Tiffany Duo 40
Pferd stieß ihn an. Wäre das Tier ihm nicht so ans Herz gewachsen
gewesen, hätte er es zurückgelassen. Rasch band er die Zügel an der hinteren
Stoßstange fest. Er konnte ohnehin nur langsam fahren, also würde es dem Hengst
nicht schwerfallen, mit dem Fahrzeug Schritt zu halten.
Erschöpft setzte Ray sich ans Steuer, startete den Motor und drehte mit steifen
Fingern den Knopf herum, der die Heizung einschaltete. Warme Luft strömte aus
den Ventilen, aber er spürte nichts davon. Seine Haut war völlig gefühllos.
Jetzt mussten sie so schnell wie möglich aus den nassen Kleidern kommen. Die
eisige Feuchtigkeit sog immer mehr Wärme aus ihren Körpern. Er begann sich zu
entkleiden und forderte Madelyn mit lauter Stimme auf, seinem Beispiel zu folgen.
Irgendwie gelang es ihr, sich aufzusetzen, aber sie konnte ihre Bewegungen nicht
koordinieren. Sie war länger im Wasser gewesen als er. Auch ihm fiel es schwer, die
Kleider abzulegen. Aber als er bereits nackt war, schob Madelyn erst ihren dicken
Schafspelzmantel auf den Boden des Fahrerhauses. Eiskristalle verkrusteten das Fell.
Ray griff nach den Knöpfen ihrer Strickjacke. »Komm, Schatz, du musst das nasse
Zeug loswerden, sonst frierst du noch stärker. Kannst du sprechen? Sag doch was,
Madelyn.«
Langsam hob sie eine Hand, formte mit Zeige- und Mittelfinger ein V - das
Siegeszeichen. Trotz der ernsten Situation musste er beinahe lachen. Ein schwacher
Funke schimmerte in ihren Augen, und er schöpfte Hoffnung. Aber sie zitterte nicht.
Sein ganzer Körper schüttelte sich, und Madelyn saß reglos da - ein schlechtes
Zeichen.
Er nahm eine Wolldecke vom Rücksitz. Sogar diese simple Bewegung fiel ihm
unendlich schwer und kostete ihn viel Kraft. Aber er schaffte es, trocknete Madelyn
und sich selbst rasch ab und wickelte sie dann ein. Er nahm eine Thermofla-sche aus
dem Handschuhfach, öffnete sie mit bebenden Fingern und schüttete dampfenden
Kaffee in die Verschlußkappe, die er an Madelyns Lippen hielt. »Trink das, Baby. Es
ist schön warm.«
Sie würgte einen Schluck hinunter. Den Rest trank er selber, dann füllte er die
Verschlußkappe noch einmal. Er spürte, wie die heiße Flüssigkeit in seinem Magen
brannte. Ich muss
Kräfte sammeln, um zum Haus zu fahren, dachte er, sonst sind wir beide verloren.
Während er Kaffee trank, bekämpfte er das Zittern seiner Hände. Er flößte Madelyn
noch einen Schluck ein. Mehr konnte er vorerst nicht für sie tun. Schließlich
konzentrierte er seine Aufmerksamkeit auf den Wagen und schaltete in den ersten
Gang.
Ray kam nur langsam voran. Wegen des heftigen Schüttel-frosts gehorchte ihm sein
Körper nicht. Er war ein wenig verwirrt, und manchmal wusste er nicht, wo er sich
befand. Auf dem Beifahrersitz begann Madelyn endlich zu zittern, belebt von der
warmen Luft, die aus den Heizungsventilen strömte, und vom Kaffee.
Nie zuvor hatte er sein Haus so wundervoll gefunden wie jetzt, als es im Blickfeld
auftauchte. Er parkte so nahe wie möglich bei der Hintertür, sprang aus dem Wagen
und lief nackt auf die andere Seite, um Madelyn aus der Beifahrertür zu heben. Den
Schnee unter seinen bloßen Füßen spürte er nicht.
Nun konnte sie einigermaßen gehen, und das erleichterte seine Aufgabe. Arm in
Arm schleppten sie sich die Verandastufen hinauf und ins Haus. Er führte Madelyn
vorsichtig in das Bad neben der Waschküche, lehnte sie an die Wand und ließ heißes
Wasser in die Wanne laufen. Als sich Dampfwolken bildeten, drehte er den
Kaltwasserhahn auf und hoffte, die richtige Temperatur zu erzielen, so dass sie sich nicht verbrühen würden. Seine Hände waren immer noch gefühllos.
»Komm, Baby, steig in die Wanne.« Mit seiner Hilfe kroch Madelyn hinein, und er
folgte ihr. Sie saß vor ihm, zwischen seinen Beinen, an seine Brust gelehnt. Tränen
strömten über ihr Gesicht, während das heiße Wasser ihren kalten Körper umspülte
und ihn schmerzhaft zu neuem Leben erweckte.
Ray legte den Kopf an den Wannenrand und biss die Zähne zusammen. Diese Qual
mussten sie ertragen, weil es notwendig war. Auf diese Weise konnten sie sich am
schnellsten
erwärmen.
Allmählich verebbte der Schmerz. Sobald das Wasser den Überlauf erreichte, drehte
Ray die Hähne ab und rutschte tiefer hinab, damit auch seine Schultern
untertauchten. Madelyns Haar schwamm auf sanften Wellen, wie flüssiges Gold. Er
drückte sie an sich. »Besser?«
»Ja.« Ihre Stimme war kaum hörbar und
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