Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
über den Wolken flogen und feststellten, dass hier die Freiheit wohl grenzenlos ist? Und war es nicht unheimlich, das Echolot in Wolfgang Petersens Meisterwerk »Das Boot« zu hören? Einen Dank an die Fledermaus! Sie kann sich in völliger Dunkelheit durch ihre sogenannte Echoortung hervorragend orientieren. Wir Menschen haben uns daraus das Verfahren zur Laufzeitmessung abgeschaut. Die Messung jener Zeit, die ein Schall- oder Funksignal für das Durchlaufen der Messstrecke benötigt, im U-Boot unentbehrlich.
Oder das Radfahren, eine wunderbare Fortbewegungsart für uns Menschen. Luft, Licht und Sonne genießen wir dabei, zudem trainieren wir uns auch noch stramme Waden an. Aber wo haben wir uns das Rad abgeschaut? Vielleicht war es bei der Goldenen Radspinne, sie hat uns gezeigt, wie es funktioniert. Diese Spinnenart bewegt sich nämlich rollend, mit den Beinen angetrieben, vorwärts. Im 15. Jahrhundert hat Leonardo da Vinci Skizzen eines Helikopters angefertigt. Aber woher kam diese Idee? Vielleicht hat der große Leonardo damals an einem
schönen Sommertag den Libellen zugeschaut. Die zeichnen sich ja bekanntermaßen durch einen erstaunlichen Flugapparat aus. Sie können in der Luft stehen bleiben, einige Arten sind sogar in der Lage, rückwärts zu fliegen. Libellen erreichen im Vorwärtsflug ein Tempo von fünfzig Kilometern pro Stunde. Wir Menschen haben unsere erste Libelle, den Helikopter, 1922 in die Luft gebracht, fünf Jahrhunderte nach der ersten Zeichnung.
Im Werkzeugbereich haben uns sicher der Specht zum Schlagbohrer und die Schlupfwespe zum Bohrer verholfen. Flöhe, Heuschrecken, Grashüpfer und Frösche besitzen einen elastischen Depot-Mechanismus, um die für einen Sprung benötigte Energie zu speichern und im Bedarfsfall rasch abgeben zu können. Damit sind sie in der Lage, bei hoher Beschleunigung weite Sprünge zu machen. Nach diesem Prinzip funktionieren heute bereits Roboter.
Ich könnte die Aufzählung solcher Beispiele beliebig lange fortsetzen. Für Technik und Medizin steht uns nach wie vor maßgeblich die Natur als Vorbild zur Verfügung. Ein ganzer Wissenschaftszweig beschäftigt sich damit, »Erfindungen« der belebten Natur zu erforschen und sie in der menschlichen Technik innovativ umzusetzen. Pflanzen und Tiere liefern Ideen für die Entwicklung neuer Materialien und Technologien.
Viel können wir von Tieren lernen, auch wenn wir keine Erfinder und Technologen sind. Für unser eigenes Leben, unseren Umgang miteinander und alle Herausforderungen, denen wir begegnen. Wir können lernen, uns auf die eigenen Fähigkeiten zu besinnen. Vom Tier lernen beginnt in der persönlichen Bereitschaft. Ich bin jeden Tag aufs Neue dazu bereit und staune wieder und wieder über mich und meine Lehrmeister – die Tiere.
Der Charme von Charmin
Der Ihnen bereits vertraute Fredy ist ein Filmhund, wie er im Buche steht, und so stelle ich ihm gern hin und wieder eine Hündin zur Seite, um seine geniale Veranlagung an Nachkommen weiterzugeben. Die letzte Mutter seiner Kinder war eine Pyrenäenberghündin. Charmin, Fredys »Verlobte«, hat als Schutzhund die Aufgabe, große Schafherden vor Raubtieren zu schützen. Sie muss, wenn es darauf ankommt, eigene Entscheidungen treffen. Diese Eigenschaft lässt das Herz eines Filmtiertrainers nicht gerade höher schlagen. Während ich die Hündin ausbildete, habe ich immer wieder die Grenzen hinnehmen müssen, die sie mir sehr deutlich gezeigt hat. Gut, sagte ich mir, ohne Nachteile keine Vorteile.
Nun war Charmin also tragend von Fredy und es war zu erwarten, dass es einige Nachkommen geben würde, da große Hündinnen oft sehr große Würfe haben. Nach neun Wochen gab es neun Welpen, neun kleine, unwiderstehliche Eisbärchen, die allesamt zum Fressen waren. Um die Mutter-Tochter-Linie zu durchbrechen, hatte ich geplant, aus Charmins Wurf einen Rüden zu behalten. Während das Verhalten der männlichen Welpen oft das des Vaters widerspiegelt, findet sich das der Mutter meist zu hundert Prozent in den Töchtern wieder. Ganz fest hatte ich mir also vorgenommen, einen kleinen Rüden bei mir aufwachsen zu lassen. Doch dann war da Toffee, die sich täglich ein wenig mehr in mein Herz schlich. Eine Hündin, die sich offensichtlich ihrerseits fest vorgenommen hatte, zu bleiben – und sie blieb, trotz aller meiner vernünftigen Pläne und Vorsätze. Mit jeder Woche, in der die Kleine heranwuchs, ähnelte sie in ihrem Verhalten ihrer extrem selbstständigen Mutter
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