Tiefe
Chaos. Bei einem Volksauflauf auf Bygdöy verlieren sie einander, gleich darauf sieht er sie mit einem anderen Mann. Er versucht, den Mann von ihr wegzureißen, aber der Mann ist tot und befindet sich in Verwesung, der Gestank ist fürchterlich. Dann ist plötzlich alles wieder am Ausgangspunkt. Sie spazieren den Karl-Johan-Boulevard entlang, sie bleiben am Eingang des Restaurants Blom stehen und studieren den Speisezettel, sie sprechen über alltägliche Dinge, sie drückt seinen Arm, und dann wird das Bild ganz weiß, konturlos, ohne Inhalt oder Bedeutung.
Als er aufwachte, versuchte er den Traum zu deuten. Er hatte ihn mit einer weißen Oberfläche enden lassen. Er selbst hatte Kristina ausgelöscht.
Die Taschenuhr zeigte drei Minuten vor fünf. Immer noch keine Morgendämmerung. Er lag mit offenen Augen da, und in der Dunkelheit - im Gegenteil zur weißen Fläche des Traums - entschloß er sich, am Morgen nach Halsskär zu rudern.
Er mußte es tun. Ganz einfach so, nichts anderes. Er hatte keine Wahl. Die Wache ging mit langsamen Schritten übers Deck.
Lars Tobiasson-Svartman streckte die Hand aus und berührte das Lot, das neben seiner Koje auf dem Boden lag. Das Meer war in Nebel gehüllt, als er nach Halsskär ruderte. Ungefähr auf halbem Weg war die Blenda zu einem dunklen Schatten in all dem Weißen verschwommen.
Er dachte, daß die weiße Oberfläche, von der er geträumt hatte, ein Vorbote des Nebels gewesen sein könnte. Plötzlich schnellte ein Fisch neben dem Boot über die Wasseroberfläche. Hechte springen oft, dachte er. Aber gab es sie wirklich so weit draußen im Meer?
Er ruhte auf den Rudern und lauschte. Der Nebel verstärkte die Geräusche von dem unsichtbaren Schiff. Ein paar Matrosen hatten den Auftrag erhalten, Rost abzuschlagen. Die Schläge von Meißeln und Hämmern prallten durch den Nebel und erreichten seine Ohren. Es bestand keine Gefahr, daß er sich verirrte, er konnte sich an den Geräuschen orientieren. Er zählte die Ruderschläge, und als er sich umdrehte, war er nahe an Land. Er legte an wie zuvor, nachdem er überlegt hatte, ob er in die Bucht weiterrudern sollte, in der die Segeljolle lag. Das würde ihm eine mühsame Kletterpartie über die glatten Klippen ersparen. Aber die Bucht gehörte ihm nicht, er wollte sich nicht aufdrängen.
Er tastete sich über die Klippen zu dem schützenden Naturhafen vor und betrachtete die Jolle. Sie lag an derselben Stelle, aber das Rahsegel war nicht aufgetucht, es bewegte sich langsam im schwachen Wind. Die Netze hingen da wie zuvor, aber als er näher kam, nahm er den Geruch von Fisch wahr. Es lagen Abfälle von Dorsch und Schollen im Wasser neben dem Boot. Es wunderte ihn, daß die Möwen noch nicht dagewesen waren und saubergemacht hatten. Er setzte seinen Weg über die Klippen fort, rutschte aus und schnitt sich an einem scharfkantigen Stein. In einer Tasche hatte er ein Taschentuch, in das Kristina Tacker seine Initialen gestickt hatte. Er preßte es gegen die Hand, bis das Blut gerann.
Die Tür in dem grauen Häuschen war geschlossen. Rauch stieg aus dem Kamin auf. Im Schutz einiger Steinblöcke ließ er sich nieder und ließ den Feldstecher über das Haus, die Tür, die Wände, das Fenster schwenken. Das einzige, was lebte, war der Rauch. Plötzlich kam eine schwarze Katze mit weißer Schnauze um eine Ecke des Häuschens. Sie blieb stehen und schaute in seine Richtung, eine Vorderpfote erhoben. Er hielt den Atem an. Die Katze lief weiter und verschwand hinter ein paar Büschen. Die Tür ging auf. Sara Fredrika kam heraus. Sie hob ihren Rock und hockte sich hin. Ihre weißen Beine waren zu sehen. Einen Augenblick zögerte er, dann richtete er den Feldstecher auf sie. Gerade als sie sich aufrichtete, sah sie direkt in seine Augen. Mit einem Ruck setzte er den Feldstecher ab und schloß die Augen. Sie folgte dem Pfad hinunter in die Bucht, wo die Jolle lag, bog um einen Klippenabsatz und war weg.
Er stand auf und lief schnell hinauf auf den Berg, von wo aus er Einblick in die Bucht hatte. Es knackte von einem Ruder, dann hörte man Dollen quietschen, und er sah das Boot vom Land wegschießen. Sie auf der Ducht lagen. Sie verließ die Bucht, bog aber nicht zur Außenseite der Schäre ab. Statt dessen ruderte sie auf die inneren Schären zu, wo die nächste Landmarke ein paar Felseninseln waren, die über der Wasserlinie aufragten.
Sie warf die Kork-Schwimmer über Bord und ließ das Netz hinab, während die Jolle mit mäßiger
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