Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)
Küche.
Bess wandte sich Nick zu. Heute Abend trug er weder Kappe noch Bandana. Seine Haare fielen ihm leicht ins Gesicht. Bess wollte am liebsten mit beiden Händen hindurchfahren.
„Nick! Komm spielen.“ Missy war aufgetaucht, ohne Ryan, und zog Nick auf die andere Seite des Zimmers, wo ein paar Typen und Mädels in einem kleinen Kreis zusammensaßen. „Tat oder Wahrheit. Los, komm.“
„Du auch.“ Nick packte Bess’ Hand und zog sie mit sich.
Die anderen machten Platz, damit sie sich ebenfalls in den Kreis setzen konnten. Bess’ Sicht war schon angenehm getrübt, aber die Wärme in ihrem Magen kam definitiv von Nicks Fingern, die mit ihren verschränkt waren, und nicht vom Alkohol. Er ließ ihre Hand auch nicht los, als sie schon saßen und jemand ihm einen Plastikbecher mit Bier reichte. Dann drückte er ihre Hand einmal, zweimal und ließ sie los, aber sie saßen so, dass ihre Hüften und Oberschenkel sich berührten, was beinahe so gut war, wie seine Hand zu halten. Das Spiel hatte schon angefangen. Jemand drehte an der leeren Flasche.
„Wir spielen Tat oder Wahrheit als Flaschendrehen“, flüsterte Nick an ihrem Ohr. „Wenn die Flasche auf dich zeigt, musst du dich für eins von beiden entscheiden.“
Bess nickte, ein wenig enttäuscht, dass es nicht einfach nur Flaschendrehen war. Als sie an der Reihe war, entschied sie sich für Wahrheit und musste vor allen erzählen, wie alt sie war, als sie ihre Jungfräulichkeit verloren hatte. Achtzehn, eine einfache Antwort. Als sie die Flasche drehte, landete sie auf Missy, die Tat wählte. Auch wenn es keine große Herausforderung für Missy war, forderte Bess sie auf, ihre Brüste zu zeigen, was Missy schon tat, noch bevor Bess den Satz ganz zu Ende gesprochen hatte. Das Spiel wurde wüster und wilder, wie es solche Spiele meistens taten. Jemand forderte ein Mädchen namens Jenny heraus, Bess auf den Mund zu küssen, was sie unter allgemeinem Gejohle auch tat.
Danach entschuldigte Bess sich lachend damit, dass sie zur Toilette müsse und sich einen neuen Drink holen – allerdings dieses Mal etwas ohne Schuss, wie sie sich innerlich schwor. Sie war nicht betrunken und wollte es auch nicht werden. Trotzdem überfiel sie ein leichtes Schwindelgefühl, als sie sich ihre Hände wusch.
Warum hatte sie sich so viele Gedanken gemacht, ob sie zu Nicks Party gehen sollte? Es war doch einfach nur ein großer Spaß, mehr nicht. Einfach Spaß. Andy ging auch aus und hatte Spaß. Viel Spaß. Warum sollte sie nicht auch weggehen? Es war Sommer, um Himmels willen. Verdiente sie nicht auch ein wenig …
„Spaß“, sagte Bess zu ihrem Spiegelbild.
Sie war doch ein wenig betrunkener, als sie gedacht hatte. So in der Art. Bei diesem Gedanken musste sie lachen.
Als sie aus dem Bad kam, hatten die Leute, die mit der Geisterwelt herumgespielt hatten, sich dem anderen Kreis angeschlossen. Bess stand eine Minute in der Tür und beobachtete die Runde, doch anstatt an ihren Platz zurückzukehren setzte sie sich in die Nähe des verlassenen Ouija-Bords.
„Hast du das mal probiert?“, fragte ein Mädchen mit langen schwarzen Haaren, die sie zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden hatte, von ihrem Platz auf der Couch. „Das Ouija-Bord, meine ich.“
„Nein. Du?“
Das Mädchen schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Hey, Alicia.“ Nick winkte dem Mädchen, und sie winkte zurück. Er setzte sich auf den Wohnzimmertisch. „Komm, wir versuchen es mal zusammen, Bess.“
„Oh, ich weiß nicht.“ Bess saß bereits, also stellte sie ihr Getränk ab und legte ihre Finger auf die Plastik-Planchette.
Nick tat es ihr gleich. Ihre Fingerspitzen berührten sich. Bess leckte sich über die Unterlippe, als sie den kleinen Stromschlag spürte. Das hatte sie sich nur eingebildet, oder? Im echten Leben versetzten Menschen sich keine Stromschläge. Oder etwa doch?
„Weißt du, wie man das macht?“, fragte sie Nick.
„Nö.“ Er grinste sie an und beugte sich ein wenig vor, um das Brett zu betrachten. „Ist da jemand?“
„Muss man dafür nicht an einem ruhigen Ort sein, oder eine Kerze anzünden oder so?“ Auch Alicia beugte sich nun vor.
„Vorhin haben es auch ein paar Leute hier gemacht.“ Bess blinzelte und hob ihre Finger für eine Sekunde an, bevor sie wieder das Plättchen berührte. Definitiv ein Kribbeln.
„Stell ihm mal eine Frage“, sagte Nick.
„Ist irgendjemand da?“, fragte Bess.
Die Planchette glitt zu JA.
„Heilige Scheiße, das ist gruselig.“
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