Tiffany Duo Band 128
Mutter dich geliebt hat?" fragte Hannah sanft.
Alicia nickte.
„Von dem ersten Moment an, in dem Margaret dich zu Gesicht bekam, warst du die Nummer eins in ihrem Leben", fuhr die alte Dame fort. „lch habe nie eine Frau getroffen, die ein Kind so abgöttisch geliebt hätte. Sie hat dich überallhin mitgeschleppt, dir jeden Wunsch von den Augen abgelesen und dich regelrecht angebetet. Mein Sohn folgte ihrem Beispiel. Du warst ein zärtlich umsorgtes, über alles geliebtes kleines Mädchen."
„Das weiß ich, Granny", flüsterte Alicia. „lch erinnere mich sehr gut."
Hannahs Augen begannen sich mit Tränen zu füllen. „Ich fühle, dass es ein Verrat an dem Andenken meiner toten Schwiegertochter ist, wenn ich dir das jetzt erzähle, weil sie nicht wollte, dass du es je erfährst. Aber mein Sohn und seine Frau sind tot, und ich bin der letzte Mensch in der Familie, der die Wahrheit kennt."
Das Schweigen im Raum war unheimlich. Die alte Dame atmete zitternd durch und griff nach Alicias Hand.
„Liebes, du bist nicht das leibliche Kind deiner Mutter. Du wurdest adoptiert, als du zehn Tage alt warst."
Alicia starrte Hannah fassungslos an. Dann sprach sie den ersten Gedanken aus, der ihr durch den Kopf schoss. „Aber ich sehe doch genau wie Daddy aus ..."
Hannah grub ihre Zähne in die Unterlippe und nickte. „Du hast Recht, mein Sohn Daniel war dein leiblicher Vater. Du bist das Kind meines Sohnes und eines Mädchens, dessen Mutter vor fünfunddreißig Jahren für die Familie gearbeitet hat. Die Adoption lief nicht, wie soll ich es sagen, offiziell ab. Deine leibliche Mutter war minderjährig, und mein Sohn wäre wegen Unzucht mit Minderjährigen ins Gefängnis gewandert, wenn die Wahrheit ans Licht gekommen wäre. Um das alles unter der Decke zu halten, hat Daniel für den Rest seines Lebens ein Vermögen bezahlt. Ich habe erst nach seinem Tod herausgefunden, dass man ihn erpresst hat, und weiß auch nicht alle Einzelheiten - ich wollte es auch gar nicht - aber ich habe dafür gesorgt, dass die Zahlungen nach Daniels Tod weiterliefen. Das war vor sechzehn Jahren, und ich habe seitdem nichts gehört, so dass ich annehme, dass die Abmachung immer noch in Kraft ist."
„Erpressung durch wen?" fragte Lafferty scharf mit Blick auf Alicias leichenblasses Gesicht.
Hannah zuckte die Schultern.
„Durch das Mädchen. Alicias leibliche Mutter, Deborah Lassiter. Ich habe nach Dans Tod die Unterlagen gefunden. Zuerst war es Nancy Lassiter, die Dan erpresste, doch nach deren Tod trat ihre Tochter Deborah an ihre Stelle und erhöhte die Summe des Schweigegeldes. Daniel hatte Angst, ins Gefängnis zu kommen, und bezahlte natürlich."
Lafferty registrierte, dass Hannah ständig von „dem Mädchen" sprach, wenn sie Alicias leibliche Mutter meinte.
Hannah fuhr fort: „Daniel und seine Frau haben beschlossen, das Kind, das er mit einer anderen hatte, zu kaufen, weil Margaret unfruchtbar war und keine eigenen Kinder bekommen konnte. Da der Vorgang nicht legal war, gibt es keine gerichtliche Urkunde, und es existiert bis auf die Erinnerung der Überlebenden kein Beweis. Der Vorgang wurde damals von dem Anwalt Ambrose Kirkland abgewickelt. Erinnerst du dich an ihn?"
Alicia nickte betäubt. Lafferty ging zu ihr hin und legte.ihr eine Hand auf die Schulter. Das, was ihr die alte Dame eröffnet hatte, war möglicherweise zu viel für sie. Wie viel konnte sie noch verkraften? Doch trotz seines Mitgefühls spürte Lafferty Erregung in sich aufsteigen. Am Horizont tauchte ein silberner Hoffnungsstreif auf. Wenn Hannah Recht hatte und niemand außer den Beteiligten von Alicias Adoption wusste, und wenn Erpressung im Spiel war, konnte er bei seiner Untersuchung eine ganz neue Richtung einschlagen. Wenn Alicia Joe Walker nicht getötet hatte, musste es jemand anders gewesen sein, und es war sehr gut möglich, dass der Grund in dem Geheimnis lag, das die alte Dame seit mehr als einer Generation mit sich herumtrug.
„Ambrose Kirkland ist noch am Leben, obwohl er sich schon lange zur Ruhe gesetzt hat. Ich habe seine Adresse", fügte Hannah müde hinzu. „Er kann dich über die schäbigen Einzelheiten ins Bild setzen. Ich kenne die Geschichte nur bruchstückhaft. Nachdem Alicia bei uns war, hat Daniel nie wieder darüber gesprochen, und ich wollte ehrlich gesagt auch nichts davon wissen. Ich habe nach Daniels Tod nur veranlasst, dass das Geld weiter fließt."
„Wie ist das alles passiert?" fragte Alicia.
Die alte Dame seufzte.
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