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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Messerstechereien oder Schießereien davongetragen hatte. Es waren Relikte seiner Jugend, die er auf der Straße verbracht hatte.
    »Woher ist nicht die Frage«, stieß Artur hervor und hielt sich eine Hand an den Kopf. Er sah aus, als müsste er sich übergeben. »Sondern aus welcher Zeit.«
    Blue, Dean und Eddie starrten ihn ebenso skeptisch an, wie sie jemanden betrachtet hätten, der behauptet hätte, die Reinkarnation eines Eichhörnchens zu sein.
    »Wir sollten nicht hier draußen darüber reden«, schlug Dela vor, als Hari sich von Eddie ihre Reisetasche geben ließ und sie sich über die Schulter schwang. »Jemand könnte vorbeikommen und mich niederstechen, während ihr versucht, mit Arturs Visionen klarzukommen.«
    Sofort verstummten alle, obwohl Dela die finsteren Blicke nicht entgingen, mit denen sie Hari musterten. Alle bis auf Artur. Er beobachtete Hari nur ziemlich verwirrt und leicht skeptisch. Dela erinnerte sich an diesen Gesichtsausdruck. Sie hatte ihn schon bei ihrer ersten Begegnung mit Artur gesehen, als er sich erst allmählich an das Leben außerhalb der Mafia gewöhnte, bei der ein Lächeln niemals nur ein Lächeln gewesen war, und eine Kugel im Kopf durchaus eine gemeinsame Zigarette nach dem Essen begleiten konnte.
    Dela hatte viel Zeit mit Artur verbracht und ihm geholfen, sich an sein neues Leben zu gewöhnen. Außerdem war sie in ihn verliebt gewesen. Und wie! Artur wusste es, sie hatte es ihm nach einigen Wochen gestanden. Dela erinnerte sich immer noch an sein freundliches, trauriges Lächeln und seine liebevolle Zurückweisung. Sie war weggegangen, nicht traurig oder gedemütigt, sondern mit herzlichen Gefühlen. Seitdem waren sie gute Freunde.
    Jetzt fragte sich Dela, was Artur wohl gesehen hatte, als er Haris Hand berührte. Aber dann schoss ihr durch den Kopf, dass sie es lieber nicht wissen wollte. Der Russe zog sich seinen Handschuh gerade sehr sorgfältig wieder an und warf Dela ein neugieriges und irgendwie auch mitfühlendes Lächeln zu.
    Das Erdgeschoss von Delas Haus wurde vollständig von ihrem Atelier in Beschlag genommen. Die Straßenfront des Hauses war als Galerie für ihre Kunstwerke eingerichtet. Solange Adam nicht da war, um die Galerie zu führen, wollte Dela sie geschlossen halten. Es gab Wichtigeres, worum sie sich kümmern musste, und außerdem litt sie nicht unter Geldmangel.
    Im hinteren Teil des Gebäudes unterhielt Dela eine Schmiede. Dort befanden sich zwei riesige Türen, die sie nach außen hin öffnen konnte, wenn sie frische Luft brauchte. Ein langer Arbeitstisch erstreckte sich über die ganze rechte Wand. Lötlampen, Kisten mit Metallabfällen und halb fertige Kunstwerke standen auf der glänzenden Oberfläche, und an einem ebenso langen Schwarzen Brett über dem Tisch waren Skizzen angepinnt.
    An der gegenüberliegenden Wand stand ein ebensolcher Tisch mit einem ähnlichen Schwarzen Brett. Nur befand sich darauf keine Kunst im üblichen Sinn. Sondern ausschließlich Waffen.
    Die halb fertigen Schwerter verwahrte sie in der Nähe der Schmiedeesse auf, aber einige vollendete Klingen lagen auf dem Tisch. Es waren Variationen von uralten und mittelalterlichen Waffen, exotische Modelle. Wie zum Beispiel ein Flamberg-Schwert mit seiner fünfundsiebzig Zentimeter langen, gewellten Klinge, der stählernen Parierstange und dem Knauf sowie dem Griff, der mit schwarzem Leder umwickelt war. Kreaturen der europäischen Legenden waren in diese Klinge eingeätzt: Einhörner und Drachen, verwirrend und wild, und so genau dargestellt, wie es nur Delas telekinetische Affinität zu Metall möglich machte. Sie konnte ihre Kunst der Klinge »aufdrücken«.
    Daneben lagen Schwerter im Kangshi-Stil, Klingen aus dem uralten Griechenland und der Mongolei, glänzende Krummsäbel, die nach Sand und Sonne bettelten, keltische, zweischneidige Schwerter mit Blutrinnen und hölzernen Griffen. Und auch Dolche. Zum Teil gefertigt nach altem Stil, mit modernen Feinheiten oder auch umgekehrt: Messer des Marine-Corps, deren Klingen gebogen und gezackt waren und Flammen ähnelten, militärische Kukris, die wie rasiermesserscharfe Flügel geschwungen und in deren Klingen zierliche Federn

eingraviert waren. Überall war das Tödliche wunderschön dargestellt.
    Das Atelier sah noch genauso aus, wie sie es verlassen hatte, aber einige der Waffen schienen inzwischen bewegt worden zu sein.
    »Ihr Jungs habt gespielt, stimmt’s?« Sie warf Dean einen vielsagenden Blick zu.
    Er grinste. »Das

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