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Tiefe

Tiefe

Titel: Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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habe es schon wieder vergessen«, antwortete sie.
    Er nahm eine Andeutung von Besorgnis in ihrer Stimme wahr, kaum merkbar, aber doch vorhanden.
    Das Licht der Leuchttürme messen.
    Vielleicht war er zu weit gegangen? Glaubte sie ihm nicht? Gab es da einen ersten vagen Verdacht?
    Sie schlug die Augen nieder und strich mit den Händen über ihren Bauch. »Wann fährst du ab?« fragte sie.
    »Es ist noch nicht entschieden. Aber der Beschluß kann kurzfristig fallen.«
    »Ich will, daß du zu Hause bist, wenn das Kind kommt.«
    »Natürlich hoffe ich, daß der Auftrag dann beendet ist. Oder daß er noch nicht angefangen hat. Aber ich werde nachdrücklich protestieren, falls man mich auf die Reise schicken will, wenn die Geburt kurz bevorsteht.«
    Er stand auf und ging hinaus auf den Balkon.
    Er überlegte, wo Marineingenieur Welander seine Wohnung hatte.
    Zwei Tage später hatte er herausgefunden, daß Marineingenieur Welander auf Kungsholmen wohnte. Als er sein Rücktrittsgesuch auf Skeppsholmen abgeliefert hatte, nahm er die Gelegenheit wahr, die Personalabteilung zu besuchen. Dort gab man ihm die Auskunft, daß Welander sich derzeit nicht an Bord eines Schiffes befand.
    Es wurde zu seinem neuen Auftrag, die Tage vor dem Haus zu verbringen, in dem Welander wohnte.
    Es dauerte vier Tage, bis Welander sich zeigte. Zusammen mit einer Frau und einem etwa vierzehnjährigen Mädchen trat er aus dem Haus. Lars Tobiasson-Svartman erinnerte sich vage, daß es eine Tochter und drei Söhne in der Familie gab. Er folgte ihnen die Hantverkargata entlang. Auf Kungsholms Torg betraten sie ein Modegeschäft, und als sie wieder herauskamen, trugen die Frau und die Tochter Päckchen.
    Früher oder später würde Welander allein sein, dachte er. Dann würde er sich ihm gegenüberstellen. Aus der Entfernung betrachtete er Welanders Gesicht. Blässe und Aufgedunsenheit waren verschwunden. Welander hatte es tatsächlich geschafft, von seinem Alkoholmißbrauch loszukommen.
    Die Frau war klein und dünn. Sie blickte ihren Mann oft mit inniger Zuneigung an.
    Die Tage vergingen.
    Er wartete, stellte sich die Geduld eines Raubtiers vor. Die Gelegenheit kam eines Abends, nachdem er Welander eine Woche lang beobachtet hatte. Der Marineingenieur trat allein aus dem Haus, es regnete, er begann in Richtung Zentrum zu gehen. Er ging schnell, den Blick hielt er fest auf die Pflastersteine gerichtet. Dann bog er auf einen kleinen Pfad ab, der sich dicht neben dem schwarzen Wasser des Riddar-fjärden dahinschlängelte. Der Pfad schien verlassen.
    Lars Tobiasson-Svartman schlang einen Schal um den unteren Teil des Gesichts. In der Tasche hatte er einen Hammer, dessen Kopf mit einer alten Socke überzogen war. Er holte den Hammer heraus und folgte Welander auf dem Pfad. Doch er traute sich nicht zuzuschlagen, sondern machte kehrt und lief davon. Er fürchtete, daß Welander ihm folgen würde, aber hinter ihm auf dem Pfad war es still. Er stopfte den Schal und den Hammer in die Manteltaschen und zwang sich, langsam zu gehen. Als er in der Wallingata ankam, fühlte er seinen Puls. Erst als er auf 65 abgesunken war, ging er hinauf in die Wohnung.
    Er verließ weiterhin morgens die Wohnung. Zu Kristina Tacker sagte er, er gehe zu seiner geheimen Behörde. Die Tage verbrachte er in Museen und Cafes. Langsam versöhnte er sich damit, daß er sich nicht an Welander herangetraut hatte. Die Wut war noch da, aber er wußte nicht, auf welches Ziel er sie richten sollte.
    So vergingen einige Wochen. Kristina Tackers Bauch wurde immer dicker.
    Erst wurde er es leid, die Museen zu besuchen, dann die Cafes. Statt dessen machte er endlose Spaziergänge. Wenn die sommerliche Abenddämmerung anbrach, stellte er sich die Leuchttürme vor, die noch nicht wegen des Kriegs abgeschaltet waren. Er sah vor sich das Licht, das aufs Meer geworfen wurde. Bald würde er anfangen müssen, es zu messen. Es war an der Zeit, sich selbst den Befehl zum Aufbruch zu geben.
    Er dachte an Sara Fredrika und an die Schäre draußen am offenen Meer.
    Das Meer ist still, dachte er. Ausnahmsweise ist das Meer um mich herum ganz still.
    eines Abends entdeckte er, daß er sich vor dem Haus befand, in dem Ludwig Tacker wohnte, dem Haus, in dem die verhaßten Weihnachtsessen stattfanden.
    Ihm kam der Gedanke, daß der Schwiegervater regelmäßig einen Abendspaziergang machte.
    Ludwig Tacker hatte einmal an einer Reise ins britische Generalprotektorat im Innern Afrikas teilgenommen, das von dem

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