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Tiffany

Tiffany

Titel: Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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ließ ihn erst einmal wieder zu Atem kommen. Natürlich sprach er von den Fanatikern und nicht von allen Muslimen, aber ich konnte mir gut vorstellen, dass den UNIFIL- und Dutchbat-Soldaten die fanatischen Islamisten einfach am meis ten aufgefallen waren.
    »Woher weißt du das über Grimshave?«
    »Er ist der heiligen Überzeugung, dass der Islam um jeden Preis bekämpft werden muss, weil es sich um einen mittelalterlichen Glauben handelt, der eine tödliche Ge fahr für unsere abendländische Kultur darstellt. Diese Überzeugung äußert er ganz unverblümt, selbst in Den Haag. Den verrückten Grim nennen sie ihn da, aber viele stimmen ihm insgeheim zu, und du kannst davon ausge hen, dass sie ihm stets den Rücken decken.«
    »Du hast diese Unterschiede doch auch gesehen, aber deshalb habe ich noch nicht den Eindruck, dass du dich Gottfried von Bouillon zu einem Kreuzzug anschließen würdest, um allen Muslimen Mores zu lehren.«
    »Nein, ich schätze das bequeme Leben.« Das Lachen auf seinem Gesicht erstarb. »Aber wenn ich schwarz wäre und mein Bruder würde von einer Bande Idioten in weißen Betttüchern an einem Baum aufgehängt, dann würde ich vielleicht auch alle Weißen für Anhänger des Ku-Klux-Klan ansehen. Alles hat eine Ursache, und bei Grim war es etwas ähnlich Persönliches. Er hatte einen guten Freund, sein bester Freund schon seit der Militärakademie. Als er als Militärattaché in Marokko stationiert war, wurde er von Fundamentalisten gekidnappt und grausam ermordet. Grim ist halb durchgedreht, und alles, was er danach gesehen und erlebt hat, hat seine Abneigung gegen Muslime nur noch verstärkt.«
    Es klang, als hätte Geurts sich jahrelang mit der Materie beschäftigt, um ein Quiz über Grimshave gewinnen zu können. »Wie kommt es, dass du so viel über ihn weißt?«
    »Sein Adjutant war eine Zeit lang mein Stubenkamerad. Und seit diesem Zwischenfall im Wadi …« Er schaute mich an. »Ist dir das noch nie so gegangen? Du bist jemandem in einer entscheidenden Phase deines Lebens begegnet, oder du hast in der Schule neben jemandem gesessen, und auf einmal hat dieser Jemand einen Posten im Abgeordnetenhaus und du verfolgst unwillkürlich alles, was über ihn geschrieben wird. Wenn du ihn im Fernsehen siehst, denkst du: Verdammt noch mal, das ist doch Tommi. Und genauso verfolge ich die Berichte über Grim. Außerdem ist er ein exzellenter Soldat. Würden wir im Zeitalter der Kreuzzüge leben und tatsächlich an einem teilnehmen, könnte man sich nur wünschen, dass ein Mann wie Grimshave auf dem Pferd neben einem säße.«
    Ich erwiderte sein Grinsen. »Dieser Zwischenfall im Wadi – was ist denn da passiert?«
    »Die Geschichte hätte Grim das Leben gekostet, wenn Korporal Stolz nicht gerade in der Nähe gewildert hätte. Ich kannte den Kapitein bis dahin nur vom Sehen und vom Hörensagen, er war Verbindungsoffizier, ein eigenwilliger Teufelskerl, der vor nichts Angst hatte und sich an keinerlei Regeln hielt. Er fuhr seinen Jeep selbst und war oft alleine unterwegs, und wenn er aus dem UN-Hauptquartier in Naqoura kam, nahm er auf dem letzten Stück meistens die Abkürzung durch das Wadi. Er sparte dadurch ein paar Kilometer, aber eigentlich war es absolutes Sperrgebiet. Ein Wadi ist ein trockenes Flussbett. Zu beiden Seiten ragten Felswände empor, in denen sich Grotten und Höhlen befanden. Darin hätte alles Mögliche stecken könnten.«
    Geurts griff nach seinem Glas und kippte den Inhalt gelassen in einem Zug hinunter. »Das hilft«, sagte er. »Sollen wir noch einen bestellen?« Er rief Thomas, der sich einige Stufen weiter unten bei den Billardspielern aufhielt und gemächlich mit der Flasche Genever an unseren Tisch kam.
    Ich schaute verstohlen auf die Uhr. »Aber einmal ist es schief gegangen«, versuchte ich Geurts zu ermuntern, aber der ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er wartete, bis Thomas die Schnapsgläser gefüllt hatte und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Er fuhr mit den Mittelfingern unter seine Brillengläser und schob die Brille ein wenig hoch, um sich die Augen zu reiben.
    »Ich habe es aus nächster Nähe miterlebt.« Er drückte die Fingerspitzen in die Augenwinkel, als wolle er die Zeit für einen Moment zurückdrehen. »Na ja, ich war ziemlich nahe dran, ich lag mit dem Fernglas auf dem Dach des Wachturms am Rande des Niemandslandes, von wo aus man Aussicht auf ein paar Hundert Meter Wadi hatte. Ich sehe Grimshave ankommen, und plötzlich taucht ein mit

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