Tiffany Duo Band 0149 (German Edition)
erwies sich als schwieriger, als sie erwartet hatte. Oder war sie einfach zu ehrlich, um diese Arbeit verrichten zu können? Zu offen? Es war ihr immer schon schwergefallen zu lügen. Noch schwerer, ihre Gefühle zu verbergen. Es war ihr nahezu unmöglich, wie eine verheiratete Frau zu denken, und noch viel unmöglicher, wie eine zu wirken. Es fehlte ihr an Übung. Und dieser McCall merkte einfach alles. Sie musste sehr vorsichtig sein.
“Was trinken Sie da?” Ihr einziger Ausweg war, das Thema zu wechseln, und sie tat es viel zu offensichtlich.
McCall schaute auf die Flasche, die er in der Hand hielt, als hätte er sie gar nicht bemerkt. Oder hatte ihn die Frage überrascht? “Das hier? Das ist
Pulque
. Das Bier aus der Gegend. Möchten Sie auch eines? Ich muss Sie aber warnen: Es ist sehr gewöhnungsbedürftig.”
“Warum nicht?”, meinte Ellie und zuckte mit den Achseln.
Er ging in die Küche, holte eine zweite Flasche und stellte sie ihr vor die Nase. Sie nahm einen Schluck und tat ihr Bestes, sich nicht zu schütteln.
“Möchten Sie noch etwas essen?”
“Nein, danke”, erwiderte sie und nahm entschlossen einen zweiten Schluck Bier. Mein Gott, ist das Zeug schrecklich, dachte sie und musste beinahe würgen. Sie beobachtete McCall, während er das Geschirr stapelte und es – Geschirrtuch über der Schulter, Hemd aus der Hose hängend – in die Küche trug. Was hatte es bloß mit ihm auf sich? Was war nur an diesem Mann? Irgendwie wollte sie ihn besser kennenlernen. Sie wusste zwar nicht, warum, aber so war es. Nicht nur aus Neugier oder weil er eine Herausforderung darstellte – obwohl er so entschlossen war, nichts von sich preiszugeben. Nein, es war etwas tiefer Liegendes. Eine Art Verbindung. Ein Gefühl, dass sie ihn wirklich mögen könnte, wenn sie nur die Gelegenheit dazu bekäme.
Aber momentan sah es nicht so aus, als ob sie je eine solche Chance erhalten würde.
Ellie nahm noch einen Schluck. Diesmal schmeckte es nicht mehr ganz so schrecklich.
Mit dem Wickelbär auf dessen Lieblingsplatz – McCalls Schulter, der Schwanz um seinen Nacken gelegt – kam der Maler wieder herein. Ellies Herz pochte heftig. Muss wohl das
Pulque
sein, dachte sie.
“Sie hat nach Obst gesucht”, erklärte McCall, setzte sich und legte die Hand auf den Tisch. “Inky …”
In diesem Moment machte der Wickelbär einen Riesensatz und landete auf Ellies Schulter. Überrascht lachte sie auf.
“Tut mir leid”, murmelte er. “Ich nehme sie schon wieder.”
“Nein, nein …” Weiter kam Ellie nicht, denn er hatte die Hand schon nach Inky ausgestreckt, während sie ihm ihre freie Schulter zudrehte. Dadurch kam für einen kurzen Augenblick seine Hand auf ihrer Haut zu ruhen. Nicht lange, aber lange genug, um Ellie innerlich kribbeln zu lassen.
“Hier”, sagte sie und hielt dem Wickelbär eine Weintraube vor die Nase. Sie traute sich nicht, sich zu McCall umzudrehen und ihn anzuschauen. Welcher Ausdruck würde in seinen Augen liegen? Stattdessen versuchte sie, sich ganz auf das Tier zu konzentrieren.
Die Befangenheit, die dieser Mann in ihr auslöste, war ihr von Grund auf fremd. Sie war es nicht gewöhnt, nervös und gehemmt mit Leuten umzugehen. Besonders nicht mit Männern. Sie hatte Männer immer gemocht – als Freunde. Ellie war noch nie verliebt gewesen, nur ein paar Mal verknallt in einem jugendlichen Sinne. Dessen war sie sich sicher, da sie wusste, wie echte Liebe aussah. Schließlich war sie damit aufgewachsen, hatte sie jeden Tag vor Augen gehabt. Sie wusste bestimmt, dass sie wahre Liebe erkennen würde, wenn sie ihr über den Weg lief. Mit weniger würde Ellie sich gar nicht erst abgeben. In der Zwischenzeit war es ihr mehr oder weniger gleichgültig, ob Männer sie mochten oder nicht.
“Entschuldigen Sie”, sagte sie schließlich und versuchte, ihre Nervosität hinter Höflichkeit zu verbergen. “Ich will nicht neugierig sein, aber darf ich Ihnen eine Frage stellen? Wegen Inky?”
McCall nickte. “Was denn?”
“Wo und wie um Himmelswillen sind Sie an Inky gekommen? Sie ist doch nicht auch einfach durch die Terrassentür hereinspaziert.”
“Nein. Ich habe sie gekauft.”
Endlich entfernt er sich ein bisschen von mir, dachte Ellie, und riskierte einen Blick. Wieder hatte er sie überrascht. Sie hätte nie angenommen, dass McCall der Typ war, der sich ein exotisches Haustier zulegen würde.
Während Inky ihre mittlerweile dritte Traube verzehrte, beobachtete Ellie den Maler.
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