Tiffamy Duo Band 29
fiel Kendra nicht leicht. Der Gedanke daran nagte Tag und Nacht an ihr. Was war nur in sie gefahren, ihre eigene Schwester anzulügen. Und wie hatte es geschehen können, dass sie so leidenschaftlich auf seine Küsse reagierte?
Kendra stöhnte vor Scham leise auf und verließ den Stall, wo Leona und Justine damit beschäftigt waren, die Pferde zu striegeln. Sie liebte Raymond Durant noch immer, und das flößte ihr Angst ein.
Innerlich seufzend ging sie hinüber zur Arena. Sie war halb so groß wie ein Fußballfeld und von einem schmiedeeisernen Zaun umgeben. Justine führte dort Kunden die zum Verkauf stehenden Pferde vor, trainierte dort aber auch ihre Pferde fürs Springderby. Heute jedoch ging es dort wie in einem Bienenstock zu. Einige Männer waren damit beschäftigt, Tribünen zu errichten. Seit gestern waren sie bereits dabei und schwitzten und fluchten, denn immerhin zeigte das Thermometer fünfunddreißig Grad im Schatten. In zwei Stunden würde die Verkaufsschau der Pferde beginnen. Kendra ergriff einen Hammer und lief damit zur letzten Tribüne.
„Ich bin zwar kein sehr guter Tischler", meinte sie zu den dort arbeitenden Männern, „aber bessere stehen im Moment nicht zur Verfügung."
Nach einigen neckenden, gutgemeinten Ratschlägen, doch besser für Bier und fröhliche Stimmung zu sorgen, überließen die Männer ihr einen Teil der Arbeit. Doch nach zwanzig Minuten bedauerte Kendra es bereits, ihre Hilfe angeboten zu haben. Die Hitze war unerträglich. Die Sonne brannte immer noch erbarmungslos, obwohl es auf den späten Nachmittag zuging und sie bereits tief im Westen stand. Müde seufzend ließ sie sich auf die Bank fallen, an der sie gerade den letzten Nagel eingeschlagen hatte. Doch plötzlich war die Müdigkeit verschwunden. Sie vergaß die Hitze und horchte angespannt auf die Stimmen hinter der Tribüne.
„. . . ich habe nicht erwartet, dass du heute kommen würdest. Durant beschäftigt dich doch von morgens bis abends, eh?" Die Stimme hatte einen stark spanischen Akzent. Es war Miguel, ihr Vorarbeiter, der schon seit Jahren bei ihnen arbeitete. Und sie erkannte auch die andere Stimme — die von Stony.
„Der Boss ist nicht da", hörte sie Stony sagen. „Er ist wieder in Morenci. Ich habe nicht viel zu tun, wenn er nicht zu Hause ist. Er ist schon seit drei Wochen weg, und meinetwegen kann er noch drei Wochen bleiben."
Er war also wieder in Morenci. Seit drei Wochen. Praktisch seit dem Tag, als sie sich zuletzt gesehen hatten. Die Nachricht versetzte Kendra einen Stich. Wütend ließ sie den Hammer fallen, sprang auf und rannte zum Haus hinüber.
Er war natürlich auf seiner anderen Ranch — bei Marcia Bradbury Durant!
Kendra holte sich etwas zu trinken aus dem Kühlschrank. Dabei warf sie die Tür so laut zu, dass die Flaschen darin klirrten. Marcia lebte noch immer auf der Ranch. Und sie hinterließ noch immer einen tiefen Eindruck auf Raymond. Er hatte es ihr erzählt... mehr oder weniger. Er hatte erwähnt, dass er einmal betrogen worden war. Und er hatte es nicht abgestritten, als sie ihn fragte, ob es seine Exfrau gewesen sei. Er hatte nur gesagt, Marcia gehe sie nichts an.
Ob er sie wohl noch liebte?
Kendra setzte das Glas hart auf den Tisch, als sie merkte, dass sie eifersüchtig war. Irgendwie war es jetzt viel schlimmer als damals vor zehn Jahren. Damals war sie jung gewesen. Jung und naiv. Aber heute hatte sie kein Recht mehr, eifersüchtig zu sein. Dennoch verursachte es ihr Magenschmerzen. Sie griff wieder nach ihrem Glas und verließ eilig die Küche. „Es macht überhaupt nichts", sagte sie immer wieder zu sich selbst, als sie die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer ging.
Was hat seine Abwesenheit eigentlich mit „Westwind" zu tun, fragte sie sich.
Seit Raymond in Morenci war, hatten sich keine weiteren Unglücksfälle ereignet. Doch das bedeutete nichts. Es hatte viele Monate gegeben, in denen keine Unfälle passiert und keine Pferde gestorben waren.
Aber wo war Raymond in eben diesen Monaten gewesen? In Scottsdale . . . oder in Morenci? Sie wollte nicht mehr darüber nachdenken, doch sie konnte ihren Gedanken keinen Einhalt bieten. Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie musste wissen, wo er in jener Zeit gewesen war. Nur so konnte sie herausfinden, ob er wirklich unschuldig war. Es konnte aber auch den Beweis seiner Schuld bedeuten. „O nein", sagte sie laut.
Und dann erstarrte sie. Instinktiv ging sie zur Tür und horchte nach draußen, denn sie hatte Schritte
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