Tiere
noch dort war. Wenn jemand den Wagen haben wollte, sollte er ihn meinetwegen mitnehmen.
Da ich noch keine Lust hatte, nach Hause zu gehen, ging ich am Kanal Richtung Schleuse. Es waren mehr Leute unterwegs als sonst, wahrscheinlich weil Samstag war und die Sonne schien. Unten, in der Nähe der Eisenbahnbrücke, angelten ein Mann und ein Junge. Nicht weit von ihnen entfernt stand eine Bank, auf die ich mich setzte und ihnen zuschaute. Ich saß noch nicht lange dort, als der Junge mit einem Mal seine Angel hochzog und begann, die Schnur aufzurollen. Die Angel war ganz gebogen und zuckte, und er rief total aufgeregt: «Papa, ich hab einen, ich hab einen.» Sein Papa kam zu ihm und sagte Sachen wie: «Nicht zu schnell», und «Ganz ruhig», und ich konnte das schimmernde Ding im Wasser platschen sehen. Dann steckte der Mann ein Netz auf eine lange Stange und hob den Fisch aus dem Wasser.
So einen großen Fisch hatte ich noch nie gesehen. Abgesehen von den Forellen oder Makrelen in den Geschäften. Aber dieser Fisch lebte. Er war oben braun und glänzte auf der Unterseite golden. Ich wünschte, ich hätte ihn gefangen.
Mein Papa wollte oft mit mir angeln gehen. Als wir in den Pub gezogen waren, sind wir manchmal samstags, wenn der Pub nachmittags geschlossen hatte, am Kanal spazieren gegangen. Meine Mama ist nie mitgekommen, weil sie immer sagte, sie hätte zu viel zu tun. Und nach einiger Zeit war auch mein Papa zu beschäftigt. Aber ein paarmal sind wir noch losgegangen. Er ist gern bei den Anglern stehen geblieben und hat mit ihnen geplaudert, hat sie gefragt, was sie fangen und so. Sie haben immer mit meinem Papa gesprochen. Viele kannten ihn aus dem Pub, und oft fragten sie: «Ist das dein Junge, ja?» Er sagte, sobald ein bisschen mehr Ruhe eingekehrt ist, würde er mich zum Angeln mitnehmen.
Aber dazu ist es nie gekommen, und wir sind nie angeln gegangen. Am Anfang hatte er zu viel zu tun, und als dann die Fabriken dichtgemacht wurden, machte er sich zu viele Sorgen. Schließlich begannen die Streitereien zwischen ihm und meiner Mama, und nichts war mehr so, wie es sein sollte.
Ich saß da und beobachtete, wie der Mann dem Jungen half, den Haken rauszuziehen, und den Fisch dann ins Netz fallen ließ. Ich konnte nicht anders, ich musste unweigerlich weinen. Nicht laut oder so. Mir kamen bloß die Tränen, aber es war mir total peinlich. Ehe es jemand merkte, stand ich auf und ging am Kanalweg zurück. Als mir ein Mann und eine Frau händchenhaltend entgegenkamen, schaute ich zu Boden, bis sie vorbei waren. Das Parfüm der Frau erinnertemit an das von Cheryl, und da musste ich daran denken, dass sie und Karen mich am Montag besuchen wollten. Der Gedanke heiterte mich ein bisschen auf. Meine Augen juckten immer noch, aber es ging mir wieder gut. Es war wahrscheinlich Heuschnupfen oder die Sonne.
Ich schaute auf meine Uhr und begann schneller zu gehen. Wenn ich mich beeilte, konnte ich noch einkaufen gehen, bevor
Der rosarote Panther
anfing.
Kapitel 10
A ls die Fabriken geschlossen wurden, versuchte mein Papa alles, damit weiter Gäste kamen. Er hängte Poster in die Fenster, senkte den Bierpreis und verteilte sogar umsonst Snacks an der Theke. Pastete, Black Pudding und so was. Es brachte nichts. In der Nachbarschaft gab es keine Wohnhäuser, weil überall nur Fabriken gewesen waren, und da die meisten geschlossen wurden, gab es kaum noch Gäste. Wir begannen, einen Quizabend zu veranstalten, bei dem der Sieger fünf Pints gewinnen konnte. Aber damit hörten wir auf, als eines Abends nur gut ein halbes Dutzend Leute im Pub waren und der Kerl, der gewann, von zwanzig Fragen bloß drei richtig hatte. Mein Papa ist nur elf Pints losgeworden, und fünf davon musste er als ersten Preis umsonst ausschenken.
Danach begann er mit den geschlossenen Veranstaltungen. Am Anfang waren es keine richtigen. Statt um elf Uhr zu schließen, bediente er einfach weiter bis um Viertel nach. Egal, wie lange die Leute schon in einem Pub gewesen sind, am Ende wollen alle noch einen Drink. Wenn er den Pub ein paar Minuten länger offen ließ, verkaufte er ein paar Pints mehr.
Also ließ er ihn immer länger offen. Erst bis halb zwölf,dann bis Viertel vor zwölf. Als es auf Mitternacht zuging, stellte ihn meine Mama zur Rede. «Wir werden noch unsere Konzession verlieren», sagte sie.
«Wenn wir keine Gäste mehr haben, bringt die uns auch nichts», meinte mein Papa.
Es gefiel ihr nicht, aber sie wusste, dass er recht hatte. Es
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