Tiffany
als habe Stolz den Text nur widerwillig aufgesprochen.
Die Nummer auf dem Anrufbeantworter erwies sich als die eines Sicherheitsdienstes mit Namen Herlinga.
»Jan van Dongen«, meldete ich mich. »Arbeitet bei Ihnen ein Meneer Theo Stolz?«
»Ja, aber er ist nicht im Haus«, antwortete die Dame am Telefon. Ich warf einen beunruhigten Blick zur Wohnung hinüber, aber sie fügte hinzu: »Er musste für zwei Tage nach Antwerpen.«
»Das macht nichts, ich benötige nur ein paar Informationen«, sagte ich. »Gibt es bei Ihnen eine Personalabteilung?«
Sie lachte kurz auf. »Nein, dafür ist unsere Firma nicht groß genug. Mein Mann ist der Chef, und ich erledige die Verwaltungsangelegenheiten.«
»Dann können Sie mir sicherlich weiterhelfen«, sagte ich. »Ich bin von der ABN-Bank in Hilversum. Meneer Stolz hat einen Kredit beantragt, und wir sind dazu verpflichtet, zu überprüfen, ob er kreditwürdig ist. Ich muss eigentlich nur wissen, ob er tatsächlich bei Ihnen arbeitet, ob er über ein geregeltes Einkommen verfügt et cetera. Stimmt es, dass er früher Soldat war?«
Sie schien keinerlei Argwohn zu hegen. »Sechs von den acht Leuten, die für uns arbeiten, waren früher beim Militär, unter anderem auch mein Mann.«
»Ist Meneer Stolz bei Ihnen fest angestellt?«
»Alle unsere Mitarbeiter arbeiten auf freiberuflicher Basis, das ist günstiger für uns und damit auch für unsere Kunden. Wofür braucht er denn den Kredit?«
»Für den Kauf einer Immobilie. War er früher einmal verheiratet?«
»Nicht dass ich wüsste.« Ihr Tonfall veränderte sich. »Vielleicht sollten Sie ihn diese Dinge doch lieber persönlich fragen. Er wird heute Nacht mit seinem Auftrag in Belgien fertig, und ich nehme an, dass er morgen im Laufe des Vormittags wieder nach Hause kommt.«
Ich ließ ein möglichst beruhigendes Lachen ertönen. »Das meiste davon steht ja sowieso schon in seiner Akte. Er selbst hat angegeben, unverheiratet zu sein, aber wir fragen immer nach früheren Ehen, wegen eventueller Unterhaltsverpflichtungen. Ich habe mir natürlich auch gedacht, wenn man ein Haus kaufen will … wohnt er vielleicht mit jemandem zusammen?«
»Nicht dass ich wüsste«, antwortete sie erneut, diesmal ein wenig entgegenkommender. »Stolz ist ein Einzelgänger, genau wie die meisten anderen unserer Mitarbeiter.«
»Sie scheinen ihn ja recht gut zu kennen«, sagte ich schmeichlerisch.
»Er ist ein ziemlicher Macho, ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie er zusammen mit einer Frau gemütlich am Frühstückstisch sitzt. Und auch nicht, dass er sich ein Haus kauft. Wo liegt es denn?«
Meine Antwort entsprang nicht etwa einem spontanen Impuls, sondern dem boshaften Bedürfnis, Verwirrung zu stiften. »In einem Dorf namens Wienum, es liegt in der Nähe von Apeldoorn.«
»Noch nie davon gehört. Aber wenn Sie es sagen, wird es wohl so sein. Wie war doch gleich Ihr Name?«
»Ich rufe ihn sowieso noch einmal an«, sagte ich und unterbrach die Verbindung.
Morgen würde er aus Belgien zurückkommen. Ich stieg aus dem Auto, überquerte die Allee und ging zu den Mietshäusern. Ich konnte den Eingangsflur ungehindert betreten, und Überwachungskameras waren hier ebenfalls noch nicht üblich. Doch leider war man natürlich auch in dieser Gegend nicht vor unangenehmen Überraschungen gefeit – die Nachbarn jedenfalls nicht; Theo Stolz, vor dem konnte man jeden Einbrecher nur warnen.
Vor Stolz’ Küchenfenster auf der mittleren Galerie hingen dichte Gardinen. Theo konnte keine Topfgucker gebrauchen. Die Tür war solide, aber falls sich keine anderen Überraschungen dahinter verbargen, würde ich das Schloss sicher knacken können. Ich hatte einmal das nötige Spezialwerkzeug von einem Einbrecher konfisziert und glatt vergessen, es abzugeben.
Ich drückte auf die Klingel. Niemand öffnete. Eine Frau mit einem kleinen weißen Pudel verließ eine der benachbarten Wohnungen und ging an mir vorbei zu den Aufzügen, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Die Leute hier mischten sich nicht in die Angelegenheiten anderer ein. Das war mir nur recht.
Ich kehrte zu meinem Wagen zurück und fuhr los. Unterwegs rief ich CyberNel an, die gut in Feerwerd angekommen war und von ihrer Mutter, der Chorsängerin, aus der Küche gerufen werden musste, wo sie im Rahmen ihrer Arbeitstherapie mit der Reparatur von komplizierten Fahrrädern mit sechzehn Gängen begonnen hatte.
Die Frau, die mir die Tür des Reihenhauses in einer trübseligen
Weitere Kostenlose Bücher