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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Ungläubigkeit mochte sogar so fest mit ihrem offenkundigen Wunsch verknüpft sein, Dela zu beschützen, dass sie niemanden, nicht mal einen Heiligen, ohne Weiteres akzeptiert hätten.
    Damit konnte er allerdings leben. Er hatte schon mehr als einfache Skepsis ertragen.
    »Ich bin verflucht worden«, begann Hari und schilderte ihnen im Folgenden seine Geschichte, langsam und bedächtig, wobei er einige der intimeren Einzelheiten seiner Erlebnisse mit Dela ausließ.
    Am Ende herrschte tiefes Schweigen, bis sich Dean an Eddie wandte. »Hast du wirklich nur Zucker in diese Kekse getan?«
    »Mmmh.« Eddie starrte Hari unverwandt an.
    Blue rieb sich das Gesicht. »Du hast deine Rüstung und deine Waffen noch?«
    Hari stand auf, trat zu Delas Reisetasche und kehrte Sekunden später mit seinem Schwert, seinen Dolchen und dem Koller zurück. Eddie nahm die Keksschale vom Tisch, damit Haris Ausrüstung Platz hatte, und dann drängten sich die Männer um den Tisch, während sie schweigend die Waffen untersuchten. Eddie schien von dem abgenutzten Stahl beeindruckt zu sein und glaubte Hari offenbar. Die Mienen der beiden anderen Männer waren schwerer zu entschlüsseln.
    Blue sah Dean an. »Bist du bereit?«
    »So bereit wie eine geile Braut«, erwiderte Dean und legte seine Hand auf das Schwert. Einen Augenblick lang passierte gar nichts, doch dann veränderten sich seine blauen Augen, als hätte es dahinter geblitzt. Deans Gesichtshaut spannte sich plötzlich, seine Wangen aber schienen einzufallen. Ein dunkles Geräusch, fast wie ein Stöhnen, entrang sich seiner Brust.
    »Dean?«, fragte Eddie zögernd.
    »Du sagst, du warst die ganze Zeit ein Krieger?«, krächzte Dean, der das Schwert immer noch berührte. Seine Stimme klang wie eine gespannte Saite.
    »Ja.« Hari bemerkte den merkwürdigen Ausdruck auf Blues Gesicht, als dieser seinen Freund betrachtete.
    »Hast du was herausgefunden?« Blue stellte diese Frage, obwohl seine Stimme verriet, dass er die Antwort bereits kannte.
    Dean unterbrach den Kontakt mit dem Schwert, kauerte sich zusammen, schlang seine Arme um den Leib und zitterte. Er erholte sich rasch, doch der entsetzte Blick in seinen Augen, als er Hari ansah, war erschreckend.
    »Der Junge ist echt«, verkündete er, ohne seinen Blick von Hari zu lösen.
    »Du bist wie Artur«, sagte Hari.
    Dean schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bin Hellseher. Ich sehe Ereignisse oder Objekte, die nicht hier sind. Sie können meilenweit entfernt sein. Außerdem bin ich ein Retro-Kognitiver, manchmal sehe ich vergangene Ereignisse.«
    »Und was hast du gesehen?«, fragte Hari sanft.
    Dean trank einen großen Schluck Wasser. Das Glas zitterte in seiner Hand. »Ich habe eine Schlacht gesehen. Reiter, Blut, Schreie. Und du mittendrin. Ich habe gesehen, wie du... gefoltert wurdest.« Er erschauerte erneut. »Mein Gott, Mann! Ich weiß nicht, woraus du gemacht bist, dass du so etwas überleben konntest.«
    Darauf antwortete Hari nicht. Was hätte er auch sagen sollen? Dass er selbst viele Jahre lang am Rand des Wahnsinns getaumelt war und lange Zeit Qualen erduldet hatte? Oder dass diese Demütigungen manchmal gar keine Schmerzen bedeuteten, sondern Vergnügen?
    Blue rieb sich erneut das Gesicht. »Ist er vertrauenswürdig?«
    Hari fand diese Frage sehr mutig und, angesichts der Tatsache, dass er mit all seinen Waffen hier saß und mindestens dreißig Zentimeter größer war als alle anderen, auch sehr dumm. Ganz zu schweigen davon, dass er erheblich mehr Erfahrung darin hatte, Menschen umzubringen, zweitausend Jahre mehr Erfahrung.
    Dean holte tief Luft und nickte dann. »Der Mann ist zwar eine wandelnde Todesfalle, aber er würde Dela niemals wehtun. Er ist einfach nicht dazu fähig.«
    »Bist du sicher?«, fragte Blue.
    »Delilah ist für mich als Einziges von Wert«, protestierte Hari, in dem sich allmählich Ärger regte.
    »Du brauchst sie, sonst gehst du wieder zurück in die Schatulle«, sagte Blue. Hari hörte seine Furcht so deutlich heraus, als hätte er sie laut zugegeben. Blue hatte Angst, dass Hari Dela benutzte, dass er sich in Wirklichkeit aber gar nicht für sie interessierte. Das war jedoch eine unzumutbare Beleidigung.
    Die Bestie rührte sich in Haris Brust, er beugte sich vor und bohrte seinen Blick in Blues Augen. Er musste diesen Mann überzeugen, er musste dafür sorgen, dass sie es alle verstanden.
    »Wahr ist, dass mein Leben von Delilah abhängt, aber ich sage euch jetzt, dass mir mein Leben ohne sie nichts

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