Tiffany Duo Band 77
ihr Geheimnis, und das sollte es auch weiterhin bleiben.
„Brian", stieß sie erleichtert hervor und ließ ihre Waffe sinken. „Mensch, hast du mich erschreckt."
„Das scheint mir auch so." Ruhig nahm er ihr die Briefwaage aus der Hand und stellte sie auf den Schreibtisch. Dann legte er ihr locker den Arm um die Schultern. „Was ist denn, du zitterst ja."
O ja. Jetzt, aufgrund seiner Berührung sogar noch viel mehr als vor her.
„Ja, sag' mal, was ist denn los?" Er hielt sie noch immer. Ganz schnell war er wieder in seine schon fast vergessene Rolle als ihr Beschützer geschlüpft.
„Nichts." Sie wand sich aus seiner Umarmung und setzte sich an ihren Schreibtisch. Etwas mehr Distanz zwischen ihnen war dringend erforderlich.
Doch er vereitelte ihre Absicht, schob einen Stapel mit Unterlagen beiseite und setzte sich auf die Tischkante, ganz nah vor sie. „Wegen nichts hättest du mir um ein Haar den Schädel eingeschlagen, squirt ?"
Nur einen Sekundenbruchteil nachdem ihm dieser blödsinnige Spitzname aus ihrer Kindheit über die Lippen gekommen war, sprang sie auf. „Hör sofort auf, mich so zu nennen", fuhr sie ihn an.
„Glaubst du, daß das deinem professionellen Image hier schaden könnte?" fragte er gutgelaunt.
„Nein, natürlich nicht. Aber ich will es trotzdem nicht." Ihr Herz klopfte schneller als gewöhnlich.
Sie kannten sich bereits seit einer Ewigkeit. Doch nach dem College hatten sie sich nur etwas ein halbes dutzendmal gesehen. Bis er im vergangenen Frühjahr angefangen hatte, hier zu arbeiten. Er war jetzt einunddreißig, ein großer, schlanker Mann mit breiten Schultern, männlicher noch als vor ein paar Jahren, der Zuverlässigkeit und Selbstvertrauen ausstrahlte.
Brian war der Typ von Mann, auf den eine Frau sich verlassen konnte, egal wie viele Schwierigkeiten sich auch vor ihr auftürmten. So war er schon als Junge gewesen: ein durch und durch verläßlicher Freund. Und das war er auch immer für sie gewesen.
Doch dann tauchte irgendwann ein Problem auf. Sie verliebte sich in ihn als Mann, doch er brachte ihr noch immer diese kameradschaftliche Liebe entgegen. Und weil sie spürte, daß das so war, hatte sie sich auch niemals zu ihren Gefühlen bekannt.
„Aha." Er beugte sich vor und sah sie an. „Los, erzähl mir, was passiert ist", forderte er sie dann auf.
Auch wenn er nicht um all ihre Geheimnisse wußte, kannte er sie doch gut genug, um zu sehen, daß mit ihr im Moment etwas nicht stimmte.
„Nichts ist passiert, wirklich", versicherte sie eilig und versuchte seinem Blick auszuweichen. Warum berichtete sie ihm nichts von dem Anruf? Sie wußte es selbst nicht. Wahrscheinlich deshalb, weil sie seine plötzliche Anwesenheit so verwirrte. „Ich habe nur nicht mitbekommen, wie du reingekommen bist, und plötzlich hörte ich Schritte. Da es noch so früh ist, hatte ich Angst, es sei ein Einbrecher."
Plötzlich wußte sie es. Nein, sie hatte tatsächlich nicht die Absicht, ihm von dem ominösen Telefonat zu erzählen. Weil er sie dann keinen Moment mehr aus den Augen lassen würde. Er würde sich wieder als ihr Beschützer aufspielen, und das konnte sie einfach nicht ertragen. Sie mußte versuchen, ihm so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen.
Und ganz nebenbei - Gefahr in diesem Büro? Sie schüttelte den Kopf bei diesem Gedanken. Einfach lachhaft. Wahrscheinlich nichts als ein dummer Streich, den ihr irgend jemand gespielt hatte. Die größte Gefahr saß direkt vor ihr. Hier auf ihrer Schreibtischkante.
„Möchtest du auch einen Kaffee?" fragte sie schnell, um abzulenken. „lch habe gerade vor ein paar Minuten eine Kanne aufgesetzt. Müßte eigentlich fertig sein."
Er machte ein Gesicht, das besagte, daß er nicht die Absicht hatte, ihr Ablenkungsmanöver zu schlucken, doch dann reichte er ihr die Hand und zog sie vom Stuhl hoch. Die Lust auf Kaffee hatte gesiegt.
Sie gingen zusammen in die kleine Küche, die sich das Ingenieurbüro mit einem Verkaufsbüro teilte, dessen Räume auf der gleichen Etage lagen.
„Hast du nächstes Wochenende schon was vor?" fragte Brian, während Shelly zwei Becher mit Kaffee füllte.
„Ich weiß noch nicht", antwortete sie.
Nächstes Wochenende. Nun, darüber konnten sie sich von ihr aus unterhalten. Ein Thema, von dem keine Gefahr drohte.
„Ich habe noch nicht darüber nachgedacht. Was sagt denn der Wetterbericht?"
„Regen. Samstag und Sonntag."
Sie verzog das Gesicht und nahm einen Schluck von dem Kaffee. Er war heiß
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