Tiefe
ein.
»Ich teile die Kajüte mit meinem ersten Offizier«, entgegnete Leutnant Jakobsson. »Es ist zwar eng und unbequem auf diesen Kanonenbooten, nicht zuletzt deshalb, weil die Besatzung wegen des speziellen Zwecks dieser Reise vergrößert worden ist. Aber es gehört zu meinen Anweisungen, Ihnen die besten Voraussetzungen für die Ausführung Ihres Auftrags zu bieten. Meiner Meinung nach ist ein guter Nachtschlaf eine der wichtigsten Voraussetzungen. Also muß ich es aushalten, daß mein erster Offizier im Schlaf mit den Zähnen knirscht. Es ist, als teilte man die Kajüte mit einem Walroß. Falls nun Walrosse mit den Zähnen knirschen.«
Er bat Leutnant Jakobsson, von der Geschichte des Schiffs zu erzählen.
»Es wurde 1873 vom Reichstag bewilligt. Es war das erste einer Reihe von Kanonenbooten, und keiner der Bauern im Reichstag hatte eine Ansicht, wie viele es werden sollten. Wir können 80 Tonnen Kohle an Bord nehmen, und damit schaffen wir ohne Bunkerung 1500 Seemeilen. Die Maschinen sind liegende Kompounders nach Wolfs System. Ich bin nicht ganz sicher, was das Spezielle an Wolfs System ist, aber offenbar funktioniert es. Es ist ein gutes Schiff, aber alt. Ich vermute, daß es bald aus dem Verkehr gezogen wird.«
Lars Tobiasson-Svartman bezog seine Kajüte. Sie war größer als die an Bord des Panzerschiffs. Aber sie hatte einen anderen Geruch. Wie ein Ameisenhaufen, dachte er. Als hätte es hier einen Ameisenhaufen
Er ging an Deck und bat Leutnant Jakobsson, die Besatzung zusammenzurufen. Es war ein klarer Tag mit einem schwachen Wind aus Süd.
Die Besatzung bestand aus 71 Mann. Acht von den Matrosen und ein Marineoffizier hatten auf dem Schiff angemustert, um an der Expedition teilzunehmen. Ihre Informationen über das, was sie erwartete, waren sehr knapp.
Mit einer Trillerpfeife wurde die Besatzung vom ersten Offizier namens Freden zusammengerufen.
Lars Tobiasson-Svartman war immer nervös, wenn er zu einer Besatzung sprechen sollte. Um seine Unruhe zu verbergen, gab er sich den Anschein, streng und leicht aufbrausend zu sein.
»Ich werde keinerlei Schlamperei dulden«, begann er. »Unser Auftrag ist wichtig, die Zeiten sind unruhig, Kriegsflotten bewegen sich entlang unseren Küsten. Wir werden Nachmessungen der Teile des Fahrwassers vornehmen, das sich nördlich und südlich von diesem Punkt erstreckt. Es gibt keinen Spielraum für Irrtümer. Eine Fehlmessung von einem Meter kann den Untergang eines Schiffs bedeuten. Eine Untiefe, die nicht entdeckt oder auf einer Seekarte falsch positioniert ist, kann verheerende Konsequenzen haben.«
Er unterbrach sich und sah die Besatzung an, die in einem Halbkreis versammelt war. Viele Männer waren jung, knapp über zwanzig Jahre. Sie betrachteten ihn abwartend.
»Wir suchen nach dem, was nicht sichtbar ist«, fuhr er fort. »Aber daß es nicht sichtbar ist, bedeutet nicht, daß es nicht existiert. Knapp unter der Meeresoberfläche liegen vielleicht noch nicht entdeckte und kartierte Untiefen. Aber es gibt da auch unerwartete Tiefen. Wir suchen nach diesen beiden Punkten. Wir stecken einen Weg ab, auf dem unsere Kriegsschiffe sicher navigieren können. Noch Fragen?«
Keiner sagte etwas. Das Kanonenboot dümpelte in der Dünung.
Im Tagesverlauf etablierte er notwendige Arbeitsroutinen und schuf eine funktionierende Organisation. Leutnant Jakobsson besaß, wie sich zeigte, das Vertrauen der Besatzung. Lars Tobiasson-Svartman erkannte, daß er Glück hatte. Ein Kapitän, der einem fremden Offizier auf ein vertrauliches Gastspiel seine Kajüte überlassen muß, hätte durchaus mit Ärger reagieren können, aber Leutnant Jakobsson wirkte nicht unzufrieden. Er schien zu den seltenen Menschen zu gehören, die ihren Charakter nicht verbargen. Darin war Leutnant Jakobsson auf entscheidende Weise sein Gegenteil.
Die Routinearbeiten wurden festgelegt. Jeden vierten Tag sollte er Fregattenkapitän Rake Bericht erstatten. Unter idealen Wetterbedingungen würde das Panzerschiff dieses Gebiet alle sechsundneunzig Stunden passieren. Rake hatte einen Verschlüsselungstechniker zur Verfügung, der seine Berichte chiffrieren sollte. Diese wurden dann per Funk abgeschickt. Innerhalb weniger Tage sollten die Änderungen der Fahrwasser bei den Kartenzeichnern in Stockholm sein. Die Arbeit sollte in rasender Geschwindigkeit vor sich gehen.
Am späten Nachmittag nahm Leutnant Jakobsson eine Positionsbestimmung vor. Sie befanden sich drei Grad nordnordöstlich vom
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