Tiffany Lieben & Lachen Band 0010
erzählt?”
Sam schmunzelte lautlos, als Haley Jo seine Tochter empört ansah. “Was heißt hier Riesenschwachsinn? Es ist die Wahrheit.” Scherzhaft zog sie Prudie an einem ihrer Rattenschwänze. “Und außerdem ist es unsere erste gemeinsam zubereitete Mahlzeit. Das bedeutet, wir müssen sie essen. Es ist ein Freundschaftsmahl.” Sie drehte eine der Speckscheiben um, die in der Pfanne schmorten. “Schnell, mehr grüne Farbe.”
Prudie folgte der Anweisung, aber ihr Gesicht hatte auf einmal einen nachdenklichen Ausdruck angenommen. Sam kannte diesen Ausdruck nur zu gut.
“Haley Jo?”
“Ja, Schätzchen?”
“Ich muss dich was fragen.”
“Nur zu.”
“Wenn eine Mom ihr Kind verlässt, bedeutet das, dass ihr Kind etwas falsch gemacht hat?”
Sams Magen krampfte sich zusammen. Was sollte er tun? Haley Jo konnte unmöglich wissen, wie sie auf diese Frage reagieren sollte. Verdammt, er wusste es ja selbst nicht, dabei war er der Vater.
Haley Jo drehte sich zu Prudie um und legte ihr einen Finger unters Kinn. “Schau mich an.”
Prudie richtete ihre großen Augen auf Haley Jos Gesicht.
“Mütter verlassen ihre Kinder aus allen möglichen Gründen, mein Kleines. Aber keiner dieser Gründe hat irgendetwas damit zu tun, dass an dir etwas verkehrt wäre oder du zur falschen Zeit etwas Falsches gesagt hättest. Manche Mütter schaffen es einfach nicht zu lernen, wie man eine gute Mom ist. Dann bekommen sie Angst und laufen deshalb weg.” Sie drückte Prudie an sich. “Aber das Tolle am Leben ist, dass es wunderbar ist, solange man einen Menschen hat, der einen liebt.”
Prudies Unterlippe zitterte. Sam wusste, sie kämpfte jetzt mit den Tränen. “Bist du sicher?”, fragte sie mit erstickter Stimme.
“Hundertprozentig”, erwiderte Haley Jo.
Tränen liefen Prudie übers Gesicht. Sie legte die Arme um Haley Jos Hals und vergrub das Gesicht an ihrer Schulter. Sam konnte sehen, wie Haley Jo seine Tochter noch fester an sich drückte.
“Haley Jo?”, fragte Prudie mit erstickter Stimme.
“Ja, Schätzchen?”
“Hast du einen besonderen Menschen, der dich liebt?”
Sam sah zu, wie Haley Jo mitten in der Bewegung innehielt. Er sah, wie sie offenbar einen dicken Kloß hinunterschlucken musste, bevor sie antwortete. “Noch nicht, mein Kleines. Aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.”
Sam drehte sich um und verließ sein Haus so lautlos, wie er es betreten hatte. Er versuchte sich einzureden, dass er die beiden nur in Ruhe ihr Freundschaftsmahl essen lassen wollte. Aber in Wirklichkeit tat er es, weil er nicht sicher war, ob er Haley Jo ein weiteres Mal begegnen könnte, ohne das zu tun, was er sich nie wieder zu tun geschworen hatte – sie mit all der Leidenschaft und Begierde zu küssen, die er immer noch zu leugnen versuchte.
10. KAPITEL
“Hier, meine Liebe, ich habe Ihnen meinen preisgekrönten Löwenzahnsalat und ein Schälchen Chili mitgebracht.”
Die achtzigjährige Ludi Mills Bradford drückte Haley Jo eine mit Plastikfolie bedeckte Schüssel in die Hand und bedeutete ihrer Gefährtin Alma Mae Quincy, ihr die andere Schüssel zu reichen.
Eleanor hatte Haley Jo kurz zuvor zugeraunt, dass die beiden alten Damen im Altersheim von Reflection Lake wohnten, dem einzigen Hochhaus im Ort. Es hatte genau vier Stockwerke. Eleanor hatte sie vorgewarnt, Ludi sei sozusagen die große alte Dame von Reflection Lake. Niemand legte sich mit Ludi an.
Haley Jo nahm die guten Gaben mit einem höflichen Lächeln an. Der Besuch der beiden alten Damen war keineswegs der erste, den sie erhielt. Wenn sie richtig gezählt hatte, war es der zwanzigste. Wenn sie noch mehr plastikbedeckte Schüsseln erhielt, würde der gute Sam sich eine neue Kühltruhe anschaffen müssen.
Haley Jo wusste natürlich genau, dass die vielen wohlwollenden Besucher vor allem deshalb kamen, weil sie vor Neugierde starben. Alle wollten wenigstens einmal das Mädchen aus der Großstadt sehen, das in Sam Matthews’ Gefängniszelle nächtigte. In so einer kleinen Stadt spricht sich alles schnell herum.
“Das ist wirklich lieb von Ihnen”, sagte Haley Jo und stellte die Schüsseln auf dem Tresen ab. “Ich bin sicher, Mr Matthews wird auch gern etwas davon probieren.”
“Passen Sie nur auf den da auf.” Mit zitternder Hand deutete Ludi in Chesters Richtung. “Das ist Arnolds Sohn, und ich weiß, dass er eine ganze Kuh aufessen kann, bevor die überhaupt das Maul aufmachen kann, um Muh zu sagen.”
Chester senkte
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