Tiffany Duo Band 128
sein. Zu seiner Erleichterung entdeckte er nur ein lebendiges Tier, das wie eine weiße Fellrolle fast das ganze Sofa einnahm.
Das Zimmer, das seine Gastgeberin ihm auf der Rückseite des Hauses zeigte, war makellos sauber. Es enthielt ebenfalls eine Katzensammlung. Evan hoffte inständig, dass die zahlreichen Augen, die ihn von allen Seiten anblickten, seinen Schlaf nicht stören würden.
Mrs. Jenks stützte ihre üppige Hüfte an den Türrahmen und sah zu, wie er seine Satteltaschen auf einen Stuhl legte und einige Toilettensachen herausnahm.
„Charlie hat mit erzählt, dass Sie aus der Gegend von Flagstaff stammen."
„Ja. Meine Familie besitzt ein Grundstück ungefähr zehn Meilen von der Stadt entfernt."
„Wie groß ist es?"
Evan zog eine Braue hoch, antwortete aber bereitwillig. Innerhalb weniger Minuten hatte Mrs. Jenks sein Geburtsdatum, seinen Platz innerhalb der Geschwisterreihe, seinen Personenstand, die Zeit, seit er seinen augenblicklichen Beruf ausübte, und sein ungefähres Einkommen erfahren. Zufrieden lächelnd zog sie sich zurück.
Kurz darauf tauchte Evan frisch geduscht und rasiert aus dem Badezimmer auf. „Ich muss mir unbedingt die Beine vertreten."
„Nun, dafür gibt es in Paradise jede Menge Platz", erklärte Josephine und strich mit ihren rot lackierten Fingernägeln durch das weiße Fell der Katze. „Sollte Ihr Weg Sie zufällig zu Lissas Wohnwagen führen ..."
„Ja?"
„Vergessen Sie nicht, dass sie gute Freunde in Paradise hat. Freunde, die verhindern möchten, dass man ihr mehr Leid antut, als schon geschehen ist."
„Ich habe nicht die Absicht, Lissa wehzutun."
Was er genau vorhatte, wusste Evan selber nicht, während er an diesem milden Abend durch den Ort schlenderte. Erstens fürchtete er, dass er den Reporter unabsichtlich neugierig gemacht haben könnte. Zweitens musste er die sanfte Taube, als die Charlie und die Witwe Jenks Lissa beschrieben hatten, mit der jungen Sexgöttin in Einklang bringen, deren Manager Millionen unter ihrem Namen veruntreut hatte. Vielleicht - aber nur vielleicht - wollte er auch begreifen, wes halb Lissa sich all die Jahre in dieser verlassenen Gegend verkrochen hatte.
Das Publikum vergaß erstaunlich schnell. Täglich flogen irgendwelche Affären von Film- und Fernsehstars auf. Doch die meisten Beschuldigten kehrten kurz darauf ins Rampenlicht zurück. Nicht Lissa James. Dieser Umstand faszinierte ihn beinahe ebenso sehr wie das Lächeln, das er ihr am frühen Nachmittag entlockt hatte.
Evan stieg den felsigen Pfad hinauf, der zu ihrem Wohnwagen hoch über Paradise führte. Riesige Cereus-Kakteen wuchsen auf dem Hang und reckten ihre gewaltigen Sprossen zum Mondhimmel empor.
Im Wohnwagen brannte Licht. Musik scholl ihm aus den Fenstern entgegen, als er auf halber Höhe war. Neugierig hielt er inne und lauschte den Klängen.
Im Gegensatz zu den hämmernden Rhythmen aus Lissas Pick-up am Nachmittag war dieser Song sanft und herzzerreißend traurig. Er konnte den Text nicht richtig verstehen. Anscheinend ging es um einen Splitter des Kreuzes. Was die Sängerin betraf, so hatte er jedoch keinen Zweifel.
Evan verstand nichts von Musik. Er hätte nicht einmal sagen können, ob Lissa eine Sopran- oder eine Altstimme hatte. Er erkannte jedoch eine künstlerische Leistung, wenn er sie hörte. Lissa sang ohne Verstärker und ohne Synthesizer. Trotzdem erreichten ihre sanften, silberhellen Töne ihn in tiefer Seele.
Während er der Musik auf den Hügel folgte, drang plötzlich wütendes Knurren durch die Nacht. Im selben Moment schoss ein Hund unter dem Wohnwagen hervor, ein sehr großer Hund. Evan sah nur einen dunklen Schatten, der direkt auf ihn zukam. Gleichzeitig flog die Tür des Wohnwagens auf, und Lissa trat auf die Schwelle.
„Wolf! Was ist in dich gefahren?"
Wolf? Evan gefiel der Name nicht. Noch weniger gefiel ihm der Anblick der riesigen Reißzähne, die der hässliche Köter fletschte. Sein Körper straffte sich in Erwartung eines Angriffs.
„Platz, Wolf!"
Der Hund verlangsamte seinen Lauf, sobald Lissa ihn ein zweites Mal anrief.
„Platz, Junge. Platz!"
Zu Evans unendlicher Erleichterung ließ der Hund sich keinen Meter von ihm entfernt auf den Hinterläufen nieder. Doch er fletschte immer noch die Zähne, und seine Nackenhaare sträubten sich.
„Wer ist da?" übertönte Lissas scharfe Stimme das Knurren des Tieres. Evan wandte den Blick von dem Hund zu der Frau, die" an der offenen Tür stand. Das goldblonde Haar
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