Tiefe
Alleinherrscher Cecil Rhodes regiert wurde. Er hatte seiner Familie unermüdlich von der langen Reise erzählt, die ihn via Göteborg, Hull und Kapstadt in das ferne Lusaka geführt hatte und dann mit Eisenbahn und Pferd weiter nach Norden zu den Kupfervorkommen bei Broken Hill. Er hatte noch nie etwas dergleichen gesehen, die Kupferadern lagen offen an der Erdoberfläche, man mußte sich nur bücken, um das kostbare Erz zu gewinnen. Der Grund für diese Reise war, daß Ludwig Tacker in die Mineralwirtschaft investieren wollte. Aber Rhodes hatte Geld genug gehabt, er wollte keine anderen in seinen Bergbau einbeziehen. Alles war im Sande verlaufen. Doch Ludwig Tackers Interesse am Bergbau hatte Bestand. Deshalb traf er sich einmal in der Woche mit einigen gleichaltrigen Männern, die sein Interesse für Mineralien teilten.
Sie versammelten sich bei einem Bergrat vom Handelskollegium, der am Järntorget in der Gamla Stan wohnte.
Als Lars Tobiasson-Svartman an diesem Abend heimging, erkannte er, daß er seinem Zorn vielleicht doch noch freien Lauf lassen könnte.
Eine Woche später folgte er seinem Schwiegervater durch die Straßen zur Wohnung des Bergrats. Er hatte keine bestimmte Absicht, er wollte nur kartieren, welche Strecken Ludwig Tacker benutzte.
Er versteckte sich in den Schatten, es war ein warmer Abend, er wartete vier Stunden in der Dunkelheit, bis Ludwig Tacker in Gesellschaft von zwei Männern nach Hause ging. Der eine strauchelte hin und wieder, sie lachten, blieben manchmal stehen und gingen dann unter lebhaften Gesprächen weiter.
In dieser Nacht, nachdem seine Frau sich hingelegt hatte, saß er in seinem Arbeitszimmer und machte einen Plan. Auf dem Tisch lagen der Hammer und der dunkle Schal. Er war ganz ruhig.
Es war, als würde er eine seiner Expeditionen vorbereiten.
Er merkte nicht, daß seine Frau zweimal in der halboffenen Tür stand und ihn betrachtete.
Der Abend war windig, vereinzelte Regenschauer zogen vorüber.
Er hatte den Schal und den Hammer mit dem Sockenkopf in seinen Mantel gesteckt. Als Ludwig Tacker aus der Haustür trat, eilte Lars Tobiasson-Svartman los, um ihm an einer Stelle den Weg abzuschneiden, wo es sehr dunkel und meist ganz menschenleer war. Er versteckte sich in den Schatten an der Hauswand. Sein Schwiegervater ging so nah an ihm vorbei, daß er den Geruch seiner Zigarre wahrnahm. Sein Spazierstock schlug gegen die Pflastersteine. Lars Tobiasson-Svartman band sich den Schal vors Gesicht und griff nach dem Hammer. Sieben, acht Schritte, nicht mehr, dann hätte er ihn eingeholt.
Ludwig Tacker drehte sich rasch um und hob zugleich seinen Stock. »Wer sind Sie?« schrie er. »Was wollen Sie?«
Der Schreck überwältigte Lars Tobiasson-Svartman. Er war im Begriff zu versinken. Um sich zu schlagen war die einzige Möglichkeit, wieder an die Oberfläche zu kommen. Ludwig Tacker wehrte sich mit einem Brüllen, schlug mit dem Stock, während er versuchte, den Schal abzureißen, der Lars Tobiasson-Svartmans Gesicht verhüllte. Ludwig Tacker war stark. Er zog und zerrte, und der Schal war halb heruntergerissen, als der Hammer ihn an der Nase traf. Es knirschte. Ludwig Tacker sackte zusammen.
Lars Tobiasson-Svartman lief weg. Er warf den Hammer in den Nybroviken, nachdem er den Schal am Schaft festgebunden hatte.
Die ganze Zeit fürchtete er, daß jemand ihn fassen würde.
Aber niemand kam. Er war mit seiner Angst allein.
Lange stand er vor dem Haus in der Wallingata. Noch nie in seinem Leben hatte er einen solchen Schrecken erlebt.
Ludwig Tacker hätte ihn um ein Haar entlarvt. Alles wäre zu Scherben zerfallen.
Schließlich öffnete er die Haustür und ging die Treppen zur Wohnung hinauf.
Kristina Tacker schlief. Er horchte an ihrer Tür.
Er setzte sich in das warme Zimmer und hoffte, daß Ludwig Tacker tot sein möge.
Der Überfall auf Ludwig Tacker hatte Aufsehen erregt. Die Neuigkeit wurde in den Zeitungen groß herausgebracht. Alle waren sich einig, daß es sich bei dem Täter um einen Verrückten handelte.
Aber sein Schwiegervater starb nicht. Er hatte einen Bruch des Kiefers erlitten, die Nase war ebenfalls gebrochen, und er hatte sich ein tiefes Loch in die Zunge gebissen. Die behandelnden Ärzte stellten auch eine Gehirnerschütterung fest.
Es war Abend. Kristina Tacker hatte ihren Vater besucht. Lars Tobiasson-Svartman saß in seinem Arbeitszimmer und studierte eine meteorologische Zeitschrift, als sie ins Zimmer trat.
»Ich will dich nicht stören«,
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