Tiffany Duo Band 77
über wen sie sprachen. Sie folgte den Blicken ihrer Freunde und sah eine Gruppe von Männern an der Bar stehen. Unter ihnen war Sam Triver und neben ihm, den Arm fest mit seinem verschlungen, stand Victoria Willmington. Sie trug ein weißseidenes Kostüm, und ihr platinblondes glänzendes Haar war perfekt zu einer Hochfrisur gestylt.
Lonnies Magen krampfte sich zusammen. Nicht zum erstenmal dachte sie, daß die beiden phantastisch zusammen aussahen. Das ideale Paar.
Was ging hier vor? Lonnie vertraute Sam, aber Victorias offenkundige Absichten behagten ihr ganz und gar nicht. Eine Begegnung könnte peinlich für sie alle werden, und sie wollte es gar nicht erst darauf ankommen lassen.
Ein Kellner kam vorbei. Warum eigentlich nicht? dachte Lonnie, nahm sich ein Glas Champagner und trank einen Schluck, um sich Mut zu machen. „Also, ich denke, ich werde Sam kurz ,hallo` sagen und dann Charlie suchen und mich von ihm verabschieden. Und dann geht's wieder zur Baustelle. Viel Spaß noch, ihr zwei."
„Wolltest du uns nicht von einer Patentlösung erzählen, die deinen Arbeitstag auf die Norm von zwölf Stunden reduzieren soll?" fragte Bobby.
„Später."
Mit einem aufgepappten Lächeln im Gesicht schlängelte Lonnie sich durch die Menge zur Bar, ohne daß Sam sie bemerkte. Die Jazzband machte gerade eine Pause, und plötzlich erschien es Lonnie zu still.
„Guten Abend allerseits. Ich sah Sie zufällig, Mr. Triver, und möchte Ihnen zu Ihrem offiziellen Aufstieg zum Verleger gratulieren."
Sam drehte sich langsam herum und hielt mitten in der Bewegung wie gebannt inne. Er trank Lonnies Anblick, als hätte er sie Jahre nicht gesehen. So standen sie sich eine endlos lange Minute gegenüber. Voneinander gefangen, blickten sie sich schweigend an, als ob sie die einzigen Menschen im Saal wären.
„Und Sie haben die Anzeigenabteilung phantastisch in Schwung gebracht." Die Stimme neben ihr drang nur langsam in Lonnies Bewußtsein, und es dauerte einen Moment, bis sie begriff, daß der Mann ihr ein Kompliment gemacht hatte. Sie wandte sich um und sah in das freundliche Gesicht des Chefredakteurs George Wayne.
„Haben Sie mit Miss Stockton schon Ihre Idee diskutiert, Sam?" fragte George.
„Sie meinen die Beihefte? Ja, wir haben kurz darüber gesprochen." Sam lächelte, Lonnie zu. „Natürlich müssen wir noch intensiv daran arbeiten, damit es ein Erfolg wird."
„Geht es um diese dürftig verkleideten Müllplätze für Anzeigen?" fragte Victoria in ihrem sicheren, gepflegten Ton. „Werden wir etwa so. etwas produzieren?"
Nun erst schien Sam bewußt zu werden, daß Victoria auf Tuchfühlung neben ihm stand. Er ignorierte ihre verächtliche Bemerkung, und während er weiter Lonnie zulächelte, entwand er sich geschickt ihrem Griff, trat einen Schritt zur Seite und winkte einen Kellner heran.
Lonnie nutzte die Chance für einen eiligen Rückzug. „Entschuldigen Sie mich. Ich habe gehört, bei den Waschräumen braut sich eine Revolte zusammen. Besser ich starte, bevor ich niedergetrampelt werde."
Die Männer lachten, aber Victoria starrte Lonnie eisig an, von ihrer Art Humor sichtlich geschockt.
Die Band begann wieder zu spielen. Über den scheppernden Dixieland hinweg rief Lonnie: „Also dann... bis später." Sie stürzte förmlich davon und sah nicht mehr Sams verwirrten, betroffenen Blick.
Im Flur vor dem Ballsaal, wo Gruppen von Gästen beisammen standen, nickte Lonnie einigen bekannten Gesichtern zu und eilte weiter. Dann rief jemand ihren Namen. Sie drehte sich um und blickte in das alte, weise Gesicht von Charlie Shaw.
„Miss Stockton, ein Glück, daß ich Sie erwische. Ich möchte mich bei Ihnen bedanken."
„Wofür, Mr. Shaw?"
„Bitte, nennen Sie mich Charlie. Ich danke all denen, die Sam helfen, die Zeitung wieder flottzumachen, und Sie stehen da ohne Zweifel in der vordersten Linie. Aber eigentlich möchte ich Ihnen für etwas ganz anderes danken, für etwas, das nichts mit der Zeitung zu tun hat." Charlie kam näher und senkte die Stimme. „Wissen Sie, Lon... ich darf doch Lonnie zu Ihnen sagen?"
Sie nickte.
„Wissen Sie, Lonnie, Sie haben ein kleines Wunder vollbracht. Sie haben meinem Neffen das Lachen wieder geschenkt, und Ihnen ist es zu verdanken, daß seine Augen wieder strahlen", sagte Charlie bewegt. „Sam hatte es nie leicht in seinem Leben, aber besonders hart waren die letzten beiden Jahre. Sie wissen sicher, wie schwer es ihm fällt, Menschen zu vertrauen und in sein Herz zu
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