Tiffamy Duo Band 29
stützte.
„Ja", erwiderte Mandy, die heiser war vor Durst und Erschöpfung.
Ray nahm ihr den Rucksack ab. Beruhigend drückte er ihren Arm. „Keine Angst, Miss. Earl wird uns gleich nach Lady Elliot verfrachten. Ich muss jetzt Ihre Ausrüstung verstauen. Wenn Sie auf der Insel irgend etwas brauchen, fragen Sie nach Ray."
Mit Bedauern sah Mandy den attraktiven, energiegeladenen jungen Mann durch eine Hintertür des Gebäudes verschwinden. Sie hatte zwar nicht viel von dem verstanden, was er gesagt hatte, doch sein Lächeln war überwältigend gewesen.
Zögernd wandte sie sich wieder Daniel zu, der mit finsterem Gesicht neben ihr stand.
„Es tut mir schrecklich leid", sagte Mandy müde und rieb sich die brennenden Augen. „Es war bestimmt nicht meine Idee, das können Sie mir glauben."
Daniels Blick war eingehender und weniger anerkennend als Rays. Das einzige, was ihn davon abhielt, seine Wut und Enttäuschung über den verpatzten Urlaub an ihr auszulassen, war die Tatsache, dass sie am Rand der Erschöpfung stand. Ihre Schlagfertigkeit war verflogen. Adela hatte recht gehabt. Sie brauchte einen Urlaub ebenso wie er, das war offensichtlich. Und genauso offensichtlich war, dass man sie auf diese Reise nicht vorbereitet hatte. Das strenge Kostüm, die Strümpfe und die hochhackigen Pumps verrieten ihm, dass Adela sie direkt und ohne Vorankündigung ins Flugzeug verfrachtet hatte.
Ohne dass er es wollte, empfand er ein wenig Mitleid mit diesem Häufchen Elend, das da vor ihm stand. Er nahm Mandy beim Arm und führte sie nach draußen auf das Rollfeld. Sie zögerte kurz. „Steht der Wagen um die Ecke?" fragte sie.
„Welcher Wagen?"
„Das Auto, mit dem . . . o nein! Nein!"
Mandy riss entsetzt die Augen auf. Vor ihnen stand ein Flugzeug, das aussah wie eine überdimensionale weiße Libelle. Sein Motor lief auf Hochtouren. Selbst wenn Mandy widersprochen hätte, hätte Daniel sie bei dem Lärm nicht verstanden. Rücksichtslos schob er sie zu der geöffneten Kabinentür. Mandy bekam weiche Knie. Daniel schien es nicht zu bemerken. Unsanft schubste er sie zur Treppe. Sie erklomm eine Stufe und blieb dann störrisch stehen. Sie konnte nicht. Nein, es ging nicht.
„Allmählich habe ich aber genug von Ihnen", rief Daniel wütend. „Seit Tagen habe ich nicht geschlafen, mich eine Woche lang nicht waschen können und ewige Zeit nichts Vernünftiges gegessen. Sie setzen sich jetzt sofort in das Flugzeug."
Mandy wollte etwas sagen, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. In dem Moment hob Daniel sie hoch und setzte sie eigenmächtig hinter den Piloten in die Maschine. Nun gab es kein Zurück mehr. Das Flugzeug hob ab und war binnen weniger Minuten über dem offenen Meer. Mandy schloss die Augen und betete, dass sie bei dem Absturz sofort ums Leben kam. Sie wollte nicht lebendig in der Flugzeugkabine gefangen sein und langsam auf den Meeresboden hinuntersinken, wo niemand ihre Schreie hörte, außer einem toten Mann, der sie nie geliebt hatte.
4. KAPITEL
Der Flug der kleinen Sportmaschine war für Mandy die Wiederholung eines Alptraums. Sie konnte nicht schreien, weil das Dröhnen der Motoren jeden Schrei übertönt hätte. Sie hatte außerdem die Stimme verloren. Sie spürte, wie ihre letzten Kräfte schwanden und sie hilflos dem leeren Himmel über sich und dem weiten Ozean unter sich ausgeliefert war.
Der momentane, reale Alptraum verschmolz mit ihren Erinnerungen, die Gegenwart mit der Vergangenheit. Sie war zu erschöpft, um sich zu wehren, als die Schatten der Vergangenheit nach ihr griffen und sie überwältigten . . .
★
Mandy schob ihr Fahrrad von der Fähre, die eben an der Insel Catalina angelegt hatte. Sie trat auf das linke Pedal und schwang das Bein über den Sattel. Glücklich schaute sie zu dem blauen Sommerhimmel hinauf, an dem weiße Schäfchenwolken standen, die der Südwind aus Mexiko herübergetrieben hatte. Die ungewöhnlich hohe Luftfeuchtigkeit störte sie nicht. Nichts konnte ihr heute die gute Laune verderben. Leise summte sie vor sich hin und radelte zu dem Zeltlager, das sich in der Nähe des winzigen Flughafens befand.
Sie konnte es kaum erwarten, Andrew die wunderbare Neuigkeit mitzuteilen. Andrew war in letzter Zeit ungewöhnlich missmutig und launenhaft gewesen. Mandy führte seine wechselhaften Stimmungen darauf zurück, dass er mit seinen Forschungsarbeiten nicht so recht vorangekommen war. Zunächst hatte sie geglaubt, sein bevorstehender zweiundvierzigster Geburtstag sei
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