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Tiere

Tiere

Titel: Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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geschrien. Ich hatte auch noch nie gehört, dass sie miteinander sprechen. Im Grunde hatte ich nie darüber nachgedacht, was sie machen, wenn ich nicht da bin. Es war echt komisch, ihnen zuzuhören. Wahrscheinlich kriegen sie normalerweise mit, wenn ich komme, und hören sofort mit allem auf, was sie gerade tun.
    «Ich weiß, Gloria», sagte das Rothaarige. «Na los, dann zeigen wir diesen Lahmärschen mal, wie man die Hütte zum Kochen bringt.»
    «Das Scheißgesinge wird uns nicht hier rausbringen, oder?», meinte das Dicke so spöttisch, wie ich es schon tausendmal von ihm gehört habe. «Warum sollen wir es dann machen, hä?»
    «Weil es besser ist, als nur hier rumzusitzen und nichts zu tun, du fetter Schwachkopf», giftete das Rothaarige. Da hätte ich fast gelacht, obwohl das Dicke eigentlich nicht mehr fett ist. Es sagte dem Rothaarigen, es soll die Schnauze halten, und beschimpfte es mit echt üblen Ausdrücken, und dann schrien alle auf einmal los. Ich dachte, sie würden sich einfach gegenseitig anblaffen, aber dann wurde mir klar, dass die anderen das Dicke anbrüllten und beschimpften. Es schrie zurück, aber keiner hörte zu, und am Ende rief es nur: «Haltet die Schnauze, haltet alle die Schnauze!» Es klang fast so, als würde es weinen.
    Dann sagte das Rothaarige: «Na gut, wenn er nicht singen will, können wir ihn nicht zwingen. Lasst ihn in Ruhe.» Es gab ein Murren, aber nur kurz. Ich war überrascht, denn obwohl das Rothaarige nicht das Älteste oder das Größte oder so war, hörten die anderen auf das, was es sagt. Das muss ein echt gutes Gefühl sein.
    Jedenfalls begannen sie wieder zu singen. Dieses Mal war es
Itsy Bitsy Teeny Weeny Yellow Polka Dot Bikini
, und während sie noch sangen, ging ich auf Zehenspitzen zurück.
    Ich wollte nachprüfen, ob man sie draußen hören kann. Eigentlich wollte ich mich auf das brachliegende Gelände über dem Keller stellen, aber als ich hochging, fiel mir ein,dass sie zu singen aufhören könnten, ohne dass ich es mitkriege. Deshalb nahm ich den Radiorecorder aus der Küche mit nach unten. Er läuft mit Batterien, aber als ich in den ersten Keller kam und ihn einschaltete, ertönten nur Knistern und Rauschen. Da das Radio oben noch funktioniert hatte, dachte ich, dass es unter der Erde wohl keinen Empfang bekommt, und lief los, um eine Kassette zu holen.
    Als ich dieses Mal durch den Gang ging, achtete ich nicht mehr darauf, ob man mich hören konnte oder nicht. Im hinteren Keller war alles ruhig, sie guckten mich nur an. Es war ein bisschen unheimlich. Aber als sie den Radiorecorder sahen, wirkten sie ziemlich verwirrt. Ich stellte ihn in der Mitte auf den Boden, wo keiner von ihnen rankam. Ich spürte, wie sie mich anstarrten und sich fragten, was los ist. «Was soll das?», fragte das Rothaarige, und da ich nicht antwortete, meinte es: «Soll das eine Belohnung sein? Willst du damit alles wiedergutmachen?»
    Ich beachtete es nicht und drückte auf den Startknopf. Plötzlich plärrte die Musik heraus. Da es nicht so laut sein musste, drehte ich die Lautstärke ein bisschen runter. Es war eine Elvis-Presley-Kassette von meinem Papa. Ich habe nichts gegen Elvis, auch wenn er ein bisschen altmodisch und schon tot ist. Es lief gerade
In the Get Hole
, das ist einer meiner Lieblingssongs. Ich habe keine Ahnung, was ein «Get Hole» ist, aber ich mag das Lied trotzdem. Obwohl es ziemlich traurig ist und damit endet, dass der junge Mann in der Gosse liegt und seine Mama weint. Jedenfalls ist es ein eingängiger Song.
    Ich ließ die Kassette laufen und ging raus. Nachdem ich die Tür zugemacht hatte und durch den Gang in den richtigen Keller kam, konnte ich die Musik gerade noch hören.Sie war ungefähr so laut wie das Gesinge vorher. Ich ging nach oben und dann raus auf das Gelände hinter dem Pub, wo einmal die Stahlfederfabrik gewesen war.
    Ich glaubte eigentlich nicht, dass man das Singen hören kann, selbst wenn sie unten richtig laut und alle zusammen singen. Und selbst wenn, wäre ja keiner da gewesen, der sie hören konnte. Das Brachland liegt nicht in der Nähe der Straße, kein Mensch läuft noch darauf herum. Nicht einmal Landstreicher. Es gibt nirgendwo einen Unterstand und nichts zu finden. Aber da ich mich trotzdem vergewissern wollte, ging ich zu der Stelle, wo meiner Meinung nach der Keller sein muss, und lauschte eine Weile. Ich kniete mich sogar hin und legte wie in einem Western ein Ohr auf den Boden. Doch nachdem ich immer noch keinen Ton

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