Tiffamy Duo Band 29
einmal kurz zu.
„Bitte Stony um ein Glas Wasser, falls du Durst hast", rief er hinter ihr her. Kendra drehte sich zu ihm um. „Glaubst du nicht, dass ich es eine halbe Stunde in dieser Hitze aushalte?"
Raymond verzog das Gesicht. „Offen gesagt, nein. Bitte, lass dir ein Glas Wasser geben."
Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht zu Fuß gekommen. Ich bin hergeritten."
„Dann lass auch dein Pferd tränken. Willst du aufhören, so halsstarrig zu sein?"
Kendra wollte nicken, zögerte dann aber. Sie durfte die Vorsicht nicht außer acht lassen und eine neue Katastrophe heraufbeschwören. „,Windy Dawn' ist in Ordnung. Sie ist ein Araberpferd, das Hitze gewohnt ist." Wieder zögerte sie. „Es tut mir leid, Raymond, aber ich möchte nicht, dass irgend jemand unseren Pferden zu nahe kommt, bevor dieser Spuk nicht vorüber ist. Es tut mir leid", wiederholte sie. Ohne seine Erwiderung darauf abzuwarten, lief sie zu ihrem Pferd. Plötzlich kam ihr in den Sinn, dass sie „Windy Dawn" schon zu lange ohne Aufsicht gelassen hatte.
Raymond hatte sie eingeholt, doch seine Stimme klang nicht ärgerlich, sondern nur sehr müde. „Weißt du, langsam beginne ich die Hopi-Indianer zu verstehen", murmelte er. Kendra drehte sich überrascht zu ihm um. „Wovon redest du überhaupt?"
„Sie glauben, dass ein Mitglied ihres Stammes, das sich in einen Fremden verliebt, vom Wahnsinn befallen ist und von einem Medizinmann geheilt werden muss." Kendra wusste nicht genau, worauf Raymond hinaus wollte. Sie wandte sich ab und bestieg ihr Pferd.
„Kendra!"
Sie beugte sich aus dem Sattel zu ihm hinunter, doch er blickte nicht auf, sondern zog nachdenklich an seiner Zigarette. „Es sieht so aus, als ob einer von uns beiden dem Wahnsinn verfallen ist", meinte er. „Aber ich habe noch nicht herausgefunden, wer es ist." Er warf die Zigarette weg und trat sie mit dem Stiefelabsatz aus. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, drehte er sich abrupt um und ging zurück in den Stall. Geräuschvoll schloss er die Tür hinter sich.
10. KAPITEL
Kendra blickte gedankenverloren auf das Rührei auf ihrem Teller und schob es mit der Gabel hin und her. Seitdem sie Raymond vor vier Tagen zuletzt gesehen hatte, ging ihr das, was er über Hopi-Traditionen gesagt hatte, nicht mehr aus dem Sinn. Hatte er ihr damit zu verstehen geben wollen, dass er sie liebte? Bei diesem Gedanken musste sie fast laut auflachen. Wohl kaum! Ein Mann ließ die Frau, die er liebte, nicht im Stich, um eine andere zu heiraten. Liebe bedeutete Vertrauen und Aufrichtigkeit. Doch alles, was er ihr in den letzten zwei Monaten geboten hatte, waren finstere Blicke, Ausflüchte und Auseinandersetzungen und ein paar leidenschaftliche Momente in seinen Armen. Das konnte sie nicht bestreiten. Aber Lust, redete Kendra sich ein, konnte auf keinen Fall Liebe ersetzen. Bildete er sich vielleicht ein, dass sie ihn liebte? Sie verschluckte sich fast an dem Bissen, den sie abwesend in den Mund geschoben hatte. Verärgert stieß sie den Teller beiseite. Das war doch lächerlich. Oder etwa nicht? Vor zehn Jahren hätte man ihre Gefühle als Schwärmerei abtun können, wie aber konnte man sie jetzt beschreiben? Zu allem Verdruss kam hinzu, dass in einer Schublade in ihrem Schlafzimmer eine zerknüllte Zigarettenpackung versteckt lag, die sie aber dennoch nicht ihrer Schwester oder der Polizei übergeben konnte.
„Wahnsinn", sagte sie laut zu sich selbst. „Wahnsinn nennt man das."
„Wahnsinn?" wiederholte Justine überrascht. Auch sie schob jetzt ihren Teller beiseite. „Warum?" fragte sie.
„Ich weiß nicht, warum ihr die Idee so wahnsinnig findet", meinte Colin.
Kendra sah die beiden verständnislos an. Sie musste etwas überhört haben. „Es tut mir leid", murmelte sie. „Kannst du es mir bitte noch einmal wiederholen?"
„Du hast nicht zugehört", sagte Justine anklagend. „Was ist eigentlich in letzter Zeit in dich gefahren, Kendra?"
Colin lachte spöttisch auf. „Was oder wer. Wenn du mich fragst, ist es unser Feind, der sie um den Verstand gebracht hat. Was ist los, Kendra? Dein Romeo behandelt dich schlecht, nicht wahr? Ich würde mir nicht allzu viele Gedanken darüber machen. Du bist nicht die einzige, die sich mit ihm eingelassen und dabei verloren hat."
„Halt den Mund!" fuhr Kendra ihn an. Sie war am Ende ihrer Kraft. Seit dem Tag, an dem sie mit Raymond im Pferdestall gewesen war und das Feuer ausbrach, war das Zusammenleben mit Colin unerträglich geworden.
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