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Tier zuliebe

Titel: Tier zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Klaus
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Pescetarier wohl eher nicht, aber es gibt schließlich immer irgendwen, der einen nicht mag. Mir Fisch zu erlauben, schien mein Leben am wenigsten zu beeinträchtigen: Ich würde weiterhin tolle Abendessen schmeißen und die Gäste mit Loup de Mer beeindrucken können. Und bei einer Essenseinladung von Bekannten bringt ein Satz wie: »Eine klitzekleine Information am Rande, nur für alle Fälle: Ich esse kein Fleisch, dafür aber selbstverständlich Fisch!« auch keinen Gastgeber in Nöte. Doch je länger ich mich mit der Thematik beschäftige, umso klarer wird mir: Wenn ich mich über eine »Zwei-Klassen-Behandlung« von Tieren ärgere und meine These ist, dass es nicht darauf ankommt, wie intelligent ein Tier ist oder wie groß, dann kann das nur heißen: kein Fleisch, kein Fisch, kein sonstiges Getier.
    Das wird die Dinge allerdings etwas komplizierter machen als ursprünglich gedacht. Ich muss mir frische Motivation aus einem der Standardwerke zum Thema holen – Vegetarismus von Claus Leitzmann. Das Nichtessen von Fleisch UND Fisch soll eine gewisse »geistige Leichtigkeit« bringen, lese ich hier. Erhöhte Kreativität, Konzentrationsfähigkeit und geistige Ausdauer könnten die Folge von fleischloser Ernährung sein. Klingt toll! Es heißt, dass Vegetarier sich auch deshalb »seelisch erleichtert« fühlen, weil sie nicht für das Töten von Tieren verantwortlich sind – auch wenn man nur indirekt tötet. So soll Franz Kafka beim Betrachten von Fischen im Aquarium gesagt haben: »Nun kann ich euch in Frieden betrachten; ich esse euch nicht mehr.«
    Ich kann das gut nachvollziehen. Ich habe einen kleinen Teich im Garten. Seit Monaten beobachte ich zwei der ursprünglich drei Goldfische, die ich irgendwann mal da rein- gesetzt habe – der dritte wurde wohl von Vögeln rausgeholt. Wenn man die beiden übrig gebliebenen Fische in dem trüben Wasser ausnahmsweise mal sieht, dann stets einträchtig zusammen. Sie drehen gemächlich ihre Runden, einer gefolgt vom anderen – obwohl in dem Teich doch wirklich Platz genug wäre, dass es sich einer auf der rechten Seite und der andere auf der linken gemütlich macht … Sind die beiden ein Paar? »Schwarmverhalten« habe ich mal gehört, das klingt nüchtern. Meine Interpretation ist romantischer – aber sei’s drum: Das Bild der beiden musste ich nun schon seit Monaten verdrängen, wann immer ich einen Fisch in den Ofen schob. Insofern wird es für mich in der Tat eine geistige und seelische Erleichterung sein, wenn ich das künftig einfach nicht mehr tue.
    Ich erinnere mich auch an eine unschöne Situation auf dem Baden-Badener Forellenhof, der in den 60er Jahren Kulisse für eine der ersten Serien im deutschen Fernsehen war: »Der Forellenhof«. Heute ist dort nicht nur ein Hotel untergebracht, sondern auch eine Forellenzucht mit kleinem Hofladen. Ich wollte dort Forellen besorgen. Nachdem ich mein »Zwei Forellen, bitte« ausgesprochen hatte, verließ die Verkäuferin den Verkaufsraum mit den Worten: »Sofort – ich hole sie von draußen. Die sind nämlich ganz frisch!« Ich geriet innerlich in Panik. Würden nun nur meinetwegen jetzt zwei nichtsahnende Forellen aus dem Teich gefischt und gemordet werden? Sollte ich (und nur ich!) für ihren Tod verantwortlich sein? – nur weil ICH sie essen wollte? Wissend, dass die Situation wohl ein wenig grotesk sein würde, warf ich meinem Freund die Einkaufstasche zu und eilte der Verkäuferin hinterher, um sie aufzuhalten. Doch die Frau war schon auf dem Rückweg mit den beiden Forellen. Meinen Blick auf die toten Tiere in ihrer Hand gerichtet, fragte ich kleinlaut: »Haben Sie die jetzt meinetwegen …?« Die Verkäuferin winkte ab: »Nee, nee, wir haben vor der Mittagspause noch ein paar rausgefischt. Es war also nicht Ihretwegen!« Das machte es ein bisschen besser. Aber nur ein bisschen.
    In südlichen Ländern ist so eine Situation ja alltäglich: ein Aquarium im Restaurant, aus dem sich der Gast sein Prachtexemplar fürs Abendessen aussuchen kann. Auch das habe ich nie übers Herz gebracht, es hatte für mich was Barbarisches. Wenn ich es mir jetzt so überlege, bin ich im Geiste schon immer Vegetarier! Nur mein Bauch wusste davon lange nichts.
    Und mein Freund, der gerade in Südamerika auf 6000er klettert, weiß es auch noch nicht. Das wird eine echte Belastungsprobe für unsere Beziehung werden, immerhin ist gemeinsam Kochen für uns eine Art Hobby. Wir besorgen üblicherweise an den Wochenenden Fleisch oder

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