Tiffany
Madonna. Bist du noch einmal auf deinem Boot gewesen?«
Sie zog eine hässliche Grimasse und spuckte mich plötzlich an. »Du kannst mich mal!«
Ich hatte kaum geschlafen, und jetzt riss mir der Geduldsfaden. Ich hob die Hand. Ich verspürte Lust, sie zu schlagen, Verstand in ihr Gehirn zu hämmern, meine Wut und meine Ohnmacht herauszulassen. Sie schreckte zurück. Ich packte sie an den Schultern und drückte sie auf das Kissen.
»Hast du Fleur gesehen?«
Zuerst sperrte sie die Augen auf, machte sich stocksteif und wurde bleich. Dann warf sie sich wild auf die Seite und versuchte, an mir vorbeizukommen. Ich zwang sie mit Gewalt zurück aufs Bett, unterdrückte ihr Geschrei, indem ich ihr den Mund zuhielt, woraufhin sie mir in die Hand biss. Ich hielt sie fest, bis sie still liegen blieb. Ihre Augen funkelten hasserfüllt.
»Du bist gestern Morgen abgehauen. Du bist zu einem Hehler gegangen.« Ich legte ihr eine Hand auf die Stirn. Fleurs Anblick musste ein Schock für sie gewesen sein. Meine Wut verrauchte. »Du bist zu deinem Boot gegangen und hast Fleur gefunden. Sie war tot. Du bist weggelaufen und hast bei der Polizei angerufen. Und weil du dich nicht zurück auf das Boot getraut hast, bist du zu deinem Freund in das besetzte Haus gegangen. Wie viele Schüsse hast du dir gesetzt?«
Ich nahm meine Hand weg. Sie kniff die Augen zusammen, krümmte sich und fing an, wirres Zeug zu murmeln, wie ein bockiges Kind. Ich spürte, wie meine Gereiztheit wieder zunahm. »Hör auf, so zu tun, als würdest du nichts mitkriegen!«, hörte ich mich selbst brüllen. »Verstehst du mich? Fleur ist ermordet worden, und der Mörder ist auf der Suche nach dir! Das Einzige, was zwischen dir und ihm steht, bin ich. Aber ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht erzählst, was los ist!«
Sie starrte mich an. »Ich weiß es nicht.«
»Dann erzähl mir einfach das, was du weißt. Du bist in der Straße, in der ich wohne, von einem Freier aus dem Auto geworfen worden. Laut Patty war es ein Mann in einem dunkelgrünen Audi.«
»Stimmt«, antwortete sie heiser.
»Wie sah er aus?«
»Jung. Reich. Pickel im Gesicht. Er hat ihn nicht hochgekriegt und ist wütend geworden.«
Also nicht der Provinzler. »Gehört das ihm?« Ich holte die Brieftasche aus ihrer Handtasche heraus und hielt sie hoch. »Was war da drin?«
Sie starrte die Brieftasche an. »Ich will meine Tasche wiederhaben.«
»Antworte mir.«
»Geld, sonst nichts.«
»Wie, sonst nichts? Das kannst du mir nicht erzählen.«
»Nutzloses Zeug. Kreditkarten, ein kleiner Schlüssel.«
»Was für ein kleiner Schlüssel?«
Sie zuckte mit den Schultern. Viele Leute trugen in ihrer Brieftasche einen Reserveschlüssel für ihr Auto bei sich. Die Kreditkarten? Ging es doch um seine Identität? »Und wo ist das alles?«
Sie warf einen Blick auf die Brieftasche. »Du kannst das Scheißding behalten, der Hehler will’s nicht.«
»Rede gefälligst normal mit mir. Ich bin nicht einer von deinen Junkiefreunden. Also, wo sind die Kreditkarten?«
Sie runzelte ein wenig die Stirn. »Ich habe sie weggeworfen. Ich weiß nicht mehr …« Sie war stoned gewesen, verletzt, verwirrt. Ich wollte gerne glauben, dass sie sich in diesem Moment Mühe gab, sich anstrengte. »War das deine Wohnung?«, fragte sie.
Ich versuchte, ihr zu folgen. »Sind die Sachen vielleicht in meinem Schlafzimmer?«
»Wem gehört denn dieses Haus?«
»Hier bist du in Sicherheit.« Sie musste unbedingt wieder klar im Kopf werden und ein wenig auf die Beine kommen. »Ich muss dich für eine Weile alleine lassen. Hier im Zimmer ist ein Waschbecken, und dort drüben steht ein Eimer mit Deckel, falls du mal nötig musst.«
»Ich will meine Tasche wiederhaben«, sagte sie.
»Du kriegst sie ja, aber ohne die Drogen.«
Ich hatte erwartet, dass sie einen erneuten Wutanfall bekommen würde, aber sie fing auf einmal an zu flüstern und mich bettelnd anzuschauen. Sie reichte mit der Hand unter dem Laken hervor, ließ die Bettdecke etwas von ihren nackten Brüsten gleiten, und ihre Finger wanderten über meine Knie. »Bitte … ich werde noch verrückt, ich brauche unbedingt einen Schuss. Sei lieb zu mir … Bitte!«
Ich nahm ihre Hand von meinem Knie. »Wer ist die Frau auf dem Foto?«
Mit einer so heftigen Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Sie stieß einen Schrei aus und ging mit Nägeln und Fäusten auf mich los, schlug auf meinen Kopf und meine Schultern ein, das Gesicht wutverzerrt. Ich schützte mein Gesicht
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