Waschbecken, dass ein feines Rinnsal Blut aus seinem Mundwinkel lief. Seine
Zunge pochte, doch er spürte es kaum. Apathisch nahm er den Duschkopf aus der Halterung an der Wand und duschte sich das schmutzige Wasser von der Haut. Während er das tat, öffnete sich leise die Badezimmertür und wurde auch ebenso leise wieder geschlossen.
    Er bemerkte seine Mutter erst, als sie ihm den Duschkopf aus der Hand nahm.
    »Pssst«, machte sie.
    Immer nur »Pssst«. Ihr Geheimzeichen.
    Sie griff ins Badewasser, zog den Stöpsel, nahm ein Stück Kernseife und machte weiter, wobei sie ihn unterbrochen hatte. Duschte seinen Körper, seifte ihn ein, berührte ihn überall, auch dort, wo er anders war. Sie war die Einzige, die das durfte, und sie tat es oft und ausgiebig, so als wolle sie ihm beweisen, dass es nicht schlimm war und dass sie ihn schön fand.
    Er genoss still.
    Schließlich stieg er aus der Wanne, stellte sich auf die flauschige Matte zwischen Waschbecken und Wanne und ließ sich von ihr abtrocknen. Sie rubbelte nicht, sie tupfte. Tupfte so lange, bis sein Körper trocken war. Zwischendurch küsste sie ihn auf die Stirn und sagte andauernd: »Pssst.«
    Er ertappte sich immer öfter dabei, dass er ihr für jedes »Pssst« am liebsten die Zähne ausschlagen würde. Es war Kapitulation und Verrat gleichzeitig, und jedes einzelne »Pssst« drang wie ein heimtückisches Messer immer wieder in seine Eingeweide. Immer und immer wieder. Wenn sie doch nur aufhören würde damit, endlich aufhören.
    Irgendwann nahm sie die kleine blaue Flasche Babyöl, die sie in dem billigen Pressholzschränkchen unter dem Waschbecken zwischen verschiedenen Putzmitteln versteckt
hielt. Dieses verquollene, hässliche Schränkchen, ein Abbild für die niederen Arbeiten im Haushalt, öffnete der Vater niemals. Dort waren der Genuss und die Wollust sicher vor ihm.
    »Damit deine Haut immer so zart und schön bleibt«, flüsterte sie ihm ins Ohr und begann, seinen ganzen Körper mit dem Öl einzureiben. Wieder tat sie es an der besonderen Stelle lange und ausgiebig. Schließlich glühte seine Haut, und er war betäubt von dem schweren Duft des Öls. Beinahe vergessen die Pisse und Schläge seines Vaters.
    »Lauf schnell in dein Zimmer«, sagte sie, nachdem sie fertig war.
    Sie öffnete die Tür einen Spalt und spähte hinaus. Beide hörten das Dröhnen des Fernsehers. Sie nickte ihm zu, er spurtete nackt über den kurzen Flur – was absolut verboten war und wofür er die schlimmsten Prügel bekommen würde, wenn der Vater ihn erwischte – in sein Zimmer und huschte unter die Bettdecke. Er spürte die Freude darüber, gegen die Gesetze seines

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