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Tiffany

Tiffany

Titel: Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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die Gracht boten.
    »Ich dachte, Walter würde mitkommen.«
    »Er ist an der Ladentür über seine Frau gestolpert.«
    Wieder lachte Geurts. »Nicht jeder kann es gut haben.« Er hängte seinen Regenschirm an ein Hirschgeweih, und wir machten es uns in Ledersesseln an einem Salontisch aus Eichenholz bequem. »Okay, Max«, sagte er. »Was möchtest du wissen?«
    »Du bist nicht in Bosnien gewesen?«
    »Nein, nur mit den UN-Friedenstruppen im Libanon, danach musste ich mir Bosnien nicht auch noch antun. Der Libanon war schon kein Zuckerschlecken, aber wenn man hört, was die Jungs in Srebenica alles aushalten mussten, oder im Kosovo …« Er nahm seine Brille ab und putzte die Gläser mit seinem Taschentuch. »Ich denke oft darüber nach – und ich weiß, wovon ich rede –, dass es bei uns in Europa gewiss nicht einen Soldaten gibt, sei er Niederländer, Franzose, Deutscher oder meinetwegen auch Russe oder Pole, nein, keinen Einzigen, der nicht schier die Wände hochgehen würde, wenn er mit ansehen müsste, wie ein halbes Dorf verschleppt wird, Männer erschossen, Frauen vergewaltigt. Wenn man dann wenigs tens eine Waffe mit scharfer Munition in den Händen hielte und nicht nur zugucken dürfte, wie es einem die Politiker vorschreiben …« Er schüttelte den Kopf. »Ein normaler Mensch kann das einfach nicht begreifen, dieses bestialische Verhalten. Religion, Hass, ist doch alles ein Riesenbockmist. Lass uns von etwas anderem reden, was sagst du dazu, Thomas?«
    Der Ober brachte unsere Bestellung an den Tisch und sagte: »Es ist ein Billardtisch frei, wenn die Herren lieber eine Runde spielen möchten, anstatt sich zu unterhalten.«
    »Später vielleicht.« Geurts setzte seine Brille wieder auf und wickelte einen Zuckerwürfel aus dem Papier.
    »Ich interessiere mich für die Zeit vor Srebenica«, sagte ich. »So ungefähr vier Jahre davor, es muss im Winter 1992 gewesen sein.«
    »Da kann ich dir leider nicht weiterhelfen. Das war schon zu Zeiten der UNPROFOR.«
    »Aber den ehemaligen Kapitein beziehungsweise Major Otto Grimshave hast du doch gekannt?«
    Geurts lehnte sich nach vorn und trank langsam von seinem Kaffee und dann ein Schlückchen Cognac dazu. »Du bist doch kein Journalist, oder?«
    Ich erklärte ihm, welchen Beruf ich ausübte, und dass ich versuchte, im Auftrag eines trauernden Vaters die Umstände aufzuklären, die zum Tod seines Sohnes geführt hatten. »Es ist eine persönliche Angelegenheit, keine öffentliche. Warum?«
    »Einem Journalisten erzählt man eine andere Geschichte als zum Beispiel einem Freund. Ich glaube, dass alle Kameraden das tun, da bin ich mir sogar sicher. Man möchte ja nicht unbedingt alles schwarz auf weiß gedruckt sehen.«
    »Und worin besteht der Unterschied?«
    »Na ja, wir Niederländer sind ja normalerweise keine Rassisten, wirklich nicht, davon bin ich absolut überzeugt, das haben wir einfach nicht in uns. Das ist schon seit Erasmus von Rotterdam so. Von jeher waren die Niederlande ein Zufluchtsort für Menschen aus der ganzen Welt. Diese Typen, die sich für eine dieser extremen Parteien begeistern, wissen einfach nicht, was sie tun. Das Problem ist nur, dass man da unten auf einmal mehr oder weniger zum Rassisten wird. Ich drücke mich vielleicht nicht richtig aus, es ist ein bisschen schwierig zu erklären, denn wer bezeichnet sich selbst schon gerne als Rassisten, das ist schließlich politisch nicht korrekt. Aber im Liba non wird man einfach mit der Nase auf Dinge gestoßen, die nicht zu übersehen sind. Zum Beispiel auf den Unter schied zwischen den Dörfern der Christen und der Mus lime: Die der Christen sind ordentlich, sauber und fried lich, die der Muslime hingegen dreckig und verkommen, und es herrscht eine aggressive Stimmung. Das sauge ich mir nicht aus den Fingern, das kann man dort mit eigenen Augen sehen, aber das kann man natürlich nie im Leben in einer Zeitung abdrucken. Die Kameraden, die da unten gewesen sind, lesen all diese Berichte über Algerien, Ägypten und so weiter mit anderen Augen als der norma le niederländische Bürger, das kann ich dir versichern. Wir sind dort gewesen, wir haben es selbst erlebt. Ich bin kein Rassist, aber da unten war man es schon. Und Kapi tein Grimshave war der größte Muslimenhasser von allen, und das ist er noch immer, auch als General.«
    Er redete noch eine Weile weiter, bis ich ihn unter brach. »Trink doch noch einen Schluck Genever«, sagte ich.
    »Mach ich.«
    Es war eine lange Rede gewesen, und ich

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