Tiffany Duo Band 0149 (German Edition)

Südstaatenakzent nicht entgangen.
    “Da hast du recht, meine Liebe”, bestätigte Vernon.
    “Und dieses grüne Haus”, empörte sich Lillian weiter. “Unmöglich. Außerdem hat er nie den Rasen gemäht, das Gras wuchs bis in den Himmel. Und wenn er doch mal gemäht hat, dann immer am Sonntagmorgen, wenn Vernon noch schlafen wollte. War es nicht so, Vernon?”
    “Genau so”, nickte er.
    “Was wissen Sie von seiner Frau Polly?”, wollte Shea wissen.
    “Nicht viel”, antwortete Lillian. “Sie ist ein liebes Ding. Ich glaube, ihre Familie stammt aus Georgia. Wie sie an diesen Yankee geraten konnte, ist mir schleierhaft.”
    “Sie denken also, dass Nick unschuldig ist?”, fragte Vernon unvermittelt.
    Shea nickte.
    “Aber Sie wissen nicht, wer es getan haben könnte?”
    “Nein”, gab sie zu.
    “Lassen sie mich Ihnen einen Rat geben, Miss.” Vernon lehnte sich vor und sah Shea in die Augen. “Ich mochte Nick wirklich. Aber lassen Sie sich nicht von seinen schönen Augen blenden. Ich war auf diesem Grillfest, und ich habe gesehen, wie wütend er war … wütend genug, um zu töten.”
    Shea fühlte, wie ihre Wangen glühten. “Ich versichere Ihnen, meine Überzeugung, dass Mr Taggert unschuldig ist, beruht auf Nachforschungen und …”
    “Ich will Sie nur warnen”, unterbrach Vernon. “Was, wenn sich herausstellt, dass dieser hübsche Bursche doch ein kaltblütiger Killer ist?”
    Shea war entschlossen, sich von einem alten Mann nicht verunsichern zu lassen, aber sie entschied sich dennoch, das Interview zu beenden. Wer weiß, welche Motive Vernon für seine angebliche “Warnung” hatte? Wer konnte schon sagen, ob er wirklich nur ein harmloser alter Mann war?
    Nun blieb nur noch eine Person, die Shea befragen musste: Polly Winkler.
    Das ehemals grün gestrichene Haus war jetzt wieder weiß und der Rasen des Vorgartens sauber und gepflegt. Shea klopfte an die Tür, und eine zarte, unscheinbare Frau öffnete. Polly war wirklich genau so, wie Nick sie beschrieben hatte. Zaghaft, scheu, unauffällig.
    Pollys Hintertür war verschlossen, sodass Nick die Kreditkarte einsetzen musste, um in die Küche zu gelangen. Stimmen drangen an sein Ohr, als er eintrat. Es war eindeutig Shea, die sich bereits mit Polly über den Mord unterhielt. Es fiel Nick auf, dass Shea mit ihr viel sanfter und einfühlsamer sprach, als mit den anderen Nachbarn.
    Er sah sich in der Küche um. Nichts in diesem Raum erinnerte irgendwie an Gary Winkler. Alles hier trug die Handschrift einer Frau. Auf der Anrichte stand eine Schale mit Keksen, und auf einem Regal waren Porzellantassen dekoriert. Dann fiel Nicks Blick auf ein kleines Fläschchen mit Pillen, das neben der Spüle stand. Es waren Schlaftabletten.
    Nick schlich sich in den Flur, seinen Körper flach gegen die Wand gepresst, damit er besser hören konnte, was im Wohnzimmer gesprochen wurde.
    Zu seiner Überraschung schien Polly sich für Sheas Vermutung, dass jemand anderes Gary ermordet hatte, richtig zu interessieren. Die übrigen Nachbarn hatten sich zu Sheas Theorie eher skeptisch geäußert. Vernon wollte sie sogar glauben machen, dass sie sich vielleicht in Gefahr befand. Aber Polly schien ihr zu glauben.
    Nick lehnte sich gegen die Wand. Er war so angespannt, dass er es fast nicht mehr ertragen konnte. Wenn der Plan funktionieren würde, dann wüsste er noch heute Nacht, wer Gary Winkler ermordet hatte.
    Und wenn nicht? Dann blieb ihm nur die Flucht. Und dieses Mal würde er alleine fliehen.

18. KAPITEL
    Shea hätte Lauren gern gehasst, aber es gelang ihr nicht. Die attraktive schlanke Frau war sehr interessiert daran, Nick zu helfen, und sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, das spontane Grillfest für die Nachbarn zu organisieren. Sie bestand sogar darauf, Shea für diese Gelegenheit eines ihrer Sommerkleider zu leihen.
    Am frühen Abend trudelten nach und nach die Gäste ein. Shea stand allein auf Normans Veranda und beobachtete, wie sich die Leute im Garten versammelten. Sie wusste, dass Nick irgendwo im dichten Gebüsch hinter Normans Garten versteckt war und die Szene von dort betrachtete.
    Alle waren gekommen, sogar Lillian Casson, obwohl sie keinen Hehl daraus machte, dass sie Lauren nicht leiden konnte. Einige Kinder liefen auf dem Rasen umher, Männer und Frauen standen in verschiedenen Grüppchen beieinander und redeten, während Norman am Grill stand und Hamburger briet.
    Shea bemerkte, dass die Nachbarn immer wieder verstohlen zu ihr herübersahen.