Tier zuliebe
in der Summe unseren CO 2 -Fußabdruck: Wir atmen – dagegen sollten wir lieber nichts tun –, aber wir waschen und föhnen uns auch die Haare, fahren Auto und essen Lebensmittel, bei deren Herstellung CO 2 ausgestoßen wird, kaufen Verpacktes, sehen fern und lassen Lampen brennen. Und die Fernreise zählt auch zu den »Must-Haves« unserer Konsumgesellschaft, bedauerte Glaser, der die verheerenden Auswirkungen kennt.
Wer sich zum Beispiel täglich die Haare wäscht, verbraucht pro Tag 280 bis 300 Gramm CO 2 , wenn man dafür Herstellung des Shampoos und das verbrauchte warme Wasser zusammenrechnet. Derartige Rechnungen anzustellen ist Spezialität von Christian Hochfeld, Mitarbeiter des Ökoinstituts in Berlin. Will man wissen, wie der persönliche CO 2 -Fußabdruck aussieht, muss man alles aufstellen, was man am Tag anstellt. Zum Beispiel auf der Homepage des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz gibt es einen »CO 2 -Rechner«, der einem dann ein Ergebnis liefert. 8 Wie auch immer die individuelle Bilanz ausfällt: Die Größe des Fußabdrucks eines Menschen in Deutschland ist enorm verglichen mit dem Fußabdruck eines Inders. Aber wie wird es erst sein, wenn alle Inder und Chinesen so leben wollen wie wir in Deutschland?
BSE
Gut zehn Jahre lang wollte mein Sohn Nicolas kein Fleisch essen und es war für mich ein Ding der Unmöglichkeit herauszufinden, weshalb. Einiges spricht allerdings dafür, dass ich seinen Vegetarismus selbst verursacht habe. Zu Hochzeiten des BSE-Skandals in Großbritannien ging mein Sohn in einen Ganztagskindergarten, in dem auch gemeinsam zu Mittag gegessen wurde. Da ich sehr viel Zeit mit journalistischen Recherchen über BSE verbracht hatte und diese Seuche wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen schweben sah, wollte ich auf Nummer sicher gehen und trichterte meinem damals dreijährigen Sohn ein, dass er bei der Essensausgabe im Kindergarten grundsätzlich nachfragen solle, ob es sich um Rindfleisch handelte. Bei der Antwort »Ja« hatte er von mir den eindeutigen Auftrag, das Fleisch beiseitezulegen. (Noch besser hätte ich gefunden, es gar nicht erst in Kontakt mit dem Teller kommen zu lassen – aber ich wollte das Kind nicht überfordern.)
Damals, in den Jahren 1990 ff., war noch völlig unklar, ob auch Menschen sich beim Verzehr von infiziertem Fleisch mit der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit anstecken würden. Es war absolut möglich und ich beobachtete mit Sorge und großer Verwunderung, wie Menschen trotzdem weiterhin »ihr« Rindfleisch verzehrten. Im Jahr 1990, als alle Welt über die verrückten, todgeweihten Rinder in England sprach, hatte sich der jährliche Fleischkonsum in Deutschland mit 70 kg pro Person seit Anfang der 50er Jahre fast verdreifacht und damit, allen Schauernachrichten zum Trotz, einen neuen Höchststand erreicht. 9 Inzwischen liegt der durchschnittliche Fleischkonsum der Deutschen bei ca. 60 kg pro Kopf bzw. der Fleischverbrauch, der über den Nahrungsverbrauch hinausgeht, für Futterherstellung, die industrielle Verwertung sowie Verluste (Knochen zum Beispiel), bei 89 kg pro Kopf. 10
Erstaunlicherweise griffen die Verbraucher auch ausgerechnet in der BSE-Hochzeit vermehrt zur Billigware, wie die zentrale Markt- und Preisberichtstelle damals registrierte. Der Absatz von Fleisch aus Discountern legte um rund 20 Prozent zu, während gleichzeitig in Metzgereien mehr als 13 Prozent weniger Fleisch verkauft wurde – eine groteske Entwicklung. Natürlich schien BSE damals zunächst England zu betreffen. Doch wie konnte man sich so sicher sein, dass britisches Rindfleisch nicht über die Grenze kommt? Und aus welchem Grunde sollte diese Krankheit nur britische Rinder betreffen? Menschen wie die Fleischhygiene-Expertin Margrit Herbst, die laut warnen wollten, als es bereits erste Verdachtsfälle von BSE in Deutschland gab, wurden damals mundtot gemacht. (Jahre später wurde sie für ihre Zivilcourage mit dem Whistleblower-Preis ausgezeichnet.) Und 1996 meldete sich dann schließlich der damalige Gesundheitsminister Horst Seehofer zu Wort, kurz bevor die Brüsseler Kommission im März 1996 ein totales Exportverbot für britisches Rindfleisch verhängte: »Selbst bei gemeinsamen Abwehrmaßnahmen sind nicht alle Risiken mit absoluter Sicherheit auszuschließen.« 11 Da waren aber schon längst mindestens 2300 Tonnen Fleisch von britischen Rindern illegal exportiert worden. Enorme Mengen wanderten als Würste oder in Konserven auch
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