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Tiffany

Tiffany

Titel: Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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murmelte eine Entschuldigung, riss rasch einen Damenmantel von der Garderobe und eilte besorgt hinter ihr her.
    Ich stand auf und legte Nel die Hand auf die Schulter. »Geht es?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Hier gibt es für uns nichts mehr zu tun.« Ich legte Geld auf den Tresen und führte sie hinaus. Auf dem Parkplatz gegenüber dem Lokal hielt van Nunen einen Regenschirm über seine Frau, während sie in einen beigefarbenen Volvo einstieg.
    Wir rannten durch den Regen zu meinem Wagen, der direkt daneben stand. Van Nunen war um den Volvo herumgelaufen und wollte gerade einsteigen, überlegte es sich aber anders und klappte seinen Regenschirm wieder auf. »Meneer Winter?«
    Ich schloss die Beifahrertür hinter Nel und ging zu ihm hin. Er stellte sich dicht neben mich, um mir unter seinem Regenschirm Schutz zu bieten. »Es tut mir Leid. Meine Frau ist …«
    »Das kann ich sehr gut verstehen.«
    Er nickte. »Sie haben mir eben meine Frage nicht beantwortet. Wer ist Ihr Auftraggeber?«
    »Ich habe keinen Auftraggeber.«
    Er musterte mich forschend. Der Regen trommelte auf die schwarze Stoffkuppel seines Regenschirms. Tropfen fielen ihm in den Nacken. Er presste die Lippen zusammen und holte eine Visitenkarte aus der Brusttasche seines dunklen Anzugs hervor. »Ich kenne Ihre Konditionen nicht, aber wenn Jan ermordet wurde, bin ich Ihr Auftraggeber«, sagte er in verbissenem Ton. »Falls ich irgendetwas tun kann, brauchen Sie es nur zu sagen. Das Einzige, was ich verlange, ist, dass Sie mich auf dem Laufenden halten.«
    Ich zögerte. »Ich würde sowieso weiter in der Sache ermitteln.«
    Mit einer entschlossenen Handbewegung steckte er die Karte in meine Brusttasche. »Ich bin zwar nicht reich, aber ich finde, dass niemand umsonst arbeiten sollte. Wo kann ich dich erreichen?« Wie von selbst ging er dazu über, mich zu duzen, vielleicht, weil ich jetzt für ihn arbeitete.
    Ich zog eine meiner eigenen Visitenkarten hervor. Während ich meine Handynummer auf die Rückseite kritzelte, sagte er: »Jetzt, wo ich dein Klient bin, kannst du mir ja wohl sagen, um wen es sich bei diesem niederländischen Offizier handelt.«
    »Um General Otto Grimshave.«
    »Grimshave?« Er schüttelte den Kopf. »Das muss ein Irrtum sein. Libanon, Jugoslawien, die ganze Brust voller Orden – und ich kann dir versichern, dass man die nicht umsonst bekommt. Vor kurzem hat er noch von den Deutschen eine hohe Auszeichnung für seine Verdienste im Rahmen der deutsch-niederländischen Beziehungen innerhalb der NATO erhalten. Das Große Bundesverdienstkreuz. Mit Stern. Soweit ich weiß, ist er nie Jans Vorgesetzter gewesen. Nein, ich glaube, du hast da den Falschen im Visier.« Van Nunen gab einen ungläubigen Laut von sich, und von seinem Regenschirm herunter ergoss sich ein kleiner Wasserfall über meinen Kopf, als er ihn wegzog und zu seinem Auto eilte.
    Nel starrte vor sich hinbrütend durch die Windschutzscheibe, als ich neben ihr einstieg und mir die Visitenkarte anschaute. Gijs van Nunen, Baufachberater. Pensioniert, wie ich annahm. Er musste um die siebzig sein, wenn er in Korea gekämpft hatte. Ich fragte mich, warum sein Sohn in Wienum beerdigt worden war und nicht in Hoenderloo. Ich hatte noch so viele Fragen.
    Als ich den Wagen starten wollte, legte Nel ihre Hand auf meine.
    »Warte noch einen Moment«, sagte sie.
    »Was ist denn?«
    »Du hattest Recht. Bring mich bitte zum Bahnhof.«
    »Warum denn?«
    »Ich möchte zu meiner Mutter fahren. Ich muss mal für eine Weile raus. Ich bin zu nichts zu gebrauchen.«

Ich schaute sie an. Sie sah schlecht aus. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, was es bedeutete, wenn einem der gesamte Lebensinhalt zerstört wurde. Ich konnte ja schon Handys nicht leiden, und von dem komplizierten Wust an Elektronik und Technik, der CyberNels Leben ausfüllte, verstand ich nicht das Geringste. Mir fielen nur Plattitüden ein. Sie musste sich ausweinen. Manchmal sind die Arme eines Freundes einfach nicht genug, und man braucht die einer Mutter.
    Ich fuhr mit ihr durch den Regen nach Apeldoorn, stellte meinen Wagen im absoluten Parkverbot direkt vor dem Bahnhof ab und brachte sie in das Gebäude. Alles, was sie besaß, hatte sie bei sich. Ich kaufte ein Erste-Klasse-Ticket für eine einfache Fahrt nach Groningen und gab ihr Geld für ein Taxi nach Feerwerd.
    »Was machst du als Nächstes?«, fragte sie mich, als wir auf dem kalten Bahnsteig standen und auf den Zug warteten.
    »Ich habe einen Auftraggeber, also

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