Tiffany Duo Band 77
sei. Also wartete Lonnie. Sie saß steif auf dem zierlichen antiken Sofa, vor sich eine Tasse Cappuccino und ein Tellerchen mit feinen schokoladegefüllten Waffeln.
So also kaufen die Reichen ein, dachte sie. Nicht schlecht. Wirklich, nicht schlecht.
Sie bezwang ihr Unbehagen, nahm eine Zeitschrift vom Tisch und lehnte sich in die weichen Seidenpolster. Während sie in dem Heft blätterte und die Überschriften überflog, kam es ihr vor, als blickte sie durch ein Schlüsselloch in die Welt des Jetsets. Klatschstories, Bildreportagen von glamourösen Parties, Modenschauen, Opernpremieren. Es war eine Welt, die ihr fremd war wie einem Hinterwäldler die Großstadt.
Als sie das Heft zurücklegte, fiel ihr Blick auf das Magazin „Motoryacht". Sie zögerte kurz und nahm es dann zur Hand. Aus dem Archivmaterial der Zeitung wußte sie, daß Yachten und Rennboote Frank Defrancos Leidenschaft waren. Es konnte nicht schaden, wenn sie sich eingehender über sein Hobby informierte.
Nach fünfundzwanzig Minuten, dem Studium von fünf Fachartikeln und dem Verzehr von sechs Schokoladenwaffeln hörte Lonnie zwei Frauenstimmen. Sie sah von der Zeitschrift auf und erblickte eine schlanke schwarzhaarige Dame mit strenger Ballerinafrisur, die eine junge blauäugige Blondine aus den hinteren Räumen nach vorn eskortierte.
„Oui, oui, die Änderungen sind absolut, perfekt", sagte die ältere Frau. Sie hatte eine tiefe, melodische Stimme und sprach mit französischern Akzent.
„Ja", antwortete die Platinblonde, „ich habe die ideale Achtunddreißiger-Figur. Außer winzigen Kleinigkeiten - ein Abnäher oder
ein Saum - muß nie etwas geändert werden. Wissen Sie, daß Ralph Lauren mich einmal gefragt hat, ob ich ein verkapptes Mannequin sei?"
„Mais non! Das hat er Sie gefragt? Entzückend! Nun, ich verstehe, warum. Und die Creation, die Mademoiselle ausgesucht hat, wird jeden Mann bezaubern. Helen, verpacken Sie bitte das Givenchy-Modell für Mademoiselle Willmington."
Willmington? Lonnie senkte die Zeitschrift und musterte die Blondine eingehender. Es war niemand anderes als Victoria Willmington, Sams Verlobte in spe.
Lonnie hatte sie einige Male flüchtig in den Korridoren der „News" gesehen, jetzt aber sah sie sie zum erstenmal aus der Nähe. Sam besaß guten Geschmack, das mußte sie zugeben. Victoria war die perfekte Society-Lady, sie sah aus, als wäre sie einer dieser Hochglanzzeitschriften entstiegen und war genau das richtige Pendant für einen aufstrebenden Geschäftsmann und Verleger.
Lonnie hob die Zeitschrift dicht vor ihre Nase, als die beiden Frauen näherkamen. Das Farbfoto der grandiosen Orca-Yacht verschwamm vor ihren Augen.
„Ja, ich finde auch, daß mir das Kleid phantastisch steht", schwärmte Victoria.
„Oui, die Männer werden entflammen", bestätigte die elegante Französin mit dem lackschwarzen Haarknoten im Nacken. „Ich versichere Ihnen, Mademoiselle, in diesem Kleid werden Sie ein Dutzend Heiratsanträge bekommen."
Lonnie riskierte einen Blick über den Heftrand, bevor Helen die Robe in einen Karton bettete. Es war ein langes rosa Futteralkleid mit weißseidener Drapierung und zwei großen rosa Schleifen - eine an der Hüfte, die andere diagonal dazu am Schulterträger.
Es war zweifellos ein sehr teures Kleid. Teuer, stilvoll und... pompös. Eine Robe für den Laufsteg, fand Lonnie, die sich nicht vorstellen konnte, daß ein Mann darin die Frau seines Herzens sehen wollte.
Die Erinnerung an ein schwach erleuchtetes Schlafzimmer schoß ihr durch den Kopf, an Sams Gewicht auf ihrem Körper, an seinen warmen Atem an ihrem Ohr, an seine flüsternde Stimme. „Wie gut du dich anfühlst.....
Lonnie schloß die Augen.
„Zehn Anträge - das würde mir gefallen." Victorias Stimme zerbrach ihren Tagtraum. „Aber ich erwarte nur einen. Das nächste Mal werde ich ein Brautkleid bei Ihnen kaufen, Jacqueline."
„O wie aufregend, wie wundervoll! Ich freue mich für Sie, Mademoiselle!" sagte Jacqueline überschwenglich.
„Danke, Jacqueline. Entschuldigen Sie, ich muß schnell weiter. Ich habe einen Termin beim Friseur. Au revoir."
Lonnie sah die schöne Victoria in einer Wolke aus weißer Seide und Tüll vor sich, an ihrer Seite einen strahlender Sam Triver im schwarzen Smoking, der ihr sein Jawort gab. Ihr Herz schnürte sich zusammen, und ein Gefühl von Schmerz und Verlassenheit überkam sie. Aber was hatte es für einen. Sinn, einem Mann nachzutrauern, der für sie unerreichbar war?
Das
Weitere Kostenlose Bücher