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Tiefe

Tiefe

Titel: Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Leuchtturm von Sandsänkan. Die angegebenen Tiefen um die Seemarke Juliabäden herum waren 12, 23 und 14 Meter.
    Lars Tobiasson-Svartman ordnete an, daß die Blenda ihre Position bis zum folgenden Tag beibehalten sollte. Hier sollten die Vermessungsarbeiten beginnen.
    Er betrachtete das Meer durch seinen Feldstecher, blickte auf den fernen Horizont, den Leuchtturm. Dann schloß er die Augen. Jedoch ohne den Feldstecher abzusetzen.
    Am Tag darauf. Es war drei Minuten nach sieben. Lars To-biasson-Svartman stand an Deck. Die Sonne war hinter niedrigen Wolken verborgen. Er trug seine Uniform. Vier Grad über Null, fast windstill. Aus dem Meer stieg ein muffiger Geruch nach Tang auf. Er war angespannt und unruhig angesichts der Arbeit, die er jetzt beginnen sollte, er fürchtete sich vor allen Fehlern, die vor ihm lagen, Fehlern, die er möglichst nicht begehen sollte.
    150 Meter gen Westen war ein altbekannter Heringsgrund, auf den Seekarten als Olsklabben eingetragen. In einem seiner Koffer hatte er ein Archiv, das er immer mit sich führte. In einer alten Steuerliste hatte er gelesen, daß der Heringsgrund »seit dem 16. Jahrhundert von Küstenfischern und Seehundjägern genutzt worden war und daß für diesen Fischgrund der Krone Steuern zu entrichten waren, und zwar unter Stegeborgs Slott«.
    Sonnenstrahlen brachen durch die Wolken. Plötzlich entdeckte er ein Treibnetz, das langsam und lautlos durchs Wasser glitt. Zuerst wußte er nicht, was es war. Vielleicht ein paar Algenbüschel, die sich von ihrem Halt an den Senksteinen gelöst hatten? Dann erkannte er das Netz, das sich losgerissen hatte. Tote Fische und eine Tauchente hingen darin.
    Es war, als betrachtete er ein Bild der Freiheit. Das Treibnetz war die Freiheit. Ein Gefängnis, das sich losgerissen hatte mit einigen seiner toten Gefangenen, die noch im Gitter der Netzmaschen hängengeblieben waren.
    Die Freiheit ist immer auf der Flucht, dachte er. Mit dem Blick folgte er dem Treibnetz, bis es verschwunden war. Dann wendete er sich Leutnant Jakobsson zu, der jetzt neben ihm stand.
    »Die Freiheit ist immer auf der Flucht«, sagte er.
    Leutnant Jakobsson sah ihn fragend an. »Wie bitte?«
    »Es war nichts. Nur eine Verszeile, glaube ich. Vielleicht von Rydberg? Oder von Fröding?«
    Leutnant Jakobsson schlug die Hacken zusammen und salutierte. »Das Frühstück wird in der Messe serviert. Wer an den Platz auf einem Panzerschiff gewöhnt ist, muß sich daran gewöhnen, daß es auf einem Kanonenboot bedeutend enger zugeht. Keine großen Gesten. Man kann laut reden, aber nicht mit den Armen fuchteln.«
    Nachdem er sein versalzenes Omelett zum Frühstück gegessen hatte, war es Viertel nach acht. Zwei graugestrichene Barkassen, jede sieben Meter lang, wurden vom Schiff hinuntergelassen. Marineingenieur Welander führte in dem einen Boot das Kommando, während er selbst für das andere verantwortlich war. In jedem Boot saßen drei Ruderer und ein Matrose, der die Senkleinen bediente.
    Sie loteten entlang einer Linie, die sich südsüdwestlich des Leuchtturms von Sandsänkan erstreckte. Lars Tobiasson-Svartman wollte herausfinden, ob es für Schiffe mit größerem Tiefgang möglich wäre, genau hier in den inneren Schären zu passieren, im Schutz der Felseninseln und der äußeren Schären.
    Lotleinen wurden hinabgelassen und hochgeholt, die Tiefen wurden bestimmt und mit früheren Angaben kalibriert. Lars Tobiasson-Svartman überwachte die Arbeit und gab Anweisungen, wenn es nötig war. Er ließ auch selbst das Messinglot ins Wasser gleiten. Die Ergebnisse wurden in einem Tagebuch notiert.
    Das Meer war still. Es ruhte ein eigentümlicher Friede über den Booten, den Lotleinen, die hinabgelassen und hochgeholt wurden, den Zahlen, die ausgerufen, wiederholt und dann verzeichnet wurden. Die Ruderer bewegten die Ruder so leise, wie sie nur konnten. Alle Geräusche prallten an der Oberfläche ab.
    An Bord der Blenda rauchte Leutnant Jakobsson Pfeife und sprach in allen Einzelheiten mit einem Heizer über ein leckes Kühlrohr. Das Gespräch war freundlich, wie ein gutmütiger Plausch auf einem Kirchhof.
    Lars Tobiasson-Svartman kniff die Augen in der Sonne zusammen und bestimmte die Entfernung zur Blenda auf 65 Meter.
    Langsam bewegten sie sich nach Westen. Die beiden Barkassen wurden mit gleichmäßigen, langsamen Schlägen auf parallelem Kurs gerudert, mit einem Abstand von fünf Metern.
    Kurz nach elf am Vormittag fanden sie eine Tiefe, die nicht mit der Seekarte

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