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Tier zuliebe

Titel: Tier zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Klaus
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Fisch in Fachgeschäften, um unterschiedlichste Rezepte aus aller Welt auszuprobieren. Nun male ich mir aus, wie mein Freund reagieren wird, wenn er zurückkehrt und ich ihm mitteile: »Schatz, ab sofort nur noch Gemüse und Körner. Ist aber auch schön. Und sooo gesund.«

Gesundheitscheck
    Was sagen eigentlich meine Blutwerte?, will ich zu Anfang meiner Vegetarierkarriere wissen. Da die erst einer Woche alt ist und es für mich nicht unüblich war, mal ein paar Tage lang kein Fleisch zu essen, werden die Werte – ob gut oder schlecht – auf jeden Fall ein realistisches Bild meines Fleischesserzustandes zeigen. Wie werden sie sich im Laufe des vegetarischen Jahres entwickeln? Werden sie sich verbessern, z. B. das Cholesterin, oder verschlechtern, z. B. das Eisen, das mir immer schon fehlte wie vielen anderen Frauen auch? Meine Ärztin, der ich als Begründung für die Blutuntersuchung auch erzählt habe, dass ich mich ab sofort vegetarisch ernähren werde, hakt nach und will Genaueres über meine Motivation erfahren.
    Weshalb ich das mache? Hm. Wo soll ich anfangen? Habe ich überhaupt Lust, damit anzufangen? Zum ersten Mal ahne ich, was Vegetarier umtreibt, wenn ihnen diese Gewissensfrage gestellt wird … Erstens, es ist lästig und mühselig, so viel zu erklären (denn es gäbe verdammt viel zu sagen), zweitens, man fürchtet Widerspruch (Fleischesser könnten diskutieren wollen, ich müsste Argumente widerlegen – das ist anstrengend) und drittens, es ist letztlich sehr persönlich (bei der Ärztin meines Vertrauens nicht unbedingt das Problem, aber ich kann nachvollziehen, dass man auch mal schweigen will).Um es aber nicht kompliziert zu machen, sage ich an dieser Stelle, dass ich eine Art Experiment vorhabe und ausprobieren möchte, wie es ist, wenn ich mich vegetarisch ernähre. »Auch keinen Fisch?«, fragt sie mit sorgenvollem Unterton. Als ich das bestätige, runzelt sie die Stirn. »Wissen Sie, jede Familie hat ihre Krankheitsgeschichte und viele Krankheiten können durch eine entsprechende Ernährung vermieden werden. In Ihrer Familie gibt es die Tendenz zu erhöhten Cholesterinwerten.« Das ist mir bekannt. Es hat nichts mit fettiger oder tierischer Ernährung zu tun, vielmehr produziert der Körper selbst dieses Cholesterin. Dem kann man entgegenwirken, indem man zum Beispiel vermehrt Omega-3-Fettsäuren zu sich nimmt. Die sind besonders im Fisch enthalten, wie meine Ärztin meint.
    »Sie sollten also zumindest weiter Fisch essen«, rät sie mir und auch wenn es ein bisschen schwerfällt, ich will meine innere Reaktion darauf nicht verschweigen. Sie lautet in etwa: »Juchhu!« und »Ufff, Glück gehabt!« In diesem Moment bin ich bereit, alle Forellen dieser Welt Forellen sein zu lassen. Mein einträchtiges Goldfischpärchen, die Spiegelneuronen, Kafka und seine geistige Leichtigkeit – alles schön und gut. Ich habe gerade einen offiziellen ärztlichen Freibrief erhalten. Ja, ich bin geradezu gezwungen, weiter Fisch zu essen, denn sonst könnte ich mir selbst schaden! Wenn das kein schlagendes Argument ist!
    »Das ist kein Argument«, sagt mein Sohn Nicolas, als ich von der überraschenden Wende berichtete. Dann halt nicht …

Wert und Würde von Tieren
    Meine Freundin C. erzählt mir eine Geschichte: Ihre Eltern lebten eine Weile mit ihrem Hund auf einem Segelschiff. Abends, bei Sonnenuntergang, nahmen sie an Deck ihren »Sundowner« ein. Das Tier sollte nicht »denken«, es ginge leer aus, und bekam zur Feier des Tages einen Baileys in seinen Hundenapf – ein Ritual, das bald dazu führte, dass der Hund abends immer zur selben Zeit sein Herrchen mit der Schnauze ans Bein stieß, um auf seinen ausstehenden Drink aufmerksam zu machen. Im ersten Moment eine amüsante Anekdote. Im zweiten Moment fällt mir aber wieder einmal auf, dass es in unserer aufgeklärten Gesellschaft Tiere erster und zweiter Klasse gibt. Tiere, die wir ausbeuten, totschlagen und uns auf den Teller legen, und Tiere, die wir wie Mitmenschen behandeln. Wer legt fest, welches Tier zur ersten und welches zur zweiten Klasse gehört? Mit welchem Recht empören wir uns darüber, dass man im asiatischen Raum auch gerne mal einen Hund oder eine Katze verspeist? Warum ist das eine Tier schützenswert, das andere aber nicht? Ich möchte wissen, wie das sein kann, und wende mich an Professor Hans Hinrich Sambraus. Er ist Tierarzt und Zoologe und lehrte früher Tierhaltung und Verhaltenskunde an der Technischen Universität München.

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