Tiffamy Duo Band 29
auf das Raymond so stolz war, sofort und überall erkennen. Kendra drehte sich um und rannte die Treppe wieder hinunter. Sie lief Raymond entgegen, ohne darüber nachzudenken, was er hier wohl zu suchen hatte. Alle Vorsicht außer acht lassend, riss sie die Tür des Wagens auf, bevor er völlig zum Stillstand kam. Der Blick, den er ihr zuwarf, als sie ihm die Pistole in die Hand drückte, konnte fast als komisch bezeichnet werden.
„Ich brauche dich", sagte sie atemlos. „Oben." Es kam ihr gar nicht in den Sinn, dass er ihre zusammenhanglos ausgestoßenen Worte vielleicht nicht verstehen konnte.
„Sie sind da oben, er ist da oben. Jemand . . . die Schlüssel fehlten. Ich hörte jemand, und dann sah ich etwas ..."
Raymond blickte sie spöttisch an. „Spielst du immer noch Detektiv?"
„Nein, ganz bestimmt nicht." Kendra schrie fast, obwohl sie nicht die Absicht gehabt hatte. Sie versuchte, sich wieder zu beruhigen.
„Bitte, sei nicht so spöttisch", bat sie ihn. „Ich brauche deine Hilfe. Als ich mich vorhin umzog, hörte ich Schritte vor meiner Schlafzimmertür. Außer mir war niemand im Haus. Und dann, vor ein paar Minuten, entdeckte ich, dass die Schlüssel fehlten . . . die Schlüssel zu allen Gebäuden. Sie werden im Haus im Büro aufbewahrt, wo ich auch die Schritte gehört habe. Ich war gerade auf dem Weg zu Justine, um es ihr mitzuteilen, als ich ihn sah."
„Wen?"
„Wenn ich das wüsste, stünde ,Westwind' nicht vor dem Ruin. Wer es auch immer ist, er ist dort oben. In dem Raum über dem Stall. Ich habe seinen Schatten gesehen."
Raymond nickte ruhig, fast nachdenklich. „Gut", murmelte er. „Warte hier." Er nahm ihre Pistole und begann, die Treppe hinaufzugehen. Als er die fünfte oder sechste Stufe erreicht hatte, rannte Kendra hinter ihm her. Sie hatte nicht die Absicht, ihn allein zu lassen.
Raymond blieb stehen, als er merkte, dass Kendra ihm folgte. Er drehte sich um, und ihre Blicke trafen sich. „Kendra ..." Er zwang sich, einen scharfen Ton anzuschlagen.
„Geh nach unten und warte bei meinem Auto, sonst werde ich dich eigenhändig nach unten tragen. Du hast die Wahl."
Kendra nickte. „In Ordnung, geh weiter."
„Und was ist mit dir?"
„Ich werde dir auf den Fersen bleiben."
„Kendra ..." Es klang äußerst schroff.
„Hör zu, Raymond. Das ist meine Ranch und mein Problem. Ich gehöre hierher." Dabei sah sie ihn offen und vertrauensvoll an, und das zählte für ihn mehr, als alles was sie bisher gesagt und getan hatte. Vielleicht würde sie ihm morgen schon nicht mehr vertrauen. Sie hatte bisher wenig Grund dazu gehabt.
Doch in diesem Moment hörten sie ein kratzendes Geräusch auf der anderen Seite des Stalles.
„Was war das?" Angestrengt horchte Raymond hinüber.
„Ich ... ich weiß nicht." Kendra hatte die Worte kaum ausgesprochen, als ein weiteres Geräusch aus derselben Richtung kam. Diesmal ein dumpfer Schlag.
„Die Stalltür", flüsterte sie. „Wird sie geöffnet?"
„Ich glaube eher, dass sie geschlossen wurde. Kann jemand von eurem alten Büro in den Stall hinuntergelangen, ohne diese Treppe zu benutzen?"
Kendra schüttelte den Kopf. „Es gibt zwar auf dem Heuboden eine Rutsche, auf der das Heu nach unten befördert wird, aber sie ist zu schmal, als dass ein Mensch sie benützen könnte."
„Machen wir also einen Schlachtplan, da du offensichtlich unbelehrbar bist und dich unbedingt in Gefahr begeben möchtest. Geh nach unten und sieh nach. Ich werde allein nach oben gehen."
Kendra war klar, was Raymond beabsichtigte. War tatsächlich jemand dort oben, musste er an ihm vorbei, wollte er nach unten. Um ihre Sicherheit besorgt, wollte Raymond sie also aus dem Weg haben. Kendra öffnete den Mund, um zu protestieren, aber er winkte ungeduldig ab: „Keine weitere Diskussion, bitte!"
„Ich kann selbst entscheiden und verbitte mir deine Einmischung", erwiderte sie wütend. „Außerdem ist es mein Stall, und ich habe den Schatten gesehen. Ich komme mit dir!"
„Damit der, der jetzt unten herumschleicht, verschwindet?" Raymond sah Kendra spöttisch an. „Was ist? Hast du Angst, allein nachzusehen? Ich hatte keine Ahnung, dass du dich so vor Männern fürchtest."
Kendra zuckte zusammen. Der Zorn brannte in ihr, doch nur für den Bruchteil einer Sekunde. Sie schob das Kinn vor und kniff die Augen zusammen. Raymond wusste, womit er sie herausfordern konnte, aber sie hatte nicht die Absicht, sich darauf einzulassen. „Vergiss es, Raymond. Ich weiß, worauf
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