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Tiere

Tiere

Titel: Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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meinte es, «gibst du mir jetzt einen Schluck oder nicht, verdammte Scheiße?» Es hatte echt üblen Mundgeruch. Außerdem war es größer als ich und hatte ziemlich kräftige Arme und einen dicken Bauch. Und haufenweise Tätowierungen. Aber ich sagte, dass wir fast da sind und ich im Pub noch eine weitere Flasche habe. Danach gab es Ruhe. «Du wohnst in einem Pub?», fragte es. «Du bist ein Scheißheiliger. Ein Scheißheiliger.»
    Nachdem wir da waren, führte ich es direkt in die Schankstube und gab ihm die Flasche. Ein Glas sparte ich mir. Ich wollte nicht, dass eins schmutzig wird, und dem Sumpfhuhn war es sowieso egal. Es setzte die Flasche sofort an und schüttete sich den Whisky runter, ohne zu schlucken. Die Hälfte der Flasche hatte es in zehn Minuten weggekippt, und als es mit einem Mal vornüberfiel, war ich froh. Denn ich hatte mir schon ein bisschen Sorgen gemacht. Es sollte ja nicht alles austrinken. Ich wollte es nicht umbringen. Außerdem ist Whisky nicht gerade billig.
    Das Mädchen, das ich als Nächstes bekam, war total jung. Zuerst wusste ich nicht, wie jung genau, denn es saß in einem Hauseingang, wo ich es nicht richtig sehen konnte. Aber man merkte es trotzdem gleich. Es war ziemlich dürr, hatte eine Menge Pickel im Gesicht, und das Haar klebte ihm am Kopf. Was daran gelegen haben könnte, dass es regnete,aber es sah auch sonst fettig aus. Und die Klamotten waren schmutzig.
    Es saß auf einem zusammengerollten Schlafsack, und ich wäre wahrscheinlich vorbeigegangen, wenn es sich nicht vorgebeugt und mich um zehn Pence angebettelt hätte. Das meinte ich damit, dass sie sich selbst auswählen.
    Da wir uns in der Nähe des Stadtzentrums befanden, war es ein ziemlich langer Weg zurück zum Pub. Aber es dämmerte bereits, und da es regnete, waren nicht viele Leute unterwegs. Ich sagte, es kann etwas zu essen kriegen, wenn es mit zu mir nach Hause kommt. Erst schien es keine Lust zu haben, deshalb sagte ich, es würde auch noch zehn Pfund von mir bekommen. Es schaute mich eine Weile an und nickte dann. Erst später wurde mir klar, wie es das wohl verstanden hatte. Nur gut, dass ich nicht gleich drauf gekommen bin. Dann wäre es mir nämlich total peinlich gewesen.
    Auf dem Weg zurück gähnte es die ganze Zeit. Und so wie es ging, dachte ich, dass ich wahrscheinlich keine von den Tabletten meiner Mama brauchen würde. Ich gab ihr dann doch welche. Als es sagte, dass es Whisky pur nicht mag, machte ich einen Whisky mit Cola und löste darin welche auf. Es nahm einen Schluck und fragte, ob ich etwas zu essen habe. In der Vorratskammer stand seit Ewigkeiten eine Dose mit Gemüsesuppe, die ich nicht mochte, und ich dachte, na schön, und rührte auch in die Suppe ein paar Tabletten. Das Mädchen schlief mit dem Löffel in der Hand ein.
    Ich war echt zufrieden. Nun waren vier Abteile besetzt. Noch zwei, und ich wäre voll ausgelastet. Mit dem Mädchen war es außerdem am einfachsten gewesen. Es war nicht einmal schwer, es runter in den Keller zu tragen, denn es wogso gut wie nichts. Das Problem begann erst am nächsten Tag, als es anfing, wie am Spieß zu schreien.
    Zuerst dachte ich, es muss sich bloß eingewöhnen. Am Anfang sind sie alle ein bisschen komisch, und normalerweise achte ich nicht drauf. Irgendwann gewöhnen sie sich ein. Aber das Mädchen war echt hysterisch. Es warf sich in seinem Abteil hin und her und schrie, als hätte es Schmerzen oder so. Ich wusste nicht, was ich machen soll, aber dann meinte das mit den Tätowierungen: «Gib ihr ihre Sachen, um Himmels willen!»
    Das Mädchen hatte eine schäbige Umhängetasche dabeigehabt. Die war sofort in der Tonne gelandet, denn sie war schmutzig und voller Müll, und ich wusste nicht, wozu sie jetzt noch gut sein sollte. Aber da mir nichts anderes einfiel, ging ich los und fischte sie wieder aus dem Müll. Ich brachte sie runter in den Keller, und kaum hatte ich sie ins Abteil des Mädchens geschoben, riss es die Tasche auf. Es holte eine Art Schminkschatulle hervor und kippte eine Spritze, Streichhölzer und anderes Zeug auf den Boden. Doch erst als es sich die Nadel in den Arm steckte, wurde mir klar, dass es ein Junkie war. Solche Sachen sieht man zwar im Fernsehen, aber man rechnet doch nicht damit, dass es jemand direkt vor einem macht, oder?
    Für ein paar Tage war es ruhig, dann begann es wieder, Theater zu machen. Ich dachte, es hat nichts mehr von dem Zeug, was in der Tasche gewesen war, und gab ihr deshalb im Futter zerkleinerte

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