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Tierarzt

Tierarzt

Titel: Tierarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herriot
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Kopfbedeckung, egal wie gut oder schlecht das Wetter auch sein mochte, und ich drückte meinem Gefährten tief gerührt die Hand.
    Die Tweedmütze, die ich mir jetzt aufsetzte, war die größte, die ich je gesehen hatte: ein großes, rundes Ding, flach wie ein Pfannkuchen, und selbst beim heftigsten Regenguß würden unter dieser Mütze nicht nur mein Kopf, sondern auch meine Schultern und alles trocken bleiben.
    Während ich, die Nase dicht an der Windschutzscheibe, im Schrittempo die dunkle, schmale Straße entlangfuhr, hatte ich das Gefühl, mein Mund und meine Lippen seien ganz klebrig, so als hätte ich flüssigen Leim statt Wein getrunken; ich atmete schnaubend wie ein Walroß und sah alles leicht verschwommen.
    Am Ziel angelangt, kletterte ich aus dem Wagen, nickte der schattengleichen Gruppe von Gestalten zu, die dort stand, fummelte im Kofferraum herum, bis ich glücklich die Flasche mit dem Antiseptikum und die Stricke fürs Kalben fand, und marschierte entschlossen in den Kuhstall. Jemand hielt eine Öllampe über eine Kuh, die auf einem dicken Strohbett lag: etwa zehn Zentimeter ragte der Fuß eines Kalbes aus der Vulva hervor, und ein kleines Maul war zu sehen, sobald die Kuh preßte, das aber wieder verschwand, sobald sie aufhörte.
    Tief in meinem Inneren murmelte ein stocknüchterner Tierarzt: »Nur ein Bein nach hinten und eine große, breit gebaute Kuh. Dürfte nicht sehr schwierig sein.« Dann wandte ich mich um und blickte die Bamfords an. Ich war ihnen bisher nie begegnet, aber sie schienen mir schlichte, freundliche, dienstbeflissene Menschen zu sein – zwei Männer mittleren Alters, wahrscheinlich Brüder, und zwei junge Burschen, die vermutlich die Söhne des einen oder anderen waren. Alle vier blickten mich in dem trüben Licht erwartungsvoll mit leicht geöffnetem Mund an, als wollten sie bei der ersten Gelegenheit loslachen.
    Ich straffte die Schultern, holte tief Luft und sagte laut: »Würden Sie mir bitte einen Eimer heißes Wasser, Seife und ein Handtuch bringen?« Besser gesagt: ich glaubte das zu sagen, denn was sich meinen Lippen entrang, klang in Wirklichkeit mehr wie Kisuaheli. Die Bamfords, sich gespannt nach vorn beugend, sahen mich ausdruckslos an. Ich räusperte mich, schluckte, wartete ein paar Sekunden und versuchte es noch einmal. Der Erfolg war der gleiche – abermals ein Strom von unverständlichen Worten, die ergebnislos im Kuhstall widerhallten.
    Ich wurde ganz ratlos. Irgendwie mußte ich mich verständlich machen, zumal diese Leute mich nicht kannten und darauf warteten, daß etwas geschah. Ich muß wohl eine recht seltsame Erscheinung für sie gewesen sein, wie ich, von der riesigen Mütze gekrönt, kerzengerade und feierlich dort stand. Aber trotz meiner Benommenheit merkte ich doch plötzlich, was ich falsch machte. Wozu eigentlich diese übertriebene Zurschaustellung von Selbstvertrauen? Es hatte keinen Sinn, so laut sprechen zu wollen. Ich versuchte es wieder, diesmal im leisesten Flüsterton.
    »Könnte ich bitte einen Eimer heißes Wasser, Seife und ein Handtuch haben?« Es kam sehr schön heraus, wenn auch der ältere Mr. Bamford es beim erstenmal nicht ganz verstand. Er kam einen Schritt näher, legte die Hand hinters Ohr und blickte aufmerksam auf meine Lippen. Dann nickte er eifrig, bedeutete mir mit erhobenem Zeigefinger, daß er begriffen habe, ging wie ein Seiltänzer auf Zehenspitzen zu dem einen Sohn und flüsterte ihm etwas zu. Der junge Mann nickte und verschwand lautlos. Es dauerte keine Minute, da war er wieder da und stellte bedächtig den Eimer vor mir auf den Boden.
    Beinahe mühelos gelang es mir, Jacke, Schlips und Hemd auszuziehen, die die Bamfords mir schweigend abnahmen; sie bewegten sich, als ob sie in der Kirche wären. Ich glaubte schon, über das Schlimmste hinweg zu sein, doch als ich anfing mir die Arme zu waschen, rutschte mir die Seife immer wieder aus den Händen. Schließlich brachte ich es aber irgendwie fertig, mich einzuseifen, und ich konnte mit der Arbeit beginnen. Da die Kuh sich beharrlich weigerte aufzustehen, mußte ich mich neben ihr auf dem harten Steinfußboden ausstrecken. Plötzlich merkte ich, wie mir die große Mütze über die Ohren fiel; ich mußte sie offenbar wieder aufgesetzt haben, nachdem ich das Hemd ausgezogen hatte, aber zu welchem Zweck ist schlechterdings nicht zu begreifen.
    Ich führte die Hand behutsam in die Vagina ein und tastete mich am Hals des Kalbes entlang, in der Hoffnung, auf ein gebeugtes

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