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Tiere

Tiere

Titel: Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Schüssel getan.
    Der Gesichtsausdruck des Dicken war total lustig. Eswischte sich den Mund mit dem Ärmel ab und starrte auf die Schüssel mit der Pampe. Dann begann es zu heulen. Ich hörte auf zu lachen. Es sollte doch nur ein Spaß sein.
    «Bist du jetzt zufrieden?», meinte das Rothaarige. Ich beachtete es nicht und schob eine Schüssel mit Futter ins Abteil des Dicken. Ich hatte nicht vorgehabt, es gar nicht zu füttern. Es sollte nur so aussehen. Aber das Dicke hatte mir den Rücken zugekehrt und wollte sich nicht umdrehen. Eine Weile stand ich dort, dann ließ ich es allein. Es war nicht meine Schuld, wenn es keinen Spaß verstand.
    Obwohl es wahrscheinlich nichts essen würde, wollte ich auch das Rothaarige füttern. Doch dann meinte es: «Dabei geht dir einer ab, oder, du krankes Arschloch?», und da dachte ich, warum soll ich mich länger rumärgern? Für heute hatte ich genug von ihnen. Besonders vom Rothaarigen. Draußen war ein herrlicher Tag, und den wollte ich nicht im Keller vergeuden.
    Ich überlegte gerade, ob ich beim Hinausgehen Wasser auf das Rothaarige kippen soll, als es plötzlich fragte: «Wie groß ist dein Schwanz?»
    Ich konnte nicht glauben, was ich gehört hatte. «Komm schon, das ist doch eine ganz einfache Frage», meinte es. «Wie groß ist dein Schwanz?»
    Ich spürte, dass ich rot wurde. «Ich wette, er ist total klein, oder?», sagte es. «Ich wette, du hast ein echt erbärmliches, kleines Würstchen in deiner Hose.»
    «Halt den Mund!», befahl ich. Ich war mir sicher, dass eins von den anderen gelacht hatte. Ich schaute mich um, aber ich wusste nicht genau, welches es gewesen war. Sie starrten mich jetzt alle an.
    «Wird dein kleines Würstchen hart, weil du uns hierunten gefangen hältst?», fragte das Rothaarige. «Da kommst du dir wichtig vor, nicht wahr?»
    «Mund halten!», rief ich, aber es gab keine Ruhe. «Warum, was willst du machen?» Ich ging los und holte einen Eimer Wasser, aber ehe ich ihn ausschütten konnte, sagte das Rothaarige: «Na los, mach doch, ich bin eh schon total nass. Glaubst du, das macht mir was aus?» Ich war so sauer, dass ich den Eimer trotzdem auskippen wollte, weil ich irgendetwas tun musste, doch dann hatte ich eine bessere Idee. Da ich in der Nähe der Tür stand, öffnete ich sie und schaltete das Licht aus, als würde ich rausgehen. Aber ich ging nicht, ich machte bloß die Tür wieder zu.
    «Ja, genau, lauf weg!», rief das Rothaarige, als wäre ich schon im Gang. «Was ist los? Hast du Angst vor Frauen, oder was?»
    Es war stockdunkel, aber ich war zu böse, um Angst zu haben. Ich konnte nichts sehen, das Rothaarige machte jedoch so viel Lärm, dass ich trotzdem wusste, wo es war. Mit ausgestreckter Hand ging ich in seine Richtung. Ich wusste, dass es nur ein paar Schritte waren, aber ich wünschte mir schon, ich hätte es nicht getan. Dann trat ich gegen den Eimer, und eins von ihnen, ich glaube das Dicke, rief: «Er ist nicht weg!»
    Sofort war es wieder still. Ich war nicht mehr wütend. Ich musste an diese Horrorfilme denken, wo der Held in der Finsternis steckt und das Monster ihn kriegen will. Mit einem Mal wusste ich nicht mehr genau, wo das Abteil des Rothaarigen ist, bis ich es sagen hörte: «Wo ist er?»
    Seine Stimme war genau vor mir, und ich schüttete mit voller Wucht den Eimer aus. Ich hörte das Platschen und einen Schrei, dann brüllten alle durcheinander. Es klang,als würden sie ausflippen, was mir überhaupt nicht gefiel. Ich drehte mich um, lief zur Tür und stolperte über den anderen Eimer, der scheppernd umkippte, während ich mit ausgestreckten Händen nach vorne flog. Ich berührte Gitterstäbe und etwas Warmes und Weiches, das sich bewegte. Ganz in der Nähe ertönte wieder ein Schrei, und da schrie ich auch und lief davon. Ich krachte gegen die Wand und tat mir weh, konnte dann aber schließlich die Tür fühlen und ging raus, knallte sie zu und tastete nach dem Lichtschalter.
    Ich konnte ihn nicht finden. Ich wusste, dass er gleich rechts neben der Tür sein muss, aber er war nicht da. Dann fiel mir ein, dass ich nur im Keller mit den Abteilen das Licht ausgemacht hatte, jedoch nicht im Gang, und als mir das gerade klarwurde, roch ich Bleichmittel. Bleich- und Desinfektionsmittel. Und dazu einen ekligen Gestank.
    Ich war in die falsche Richtung gelaufen und befand mich in dem kleinen Raum mit den eingestürzten Wänden. Ich wollte mich umdrehen und umschauen, traute mich aber nicht. Ich konnte nichts sehen.

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