TIFFANY SEXY Band 59
Parkettfußboden war gepflegt und duftete immer leicht nach Zitrone. Die schönen antiken Möbel waren seit vier Generationen im Besitz der Familie Hollings.
Cleo hatte beinahe ihr ganzes Leben hier verbracht.
Beinahe. Zwischendurch hatte sie dreieinhalb Jahre in Rutgers studiert, und anschließend hatte sie sich zwei Jahre lang eine Wohnung mit drei Zimmergenossen geteilt. Das Leben war eine einzige lustige Party gewesen. Als sie dreiundzwanzig war, hatte sich all das geändert, und sie war wieder ins Haus ihrer Mutter gezogen.
„Mom?“, rief sie, als sie die Tür öffnete. Sofort bemerkte sie den Rauch und den Geruch von Angebranntem.
„Mom?“ Panik stieg in ihr auf. Sie lief durch den Flur und entdeckte den Grund für den beißenden Gestank in der Küche. Eine Kupferpfanne mit schwarz gebranntem Boden stand noch qualmend im Spülbecken.
Cleo stützte sich auf den Tresen und atmete tief durch. Okay, das war keine Katastrophe.
„Mrs. Cagle?“
Es war nicht Mrs. Cagle, die auf ihr Rufen erschien, sondern Elliott Macguire, Cleos Onkel, der ein Stockwerk unter ihnen wohnte und die Apartments in den unteren beiden Etagen verwaltete. „Elliott? Ist mit Mom alles in Ordnung?“
„Sie schläft.“ Cleo schaute sich um und fluchte innerlich. „Was ist passiert?“
„Rachel wollte kochen, aber dann hat sie die Pfanne auf dem Herd vergessen.“
„Wo ist Mrs. Cagle? Sie sollte hier sein. Sie hat auf solche Dinge zu achten. Das kann doch nicht so schwer sein.“ Mrs. Cagle hatte normalerweise nachmittags und abends Dienst, bis Cleo von der Arbeit nach Hause kam.
„Sie rief mich an, nachdem sie das Feuer gelöscht hatte. Ich sagte ihr, dass sie heimgehen solle und dass ich bei Rachel bleiben würde.“
Cleo starrte auf die Pfanne, hin- und hergerissen zwischen Angst und Wut. „Morgen früh rede ich als Erstes mit dem Pflegedienst. Mrs. Cagle will ich hier nicht mehr sehen. Mom hätte sich verletzen können. Wäre ich doch bloß hier gewesen, Elliott. Solche Dinge passieren nicht, wenn ich hier bin.“
„Du kannst nicht vierundzwanzig Stunden am Tag für deine Mutter da sein. Mittlerweile hast du bereits vier Betreuerinnen gefeuert, Cleo. Vielleicht ist es an der Zeit, innezuhalten und nachzudenken.“
Nein. Sie brauchte nicht nachzudenken. Sie hätte heute Abend eher hier sein sollen. Vor lauter Schuldgefühlen war ihre Kehle auf einmal wie zugeschnürt.
„Wir müssen reden, Cleo.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Da gibt es nichts zu reden, Elliott. Ich habe wegen des Tarifstreits in den letzten vier Tagen kaum geschlafen und kann im Moment nicht einmal mehr klar denken.“
Der letzte Teil war glattweg gelogen. Sie konnte durchaus noch klar denken. Sie wusste ganz genau, dass es andere Betreuungsmöglichkeiten für ihre Mutter gab, aber die würde sie um keinen Preis in Anspruch nehmen. Mit Elliotts Hilfe würde sie es schaffen, ihre Mutter weiterhin zu Hause zu betreuen.
Ihr Onkel schaute sie traurig an, aber Cleo hob den Kopf und richtete sich gerade auf. „Ich danke dir. Du hast etwas gut bei mir.“
„Ich kann das nicht mehr, Cleo.“
Sie presste zwei Finger an die Schläfen und schloss sekundenlang gequält die Augen, als hätte sie Kopfschmerzen. Elliott würde den Wink begreifen. „Sie ist meine Mutter. Sie ist deine Schwester. Wir sind alles, was noch von ihrer Familie übrig ist. Wir tun, was wir tun müssen.“
Seine Miene drückte aus, dass er nicht glücklich darüber war, doch er würde nicht mit ihr streiten. Das genügte Cleo fürs Erste.
„Ich übernehme jetzt, Elliott. Geh schlafen.“
„Wir reden später darüber, Cleo?“
„Sicher“, log sie und schloss die Wohnungstür hinter ihm.
Noch ehe sie sich die Schuhe auszog, ehe sie die Armbanduhr abnahm und sich abschminkte, ging sie zu ihrer Mutter ins Zimmer, um nach dem Rechten zu sehen. Das war ein festes Ritual, seit sie einmal in einer kalten Winternacht zu Hause in ihren Pyjama geschlüpft war, bevor sie entdeckt hatte, dass ihre Mutter gar nicht in der Wohnung war. Wertvolle Minuten waren verstrichen, bis sie sich wieder angezogen hatte, um bei minus sieben Grad nach ihrer umherirrenden Mutter zu suchen. Diesen Fehler hatte sie nicht noch einmal gemacht.
Das Zimmer ihrer Mutter sah noch genauso aus wie zu der Zeit, als Cleos Vater noch gelebt hatte. Gegenüber dem Doppelbett stand eine Kommode mit einem alten Farbfernseher, daneben ein Foto der Familie Hollings. Weihnachten 1983. Damals war Cleo ein
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