Tiefe
zurückkommen würde.
Er schaute sie an, wie er den verrotzten Matrosen angesehen hatte. Er hätte sie schlagen mögen. Rasch rückte er den Hocker zurück, um zu vermeiden, daß es geschah. sehen. Wenn es Katzen mit einem Schimmer von Blau im Fell gibt.«
»Hier gibt es keine Tiere.«
»Nicht einmal eine Katze?«
»Ich hätte gern einen Hund gehabt, der hinausschwimmt und die Vögel holt, die ich abgeschossen habe.«
»Ich dachte, ich hätte eine Katze gesehen.«
»Es gibt keine Katze. Ich weiß, was es auf der Schäre gibt. Zwei Kreuzottern gibt es hier, ein Männchen und ein Weibchen. Im Frühjahr schlage ich die Jungen tot. Vielleicht sollte ich einige überleben lassen, damit es nicht ganz schlangenleer wird, wenn sich die alten plötzlich entschließen zu sterben oder ein Adler sie sich schnappt. Einen Fuchs hat es auch einmal gegeben.«
Sie deutete auf ein Fell, das auf der Bank lag.
»Ist er hierhergeschwommen?«
»Manchmal sind die Winter so kalt und lang, daß es bis hier draußen friert und noch weiter, bis zu den äußersten Heringsgründen. Da kam der Fuchs. Als das Eis brach, blieb er da. Ich habe ihn durch die Tür erschossen, als er nach etwas zu fressen suchte. Er hatte Tang und Steinscherben im Magen. Ich glaube, er wurde verrückt und begann Steine zu kauen, um davonzukommen. Es ist bestimmt schwieriger für einen Fuchs als für einen Menschen, allein zu sein. Aber es ist vielleicht leichter für die Tiere, sich ums Leben zu bringen.«
»Warum?« fragte er erstaunt.
»Sie haben keinen Gott zu fürchten. Wie ich.«
Er hoffte, sie würde anfangen, von sich selbst zu erzählen. Die Schlangen und Füchse interessierten ihn nicht.
Aber sie fuhr fort, von den Tieren zu sprechen. »Draußen auf den Schären nordöstlich von Sandsänkan kriechen manchmal Robben an Land, hier draußen die einzige ist, auf der es nicht einmal Ameisen gibt. Warum, weiß ich nicht.«
»Ich habe kein Gewehr gesehen«, sagte er. »Aber Sie haben einen Fuchs geschossen?«
Sie machte eine Geste zu dem Bett hin, auf dem sie saß. »Eine Flinte habe ich. Und Rutscheisen für die Stiefel. Es gibt auch eine Robbenkeule. Die hat mein Vater geschnitzt. Er wurde 1851 geboren, und er starb, als ich klein war. Es gibt kein Bild von ihm, nichts. In den 90er Jahren fuhr ein Photograph aus Norrköping draußen auf den Inseln herum. Aber mein Vater wollte sich nicht photographieren lassen. Er lief weg und versteckte sich in einer Felskluft. Einige von den alten Männern hier draußen glaubten, sie würden die Fähigkeit verlieren, Seevögel abzuschießen, wenn sie sich photographieren ließen. Es gab viel Aberglauben in den Schären, als ich klein war. Er hat mir nur diese Robbenkeule hinterlassen. Eine Keule mit eingetrocknetem Robbenblut statt eines Gesichts.«
Vorsichtig versuchte er eine Antwort auf das zu bekommen, was er eigentlich wissen wollte. »Gibt es noch andere Menschen hier auf der Schäre?«
»Nicht mehr. Es gab welche.«
»Das ist schwer zu verstehen.«
»Was zu verstehen ? Daß jemand zurückbleibt. Ich bin geblieben. Aber nach mir wird hier niemand mehr sein. Wenn ich die Schäre verlasse, wird sie wieder so werden, wie sie vorher war. Die Schlangen werden ihre Ruhe haben. Vielleicht vermehren sie sich so, daß keine Menschen mehr hier an Land zu gehen wagen. Vor langer Zeit kamen Leute hier angerudert. Sie benutzten ihre Rippen als Ruder. Jetzt sind alle fort. Sogar die Steine, die von den Stränden heraufgetragen wurden, um als Ecksteine unter die Bodenstämme der Häuser gelegt zu werden, verschwinden allmählich. Ich gehe hinaus und sehe sie an. Es ist, wie zu versuchen, sehen, daß sich das Land wirklich erhebt. So ist es auch mit den Steinen, die sie hierhergeschleppt haben, sie waren die ersten, die vor Hunderten von Jahren hierherkamen. Jetzt sind die Steine langsam wieder auf dem Weg zurück, zu den Plätzen, von denen sie geholt wurden.«
Er hörte ihr verwundert zu. Rippen als Ruder? Steine, die wandern? Was meinte sie?
»Ich bin an Menschen nicht gewöhnt«, sagte sie. »Nicht, seit ich allein zurückgeblieben bin.«
»Warum wohnen Sie allein hier?«
»Gibt es mehr als eine Antwort?«
»Entweder Sie haben es gewählt. Oder Sie haben es nicht getan.«
»Wer würde die Einsamkeit wählen?«
»Es gibt Menschen, die das tun. Man kann sich in einem Haus einschließen, aber auch auf einer Insel, wo das Meer wie ein erschreckender Wallgraben ist.«
»Das verstehe ich nicht. Ich bin
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