Tiefschlag
doch gewußt haben.»
Ben zog den Telefonstecker heraus und drehte den Apparat um. Er schraubte die Bodenplatte ab und öffnete sie. Was da herausfiel, sah aus wie der Finger eines Affen.
Er hob es auf, um es sich aus der Nähe anzusehen, und dann ließ er es wieder fallen und fummelte mit einem Bleistift daran herum, schob es über den Schreibtisch, drehte es um, damit er es von allen Seiten betrachten konnte. Schließlich legte er den Bleistift fort und starrte das Ding an. Das Ding, das aus dem Telefon gefallen war. Er kratzte sich am Kopf. Er stand auf und ging um den Schreibtisch. Er setzte sich wieder, und es lag immer noch da.
Fast eine ganze Stunde saß Ben mit dem Ding vor sich da. Er dachte nach. Gar nicht so leicht, auch wenn’s manchen Leuten leichter fiel als anderen. In Bens Familie hatte es noch nie Denkkünstler gegeben. Aber sie konnten es schon, wenn sie unbedingt mußten. Ben tat es jetzt, saß einfach da und tat’s. Dachte und dachte, bis er eine Antwort gefunden hatte.
Er ging ins Schlafzimmer und setzte sich neben Gogs Bett. Er hatte das Ding in einem Handtuch dabei, und jetzt wickelte er es aus und legte es auf Gogs Brust. «Gog», sagte er, «diesen eingeschrumpelten Schwanz mit den Eiern dran hab ich im Telefon gefunden.»
Keine Reaktion.
«Es war mit Klebepapps innen drin befestigt, nur, das Klebepapps muß wohl trocken geworden sein, und der Schwanz mit den Eiern dran hat sich gelöst, und jedesmal wenn ich den Hörer abgenommen hab, konnte ich dieses Ding da drinnen herumklappern hören.
Heute morgen dachte ich mir, wirf doch einfach mal einen Blick ins Telefon, und als ich’s dann aufgemacht hab, da ist dieses Ding rausgefallen, das ich für einen Affenfinger gehalten hab. Aber dann bin ich dahintergekommen, daß es überhaupt kein Affenfinger war, nachdem ich’s mir gründlich angesehen hab. Was schon verdammt schade ist, denn wenn’s ein Affenfinger gewesen wär, dann hätte ich dir vielleicht keine Vorwürfe gemacht.»
Gog zuckte mit keiner Wimper. Wäre er noch am Leben, dann hätte er sich inzwischen längst verraten. Natürlich hätte er alles abgestritten, würde sagen, noch nie in seinem ganzen Leben hätte er einen verschrumpelten Schwanz mit Eiern dran gesehen, und hielt Ben ihn vielleicht für blöd oder was, daß er einen Schwanz mit Eiern dran in ein Telefon stecken würde. Aber er war nicht am Leben, deshalb war’s schon ziemlich gut nachvollziehbar, daß er nicht protestierte.
«Und die letzten paar Tage», sagte Ben, «hast du dich ganz komisch aufgeführt, und eins von den Sachen, die du so gemacht hast, eins davon war, dauernd das Telefon zu schütteln. Als ich mich dann also hingesetzt hab, um über diesen Schwanz mit den Eiern dran im Telefon nachzudenken, da ist mir immer wieder dieses Bild in den Kopf gekommen, wie du das Telefon schüttelst.» Er seufzte, streckte eine Hand aus und berührte Gogs kalte Stirn. «Und am Ende hab ich dann zwei und zwei zusammengezählt, Gog. Und es ist unmöglich, daß es ein anderer als du gewesen sein kann. Allerdings sind da noch ein paar Fragen, wo ich mir mit den Antworten nicht so ganz sicher bin.
Die erste Frage lautet: Wieso hat du mit Klebepapps einen verschrumpelten Schwanz mit Eiern dran ins Telefon gesteckt? Und die zweite Frage lautet, tja, ich schätze, das sind eigentlich gleich zwei Fragen. Wem gehören die, und woher hast du sie?»
Gog dachte gar nicht daran, diese Frage zu beantworten. Was Ben blieb, und das wußte er, noch bevor er seine Fragen stellte, war ein Rätsel.
Er verbrachte weitere Zeit bei der Leiche seines Bruders. Dachte über das Rätsel nach. Aber er wurde einfach nicht schlau draus. Am Schluß beschloß er, die Bombe zu bauen.
«Wir können das zusammen machen», sagte er, als er die weißen Ammoniumnitratkristalle auf die Waage legte. «Wir basteln für Sam Turner ein kleines Päckchen und deponieren es in seinem Haus. Aber ganz langsam und vorsichtig mit dem Zeug, es ist sehr instabil.» Er legte es auf eine Seite. «Jetzt brauchen wir ungefähr zwölf Prozent Aktivkohlepulver.» Er schüttelte einen kleinen Berg des feinen schwarzen Pulvers auf die Waage.
«Gut. Jetzt vermischen wir beides sehr, sehr vorsichtig. Ungefähr so. Und füllen beides in einen Behälter.» Der Behälter war eine Ovomaltine-Dose in Familiengröße. «Ja.» Ben sah zu Gog hinüber und lachte. «Ein großer Behälter.»
Ben drückte den Deckel auf die Ovomaltine-Dose und legte die Dose in eine
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