Tiffany Duo Band 77
heraus, sie rieben sich aneinander, verhakten sich sozusagen mit den Hörnern, kämpften, forschten einander aus. Zwischen ihnen bestand eine Spannung, die Lonnie zum Denken anregte und ihre Gefühle aufwühlte.
J.D. war ein träger Fluß, Sam ein reißender Strom mit Untiefen und weißschäumenden Stromschnellen - gefährlich, aber aufregend.
Lonnie seufzte. Zur Ruhe kommen, heiraten, eine Familie gründen - das war ihr Wunsch, und deshalb hatte sie „ja" zu J.D. gesagt. Nun aber war es kein überzeugender Grund mehr für sie. Warum hatte sie den Ring überhaupt angenommen?
Weil sie es so romantisch fand. Weil sie an die romantische Bedeutung eines Verlobungsrings glaubte und sich eingeredet hatte, die Romanze würde sich mit dem Tragen des Symbols erfüllen. Dies war nicht passiert - jetzt gestand Lonnie es sich ein, und sie wußte, daß sie mit J.D. nie das fühlen würde, was sie bei Sam Triver empfunden hatte.
Sie wußte auch, daß sie ihr Leben lang die Erinnerung an Sam nicht loswerden würde. Konnte sie ihr Leben mit einem Mann teilen, wenn sie mit ihren Gedanken und Gefühlen bei einem anderen war?
Das Bellen eines Hundes unterbrach ihre Gedanken. Sie streckte sich und gähnte. Wo um alles in der Welt steckten ihr Vater und Carolyn? Sie stieß sich mit dem Fuß ab und begann, in der Schaukel hin-und herzuschwingen. Die Bewegung wiegte sie fast in Schlaf, aber plötzlich war sie hellwach. Aus dem geöffneten Fenster ihres Schlafzimmers drang ein qualvoller Laut.
Lonnie lief schnell ins Haus und die Treppe hinauf. Vor der Tür blieb sie kurz stehen und horchte. In Sams Stöhnen mischten sich undeutliche Worte. Rief er nach ihr? Sie öffnete leise die Tür und sah, wie er sich im Bett hin- und herwarf. Die Decke war zur Seite geworfen. Die Eispackung lag am Boden.
Lonnie trat neben das Bett. „Sam..."
Keine Reaktion.
Sein Hemd war geöffnet. Der Anblick seiner muskulösen Brust erinnerte Lonnie an die Skulpturen Michelangelos. Es drängte sie, ihn zu berühren, mit den Fingern über das schwarze Haargekräusel zu streichen, die perfekten Linien und Formen seines wie gemeißelten Körpers zu erspüren. Ein brennendes Verlangen stieg in ihr hoch. Sie schloß die Augen, um sich wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Wieder zerriß Sams Stöhnen die Stille, und aus einem Instinkt heraus tat Lonnie nun das, was ihr Vater getan hatte, wenn sie oder Carolyn nicht einschlafen konnten oder von einem Alptraum gequält wurden. Sie setzte sich auf die Bettkante und sang ganz leise das alte irische Schlaflied: „Hab keine Angst und fürcht' dich nicht. Nichts muß dich bedrücken. Mach die Augen zu und schlaf. Und wenn die Sonne aufgeht, werd' ich bei dir sein. Ja, ich werde bei dir sein."
Das Donnern wurde stärker, und dann begleitete das sanfte Rauschen des Regens Lonnies Lied. Sam beruhigte sich, aber sein Mund blieb angespannt. Während Lonnie leise weiter summte, nahm sie behutsam seinen Arm von seinen Augen und legte ihn auf seine Brust. Sie strich ihm die Haare aus der Stirn und betrachtete sein Gesicht. Ja, er sah unglaublich gut aus, aber es war etwas anderes, das ihr Herz anrührte. Sie strich zärtlich mit dem Finger über die kleine Narbe auf seiner Wange. Er sah so gequält aus, so hungrig nach Liebe.
Sie fühlte, wie er sich an sie drängte, und hörte zu singen auf. Als sie die Hand von seiner Stirn nahm und dabei leicht seine Brust streifte, schlossen seine Finger sich um ihre. Überrascht blickte sie in sein Gesicht. Seine Lider waren halb geöffnet. „Nicht aufhören", murmelte er schläfrig, „es klingt schön."
Sie lächelte, nahm seine große Hand zwischen ihre Hände und begann wieder zu singen.
Draußen frischte der Wind auf. Die Vorhänge bauschten sich ins Zimmer. Die frische kühle Luft war wie Balsam auf Lonnies Haut.
Sam hob die Hände, umfaßte ihre Schultern und zog sie zu sich. Ihre Lippen berührten sich in einem zärtlichen Kuß.
„Ich will dich, Lonnie Stockton."
„Ich weiß."
Er liebkoste mit den Lippen ihr Ohr. „Du und ich - es wäre atemberaubend."
Sie seufzte sehnsuchtsvoll, aber nach einem kleinen Moment des Zögerns löste sie sich aus seinen Armen. „Schlaf weiter, Sam."
Als er sich ins Kissen zurücklegte, erhellte ein Scheinwerferstrahl das Zimmer. Dann das vertraute Motorengebrumm in der Auffahrt - der Pick-up der Stocktons. Lonnie biß sich auf die Lippe. Ihr Pa und Carolyn kamen nach Hause.
Lonnie hatte es gerade ins Wohnzimmer geschafft, als Carolyn
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