Tiffany Duo Band 128
wollten zurück nach San Diego", sagte sie.
Das will ich auch. Aber später."
Evan überlegte, weshalb diese Frau ihn gleichzeitig verärgerte und verwirrte. Er hätte ihr erzählen können, dass Charlie und er die Harley aus dem Graben gezogen und auf den Pick-up des Barbesitzers gehoben hatten. Anschließend hatten sie Glück gehabt und eine Ersatzfelge auf einem Schrottplatz in LaGrange gefunden. Deshalb hatte er den Straßendienst angerufen und den versprochenen Leihwagen abbestellt. Sobald Charlie die alte Felge gegen die neue ausgetauscht hatte, würde er weiterfahren.
Statt ihr das alles zu erzählen, stützte er einen Ellbogen auf die Theke und versuchte, sich von dem tiefen Eindruck zu erholen, den Melissa James auf ihn gemacht hatte. In ihrem langen, weit schwingenden Rock und dem züchtigen Oberteil wirkte sie noch sexier als in den hautengen Shorts und dem taillenfreien Top, das sie vorhin getragen hatte.
Sie sah aus wie der Traum eines jeden Mannes von dem braven Mädchen aus der Nachbarschaft, das sich in eine sinnliche, erstaunlich weibliche Frau verwandelt hatte. Ihr goldblondes Haar fiel ihr in sanften Wellen auf die Schultern. Doch aus ihren großen braunen Augen sprach unmissverständlicher Argwohn.
Erneut hatte Evan das Gefühl, die Frau zu kennen. Schade, dass er Sharon noch nicht zurückgerufen und sich nach dem Ergebnis ihrer Nachforschungen erkundigt hatte.
„Es tut mir Leid, dass ich Sie heute Nachmittag verärgert habe", sagte er endlich.
„Kein Mensch erwartet eine Bezahlung für eine einfache Gefälligkeit. "
„Ich weiß. Bitte entschuldigen Sie", wiederholte er.
Lissa entspannte sich ein wenig. Nicht genug, um zu lächeln. Aber sie wirkte nicht mehr so misstrauisch. „Entschuldigung angenommen."
„Auf die Gefahr, erneut in ein Fettnäpfchen zu treten: Darf ich Ihnen ein Bier oder einen Softdrink anbieten? Oder ..." Er warf einen zweifelnden Blick auf seinen Teller. „Etwas zu essen?"
Um Lissas Lippen zuckte es, und ihre Augen schienen zu lächeln. Äußerlich war die Veränderung gering. Doch die Wirkung war so verblüffend, dass Evan unwillkürlich die Luft anhielt.
„Sie sind mutiger als ich", gestand sie. „Ich habe noch nie gewagt, Charlies Eintopf zu probieren."
„Er ist nicht schlecht - wenn man beim Essen nicht zu viel nach denkt. "
Zu ihrer eigenen Überraschung spürte Lissa plötzlich den Wunsch, Hendersons Angebot anzunehmen. Am liebsten wäre sie auf den Barhocker neben ihm geklettert und hätte die Ellbogen auf die Theke gestützt. Es war lange her, seit sie sich entspannt mit einem Mann ihres Alters unterhalten hatte, der sie weder als Superstar betrachtete noch als Kriminelle.
Es kostete sie einige Anstrengung, das verräterische Bedürfnis zu unterdrücken. Sie musste schnellstens verschwinden, bevor sie etwas sagte oder tat, das den zerbrechlichen Kokon zerstörte, den sie die letzten Jahre um sich gesponnen hatte.
„Vielen Dank. Aber ich verzichte auf einen Drink oder das Essen. Ich bin nur gekommen, um Charlie die Post zu bringen." Sie legte die Briefe auf die Theke und wollte gehen.
Evan war merkwürdig enttäuscht. Lissa hätte beinahe nachgegeben und gelächelt. Aus einem seltsamen Grund wollte er das unbedingt erleben. Da er niemals kampflos aufgab, versuchte er es erneut.
„Mir ist klar, dass ich mich wie ein Flegel benommen habe. Aber ich finde, Sie sollten mir Gelegenheit geben, es wieder gutzumachen. Ich bin nicht immer so linkisch."
„Linkisch kamen Sie mir durchaus nicht vor", gab Lissa zu. „Eher etwas ..."
„Spöttisch?" fragte er, als sie zögerte. „Mag sein. Wahrscheinlich habe ich zu viele Jahre Blutsauger und Schmarotzer verfolgt, die andere ausnehmen. Wenn man ständig mit diesem Abschaum zu tun hat, bekommt man zwangsläufig einen voreingenommenen Blick auf die menschliche Natur."
Lissa erstarrte erneut. Zu spät erinnerte Evan sich an seinen Verdacht, dass sie irgendwann auf der falschen Seite des Gesetzes gestanden haben musste. Sie biss sich heftig auf die Lippe, und ein Ausdruck, der dem Schmerz sehr nahe kam, erschien auf ihrem Gesicht.
Evan suchte nach einer Möglichkeit, die Wirkung seiner unvorsichtigen Bemerkung zu mildern. Doch bevor ihm etwas Passendes einfiel, eilte sie nach draußen.
„Warten Sie, Lissa!"
Er lief ihr nach, stürzte hinaus in die blendende Helligkeit und stieß direkt mit ihr zusammen. Sie war unmittelbar hinter der Tür stehen geblieben und wie zur Salzsäule erstarrt.
Evans
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