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Tief

Tief

Titel: Tief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Croft
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Strom von Daten aus. Dann steigt er zur Oberfläche auf. Aufgeregte Rufe ertönen, und die Schaulustigen wundern sich, warum er seine Reise nicht fortsetzt. Sie fahren mit den Booten ganz dicht an ihn heran, aber Blackfin achtet nicht auf sie. Er wartet auf seine Brüder und Schwestern.
    *  *  *
    Seit einigen Stunden kamen immer wieder dieselben Berichte. Entlang der südenglischen Küste, von Falmouth bis nach Solent, waren die Seenotrettungszentren der Küstenwache Ihrer Majestät völlig verwirrt. Zuerst hatten sie gereizt reagiert; der Kanal war eine der belebtesten Wasserstraßen der Welt, und das Letzte, was die Küstenwache brauchen konnte, war ein Witzbold, der die Frequenzen blockierte. Aber als immer mehr Meldungen eintrafen, aus Quellen, die zu unterschiedlich waren, als dass man noch an einen Scherz hätte glauben können, begannen sie sich zu fragen, was sie machen sollten.
    Phil Bibby war für die gesamte südliche Region verantwortlich. Die »Situation«, wie die Wachoffiziere es nannten, als sie ihn aus einer Sitzung mit der Royal Air Force geholt hatten, dauerte jetzt schon zwei Stunden. Das war bisher erst einmal geschehen, als ein Supertanker mit Äthylacetat zwei Meilen vor Portland Bill leckgeschlagen war. Die Aufgabe, ihn über die Wale zu informieren, oblag seiner Stellvertreterin, Heather Mahoney, und niemand beneidete sie darum.
    »Na, hoffentlich ist es was Wichtiges«, grummelte er und zündete sich vor dem Eingang zum Gebäude eine Zigarette an.
    »Na ja, eine große Herde Wale schwimmt den Kanal hinauf.«
    Er warf ihr einen gleichmütigen Blick zu.
    »Mit hoher Geschwindigkeit«, fügte sie verzweifelt hinzu. »Alle paar Minuten kommen neue Meldungen herein, und wir wissen nicht, was wir tun sollen.«
    Phil blies einen Rauchring.
    »Nichts.«
    »Wie bitte?«
    »Es sind also Wale im Meer!«, explodierte er und stach mit seiner Zigarette in die Luft. »Ich fasse es nicht, dass Sie mich deswegen aus der Sitzung herausgeholt haben! Du liebe Güte, Heather, es gibt Forellen in der Themse und Seehunde im Solent, wen kümmert das?«
    »Phil, mir ist klar, wie sich das anhört, aber bitte lesen Sie einfach mal diese Meldungen.«
    Sie hielt sie ihm unter die Nase. Er schnaubte verärgert den Rauch aus, aber nahm die Seiten immerhin entgegen. 15.38 Uhr, der Kapitän eines Trawlers: mindestens fünfzig Wale überholen das Schiff an Steuerbord … 15.45 Uhr von einem Sportboot : Das Meer hat geschäumt wie ein Schaumbad … 15.59 Uhr von einer kleinen Yacht : Schiff gekentert, wiederhole gekentert, in der Kielwelle einer großen Gruppe von Walen, die mit hoher Geschwindigkeit an der Wasseroberfläche schwimmen, Mannschaft und Boot inzwischen geborgen …
    Phil blätterte kopfschüttelnd durch die Seiten.
    »Es gibt schon über zwanzig Berichte«, sagte Heather, »und sie kommen im Schnitt alle sechs Minuten herein.«
    Phil schnipste die Asche von seiner Zigarette ab und sah ihr nach, wie sie aufs Pflaster fiel.
    »Verdammte Scheiße«, fluchte er. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Damit er seiner Aufgabe gerecht werden konnte, standen ihm unter anderem die Rettungsboote der Küstenwache, die Rettungsflieger der Royal Air Force und sämtliche Funkeinrichtungen zur Verfügung. Passierte etwas an der Küste, konnte er natürlich auf die Unterstützung von Polizei, lokalen Behörden, Feuerwehr, Rettungsschwimmern und Krankenhäusern zählen. Er konnte Rettungsboote hinausschicken, von der Royal Air Force Hubschrauber und von der Marine Schiffe anfordern. Kurz, er verfügte über alle möglichen Ressourcen, die er bei den Tausenden von Zwischenfällen, die jedes Jahr vorkamen, auch nutzte.
    »So etwas habe ich ja noch nie gehört!«, stöhnte er.
    »Das sagen alle, deshalb informieren wir Sie ja auch. Ich meine, an eine höhere Stelle kann ich mich nicht wenden.«
    Sie hatte recht. In der Verwaltung waren ihm zwar noch der Chef der Küstenwache und der Direktor der ganzen Bande vorgesetzt, aber was die Ausführung anging, war Phil der größte Affe auf dem Felsen.
    »Na, großartig.«
    *  *  *
    Das kleine Mädchen begann zu schreien. Jeder in den etwa zehn Sportbooten, die Blackfin umgaben, wandte seine Aufmerksamkeit von ihm ab und …
    »O mein Gott!«
    »Seht mal!«
    »Daddy!«
    Blackfin tauchte unter, aber niemand nahm von ihm Notiz, als Dutzende von Walen mit Höchstgeschwindigkeit an den Booten vorbeisausten. Menschen schrien und jammerten, als die Boote gegeneinander schlugen. Ein

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